Der knallharte Wettbewerb sei der Grund für die starken Preisschwankungen. Freie Sationen gegen Regulierung – bringe keinen Vorteil.

Hamburg. Das Anfahren einer freien Tankstelle soll sich für Autofahrer in Deutschland weiter lohnen. Solange die Einkaufspreise dies zuließen, wollten die Freien ihre günstige Preise beibehalten und sich so gegen die Markentankstellen behaupten. Das sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen (bft), Alexander Graf Bülow, am Dienstag in Hamburg. Er wehrte sich gegen staatliche Eingriffe in die Preisbildung: „Das ist Unsinn. Wir leben von freien Preisen. Und für die Verbraucher würde es unterm Strich nur teurer.“ Bülow verwies darauf, dass Deutschland – abzüglich Steuern – die niedrigsten Tankstellenpreise in Europa habe.

Der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti), die Tankstellen mit Kraftstoff versorgen, wehrte sich gegen den Vorwurf von Preisabsprachen im Markt. „Es gibt sie nicht und man braucht sie auch nicht“, sagte Uniti-Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn. Die Preisbildung sei so transparent wie auf dem Wochenmarkt die Eierpreise. Zwar seien die Preisschwankungen ein Ärgernis für die Verbraucher. Sie zeigten aber, das der Wettbewerb funktioniere.

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+++ Deutsche Autobranche muss reagieren +++

„Die Kraftstoffpreise werden europäisch gemacht und nicht in Deutschland“, ergänzte der bft-Chef. „Der einzige, der an den Preisen etwas machen kann, ist der Bundesfinanzminister“, sagte Bülow. Eine höhere Pendlerpauschale sei der richtige Weg. Beim Superbenzin E5 entfallen 65,5 Cent je Liter auf die Mineralölsteuer, außerdem muss der Autofahrer Mehrwertsteuer entrichten.

An internationalen Rohölmärkten wie in Rotterdam bilden sich die Preise anhand von Angebot und Nachfrage. Letztere steigt in den Frühjahrs- und Sommerwochen unter anderem durch stärkeren Schwerlastverkehr (Diesel) und den höheren Benzinverbrauch zu Ferienzeiten, besonders in den USA.

Vom Kraftstoffgeschäft allein können die freien Tankstellen in Deutschland schon lange nicht mehr existieren. Das Shop-Geschäft und Dienstleistungen haben mehr Gewicht am Umsatz bekommen. „Gerade die freien Tankstellen haben sich zu spezialisierten Einzelhändlern mit Treibstoffzusatzgeschäft gewandelt“, heißt es in einer Marktanalyse der Ratingagentur Scope, die im Auftrag der Verbände erstellt wurde. Der Schrumpfungsprozess im Tankstellenmarkt sowie neue Erlösquellen haben bei den verbleibenden Stationen laut Studie aber noch nicht zu Gewinnsprüngen geführt.

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Die Marktbereinigung ist demnach weitgehend abgeschlossen. Deutschland gehöre im europäischen Vergleich schon zu den Ländern mit der geringsten Tankstellendichte und dem effizientesten Netz. Allerdings würden sich die Chancenpotenziale in den betriebswirtschaftlichen Kennziffern noch nicht widerspiegeln, hieß es. Die Umsatzrendite sei im Marktdurchschnitt auf rund 3,0 Prozent gesunken. Geschuldet sei dies höheren Betriebskosten und sinkenden Margen im Kraftstoffhandel.

„Selbst eine Tankstelle leidet unter hohen Energiekosten“, sagte Jochen Vieler, Aufsichtsratsvorsitzender der Einkaufsgesellschaft Freier Tankstellen (EFT). Bis zu 25.000 Euro Stromkosten könnten bei einer Station auflaufen. Mit einer Brutto-Gewinnmarge für Euro-Superbenzin von 7,3 Cent je Liter belegten deutsche Tankstellen europaweit den vorletzten Platz. Die Marge ist der Verkaufspreis je Liter abzüglich der Produkteinkaufskosten und Mineralölsteuern. Davon müssten noch Betriebskosten abgezogen werden, so dass durchschnittlich ein Cent vor Steuern übrig bliebe, erläuterte Kühn.

In Deutschland gibt es rund 14.400 Straßentankstellen, etwa 70 weniger als vor drei Jahren. Hinzu kommen 350 Tankstellen an den Autobahnen. Größte Kette ist Aral mit 2391 Stationen, gefolgt von Shell mit 2088 Stationen. Auf Platz drei liegt Esso mit 1077 Tankstellen. Nach einer Statistik des Hamburger Energie Informationsdienstes EID gibt es zudem 1809 freie Tankstellen. (dpa/abendblatt.de)