Das Wachstum soll Ende 2010 deutlich größer sein als die bisher erwarteten 1,4 Prozent. Die Bürger sind jedoch weniger optimistisch.
Hamburg/Berlin. Die Folgen der weltweiten Finanzkrise sind immer noch spürbar, dennoch wird die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung der Bundesregierung in diesem Jahr stärker wachsen als zunächst angenommen. Er sei sicher, dass das Wachstum Ende 2010 deutlich größer sein werde als die bisher erwarteten 1,4 Prozent, sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) der „BZ am Sonntag“. Die Bürger schätzen die Lage indes weniger optimistisch ein.
Brüderle sagte der Zeitung, die positive Entwicklung werde sich 2011 fortsetzen, weil der Konjunkturmotor über den Export hinaus angesprungen sei. Er erwartet nach eigenen Angaben zudem, dass die Zahl der Arbeitslosen durch die günstige Entwicklung im Lauf des Jahres unter drei Millionen sinken wird.
In der Zeitschrift „Super Illu“ sagte der Minister, angesichts der „starken Wachstumsdynamik“ in Deutschland könne nun „Schritt für Schritt in die Normalität der sozialen Marktwirtschaft“ zurückgekehrt werden. „Nach dem konjunkturellen Schmuddelwetter ist es Zeit, die Rettungsschirme allmählich wieder zusammenzuklappen“, sagte Brüderle mit Blick auf die nach Ausbruch der Finanzkrise von der Bundesregierung aufgelegten Konjunkturprogramme.
Schon im zweiten Quartal wuchs die deutsche Wirtschaft weit stärker als bislang prognostiziert, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am Samstag vorab berichtete. Von April bis Juni belief sich die Wachstumsrate auf mehr als 1,5 Prozent, berichtete das Magazin unter Berufung auf eine Regierungsschätzung. Bisher hatte die Regierung für diesen Zeitraum mit einer Zunahme von 0,9 Prozent gerechnet. Halte der Trend an, werde die Wachstumsrate in diesem Jahr deutlich über zwei Prozent liegen, geht laut „Spiegel“ aus der Schätzung hervor.
INTERVIEW MIT SIGMAR GABRIEL
Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, warnte indes davor, die Krise voreilig als überwunden zu betrachten. Der „Stresstest“ für die Konjunktur stehe noch aus, sagte Börner der „Rheinpfalz am Sonntag“. Viele Probleme wie die Schuldenkrise seien bislang noch ungelöst, im Fall des knapp dem Staatsbankrott entgangenen Griechenland sei durch die Rettungspakete lediglich Zeit erkauft worden. Trotz der Vorteile durch den niedrigen Eurokurs für Ausfuhren in den Nicht-Euro-Raum dürfe Deutschland aber bei der konjunkturellen Erholung nicht nur auf Exporterfolge bauen. Parallel dazu müsse auch die Binnenwirtschaft angekurbelt werden, vor allem mit Investitionen in der Bauwirtschaft.
WARUM DEUTSCHLAND WIEDER STARK IST
Die Bürger misstrauen dem Aufschwung, wie die „Wirtschaftswoche“ unter Berufung auf eine Allensbach-Umfrage berichtete. Nur 22 Prozent der Deutschen rechneten für die kommenden sechs Monate mit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, 38 Prozent dagegen mit einem konjunkturellen Rückschlag, schrieb Allensbach-Chefin Renate Köcher in dem Magazin. Die rasche Abfolge von Finanzmarktkrise, Rezession und der Krise der Währungsunion habe das Vertrauen unterminiert. Drei Viertel der Befragten sagten demnach sogar aus, dass die Verhältnisse in Deutschland derzeit Anlass zur Beunruhigung gäben. „Vergleichbar besorgt waren die Bürger zuletzt während der Wachstumsschwäche im Jahr 2003.“