Elf Prozent aller Krankschreibungen gehen auf psychische Probleme zurück, hat eine aktuelle Studie der Psychotherapeutenkammer ergeben.

Berlin. Diagnosen wie „Depression“ oder „Burn Out“ führen zu jeder zehnten Krankschreibung in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Übersichtsstudie, die die Psychotherapeutenkammer (BPtK) am Dienstag in Berlin vorstellte. Danach gingen 2008 elf Prozent aller Fehltage auf psychische Erkrankungen zurück, seit 1990 verdoppelten sich diese Krankschreibungen fast.

Der Studie zufolge verursachen psychische Erkrankungen überdurchschnittlich lange Fehlzeiten: bei AOK-Versicherten durchschnittlich drei Wochen, bei Barmer-Versicherten sogar rund fünfeinhalb Wochen pro Krankschreibung. „Die ständig steigende Zahl der Tage, an denen Arbeitnehmer aufgrund psychischer Krankheiten arbeitsunfähig sind, belegt die tatsächliche Dimension psychischer Erkrankungen“ sagte BPtK-Präsident Rainer Richter.

Laut Richter sind psychische Krankheiten von den Ärzten lange nicht richtig erkannt worden. Die gestiegenen Zahlen seien neben einer verbesserten Diagnostik jedoch auch auf steigende Anforderungen am Arbeitsplatz zurückzuführen. Zeitdruck, Komplexität der Aufgaben und gleichzeitig ein geringer Einfluss auf den Arbeitsprozess führten zu psychischer Belastung. „Die Gesundheit des Menschen ist dann besonders gefährdet, wenn er an seinem Arbeitsplatz erlebt, dass er wenig oder nichts bewirkt.“ Weitere Studien zeigten eine Häufung psychosomatischer Beschwerden, wenn ein gravierendes Ungleichgewicht zwischen Einsatz und Entlohnung sowie Anerkennung besteht.

Seelische Erkrankungen treten gehäuft in der Dienstleistungsbranche auf. Alle Krankenkassen verzeichneten bei den Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitswesen, in der Telekommunikation und in öffentlichen Verwaltungen überdurchschnittlich viele Fehltage aufgrund psychischer Störungen. Eine besonders belastete Berufsgruppe sind Telefonisten, die etwa doppelt so häufig aufgrund psychischer Erkrankungen ausfallen wie der Durchschnitt. Dagegen ist der Anteil der psychischen Erkrankungen in Arbeiterberufen wie in der Landwirtschaft oder im Baugewerbe ein Drittel bis die Hälfte niedriger als im Durchschnitt.

Mehr noch als berufliche Belastungen führt jedoch der Verlust des Arbeitsplatzes zu psychischen Erkrankungen. Arbeitslose sind drei- bis viermal so häufig psychisch krank wie Erwerbstätige. GEK und BKK berichten, dass Arbeitslose besonders häufig wegen Alkoholabhängigkeit und Depressionen in Krankenhäusern behandelt werden. Die Behandlungskosten für depressive Störungen in Deutschland betrugen 2004 rund 4,3 Milliarden Euro, für einen depressiven Patienten jährlich durchschnittlich 4000 Euro.