Moody's hat die Kreditwürdigkeit Portugals erneut herabgestuft. Schäuble fordert eine Begrenzung des Einflusses von Ratingagenturen.

London. Bereits in den vergangenen Tagen hatte Kanzlerin Merkel angedeutet, dass sie sich mehr auf andere Urteile als auf die der Ratingagenturen verließe. Dabei ging es noch um die Drohung von S&P, bei der Verweicklung von Banken Griechenland noch weiter herabzustufen. Nachdem Moody's jetzt auch Portugal "verramscht" hat, ist die Debatte über Sinn und Unsinn von Ratinagenturen entbrannt.

Die Hoffnungen Portugals auf ein allmähliches Ende seiner Schuldenkrise haben mit einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit einen Rückschlag erlitten. Die Entscheidung von Moody’s löste am Mittwoch nicht nur einen Kurssturz an der Lissaboner Börse aus, sondern auch eine Debatte über Macht und Einfluss von Ratingagenturen. Die EU-Kommission bedauerte die Herabstufung, die zu einem „unglücklichen Zeitpunkt“ erfolgt sei.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, er könne „nicht erkennen, was der Einschätzung zugrunde liegt“. Er halte die Herabstufung für unbegründet, sagte Schäuble in Berlin und forderte eine Begrenzung des Einflusses von Ratingagenturen.

Schäuble verwies darauf, dass Portugal erst seit kurzem eine neue Regierung habe. Wenn er richtig unterrichtet sei, sei Lissabon in der Umsetzung dessen, was auf der Grundlage der Empfehlungen von Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds beschlossen worden sei, „nicht nur voll im Plan, sondern sogar vor der Kurve“.

EU-Währungskommissar Olli Rehn sprach von einem unglücklichen Zeitpunkt der Herabstufung, weil Portugal gerade harte Sparmaßnahmen beschlossen habe und die erste Überprüfung durch die Troika aus IWF, EZB und Kommission noch nicht einmal stattgefunden habe. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso kündigte unterdessen in Straßburg bis zum Jahresende Vorschläge an, mit denen die Transparenz und die Methodik im Ratingbereich verbessert werden sollen.

Moody’s begründete am Dienstagabend seine Entscheidung, portugiesische Schuldpapiere von BAA2 auf BAA1 abzustufen, damit, dass das Land möglicherweise ein zweites Rettungspaket benötige und seine Sparziele verfehle. Weitere Herabstufungen könnten erfolgen, falls die Regierung in Lissabon die Sparmaßnahmen nicht umsetze, die Wachstumsprognose sinke oder die Gefahr drohe, dass sich der Privatsektor an zukünftigen Rettungsmaßnahmen beteiligen müsse.

Die Kurse an der Börse in Lissabon stürzten am Mittwoch um 2,4 Prozent ab. Für Staatsanleihen mussten nach Angaben der Regierung prompt höhere Zinsen gezahlt werden – bei dreimonatiger Laufzeit stieg der Zinssatz von 4,863 Prozent Mitte Juni auf 4,926 Prozent.

Auch Banken in Portugal kritisierten den Schritt von Moody’s. Die Herabstufung sei „unmoralisch und beleidigend“, sagte der Vorastandsvorsitzende der staatlichen Bank Caixa Geral de Depositos, Fernando Faria de Oliveira. Barclays Capital Research zeigte sich ebenfalls überrascht und erklärte, die Herabstufung scheine „eher eine Reaktion auf die griechische Lage“ zu sein.

Analysten befürchteten, das Spanien in den Sog der portugiesischen Herabstufung geraten könnte. Der Leitindex der Madrider Börse verzeichnete am Mittwoch einen Kursrückgang von 1,5 Prozent. In Italien wurde sogar ein Minus von zwei Prozent verzeichnet. Ein mögliches Rettungspaket für Spanien und Italien wäre weitaus teurer als sämtliche Hilfspakete, für die die EU bislang gezahlt hat. (dapd)