Spritkosten steigen schneller als Rohölpreis: 98 Millionen Euro pro Monat mussten Autofahrer seit November beim Tanken zusätzlich zahlen.
Hamburg/Berlin. Die Mineralölkonzerne haben Autofahrer an der Tankstelle in den vergangenen Monaten viel stärker zur Kasse gebeten, als es allein durch die höheren Ölpreise gerechtfertigt wäre. Das ist das Ergebnis einer Studie des Hamburger Energie-Experten Steffen Bukold im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen. Danach ist der Preis für Superbenzin in den vergangenen drei Monaten um 11,3 Cent pro Liter gestiegen. Aber nur 6,6 Cent pro Liter ließen sich durch höhere Rohölpreise oder einen veränderten Wechselkurs Euro/Dollar erklären. 4,7 Cent hätten die Konzerne somit zusätzlich aufgeschlagen.
Hochgerechnet auf den monatlichen Absatz von Superbenzin ergebe sich daraus eine finanzielle Mehrbelastung der Tankstellenkunden von 98 Millionen Euro pro Monat. Nach der Studie sind die zusätzlichen Gewinne beim Superbenzin nicht an den Tankstellen angefallen, sondern in den Raffinerien, die sich überwiegend in den Händen der großen Mineralölkonzerne befinden. Die Bruttomarge der Raffinerien für Superbenzin erhöhte sich demnach aus dem Minusbereich bis auf gut vier Cent je Liter.
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Auch eine aktuelle ADAC-Erhebung stützt die Studie: Danach nähert sich der Benzinpreis in Deutschland Marke von 1,70 Euro pro Liter. In mehreren Städten koste ein Liter Super E10 bereits 1,689 Euro, berichtete der ADAC am Vortag in München nach einem Test an Markentankstellen in 20 deutschen Städten. So wären gleich in sechs untersuchten Städten wie etwa Flensburg oder Lüneburg für den Liter Super E10 1,689 Euro fällig. Um 3,5 Cent günstiger tankt man dagegen in Zwickau, der derzeit preiswertesten Stadt. Hier kostet der Liter Super E10 1,654 Euro.
Auch der Hamburger Energie-Informationsdienst EID berichtet über einen guten Start der europäischen Raffinerien in das Jahr 2012. Die Bruttomargen hätten im Januar und Februar bei 44 Euro je Tonne gelegen, was ein guter Wert sei angesichts von Verarbeitungskosten von 33 Euro je Tonne. Die europäische Raffinerieindustrie leidet unter Überkapazitäten vor allem beim Benzin, nicht aber beim Diesel. Durch die Insolvenz des schweizerischen Raffineriekonzerns Petroplus sind mehrere Raffinerien in Europa zumindest zeitweise aus der Produktion gegangen – das könnte die Ausweitung der Gewinne erleichtert haben.
Unübersichtlicher ist die Lage beim Dieselkraftstoff. Die Analyse von Bukold registriert hier beträchtliche Schwankungen der Gewinne auf hohem Niveau, aber keinen deutlichen Anstieg. Diesel ist technisch verwandt mit Heizöl, die Märkte beeinflussen sich. Dadurch kann die Kälteperiode im Februar mit einer plötzlich einsetzenden hohen Heizöl-Nachfrage sich ebenso ausgewirkt haben wie die Vereisung von Schifffahrtswegen. Über den gesamten Weg vom Rohöl bis zum Endverbraucher verdient die Branche schon seit längerem mehr an Diesel und Heizöl als an Benzin.
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„Es ist ärgerlich, dass die Mineralölkonzerne im Windschatten der Iran-Krise ihre Gewinne auf Kosten der Verbraucher ausweiten“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stephan Kühn, sagte der „Saarbrücker Zeitung“: „Wir haben keinen funktionierenden Wettbewerb bei den Tankstellen.“ Das Kartellamt müsse umgehend Möglichkeiten erhalten, „um hier stärker zu kontrollieren und einzugreifen.“ (dpa/abendblatt.de)