Nahrungsmittel aus Japan dürfen bei ihrem Export eine höhere Strahlenbelastung aufweisen als noch vor der Atomkatastrophe.
Hamburg/Brüssel. Ein deutscher Lebensmittelexperte hat Berichte von Verbraucherschützern bestätigt, wonach die Europäische Union die Grenzwerte für die Strahlenbelastung in Lebensmitteln aus Japan erhöht, also faktisch gelockert hat. „Für Produkte aus Japan – und nur für diese – gelten jetzt höhere (also weniger strenge) Grenzwerte als vor dem Atomunfall“, sagte Manfred Kutzke, Abteilungsleiter beim Institut für Hygiene und Umwelt in Hamburg, am Mittwoch. Das Institut nimmt im Auftrag der Hansestadt Hamburg Lebensmittelanalysen vor. Auch Einfuhren aus Japan werden dort stichprobenartig untersucht.
„Würde ein aus dieser Region importierter Pilz eine Belastung von 800 Becquerel pro Kilogramm aufweisen, dann würde dieser zur Zeit nicht beanstandet“, sagte Kutzke. „Vor Fukushima wäre er wegen Überschreitung des Grenzwertes von 600 Becquerel pro Kilogramm beanstandet worden, wie weiterhin auch ähnlich belastete Produkte aus anderen Regionen.“
Die EU-Kommission in Brüssel hatte zuvor einen Bericht der Organisation „foodwatch“ und des Umweltinstituts München dementiert, wonach die Grenzwerte am vergangenen Wochenende angehoben worden seien. Vielmehr sei eine schon seit 25 Jahren existierende Verordnung für den Fall einer nuklearen Krise aktiviert worden, so ein Sprecher am Mittwoch. Diese sehe neben Grenzwerten auch schärfere Kontrollen für Japan-Importe vor.
„Die EU-Kommission betreibt Wortklauberei“, sagte ein „foodwatch“-Mitarbeiter dazu dem EPD. Es sei richtig, dass eine bestehende Verordnung aktiviert worden sei – aber diese habe eine zweite Verordnung mit niedrigeren Grenzwerten außer Kraft gesetzt, die bis zum Wochenende gegolten habe.
Das neue Gesetz legt für den Großteil aller Nahrungsmittel aus Japan einen Grenzwert von 1.250 Becquerel für gesundheitsschädliches Cäsium-134 und Cäsium-137 fest. Bisheriger EU-Standard sei dagegen 600 Becquerel, so die Verbraucherschützer. (epd)