FDP-Chef drängt auf Ende der Billigkredit-Vergabe durch die Europäische Zentralbank. Probleme könnten damit nicht dauerhaft gelöst werden.
Berlin. FDP-Chef Philipp Rösler sieht die Einführung einer Stempelsteuer nach britischem Vorbild auf einem guten Weg. "Wir haben mit den Briten darüber gesprochen, und ich bin ganz zuversichtlich, dass wir auf diesem Weg weiterkommen", sagte Rösler dem Abendblatt. Grundsätzlich brauche man einen möglichst breiten, zumindest aber EU-weiten Ansatz, um Wettbewerbsnachteile für Deutschland zu vermeiden und eine Umgehung der Steuer durch Abwanderung zu verhindern, betonte der Parteivorsitzende. Er könne sich deshalb vorstellen, "dass die bereits existierende Stempelsteuer in Großbritannien ein guter Ausgangspunkt ist, um eine in ganz Europa konsensfähige Alternativlösung zu finden".
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Für die von der EU-Kommission vorgeschlagenen und auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) favorisierten Finanztransaktionssteuer gibt es derzeit keine Einigkeit unter den EU-Finanzministern. Diese Steuer auf alle Arten von Finanztransaktionen wird nicht nur von Großbritannien mit dem großen Finanzplatz London und von Schweden abgelehnt, sondern trifft auch bei einigen Euro-Ländern wie Italien auf Bedenken. Nach den Vorstellungen der FDP könnte die Stempelsteuer neben Aktiengeschäften etwa auch den Derivatehandel betreffen - würde aber weniger Finanzprodukte und -transaktionen besteuern als das Modell der EU-Kommission.
Dem Abendblatt liegt zudem ein Positionspapier des FDP-Chefs vor, in dem er auf ein Ende der umstrittenen Kreditvergabe der Europäischen Zentralbank (EZB) drängt. Die EZB habe - über den Kern ihrer eigentlichen Aufgaben hinaus - eine "faktisch stabilisierende Funktion, vor allem für die Peripherieländer und ihre Banken übernommen". Diese in der Vertrauenskrise ergriffenen Maßnahmen "dürften für die Geldpolitik nicht zur Norm werden", heißt es in dem Papier. "Insgesamt muss klar sein: Mit Zentralbankkrediten lassen sich wirtschafts- und finanzpolitische Probleme nicht dauerhaft lösen", betonte Rösler. "Die Krisenländer selbst müssen ihrer wirtschafts- und finanzpolitischen Verantwortung gerecht werden und für solide Staatsfinanzen und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit sorgen."
Um das Überleben des Euro-Finanzsystems zu garantieren, hatte die EZB umfangreiche Notmaßnahmen veranlasst - unter anderem die Vergabe von Billigkrediten an Banken in Not leidenden Ländern. "Die EZB leistet mit ihrer großzügigen Kreditversorgung zu sehr niedrigen Zinsen derzeit einen wichtigen Beitrag, um die Liquidität im europäischen Bankensystem zu sichern", so Rösler. "Mit dieser Politik sind aber auf Dauer auch erhebliche Stabilitätsrisiken verbunden. Deshalb müssen die Anforderungen, die die EZB für Kreditsicherheiten setzt, so bald wie möglich wieder auf Normalmaß erhöht werden."
Rösler schlägt vor, den Zinssatz für Refinanzierungskredite der Banken bei der EZB an die Höhe der bereits in Anspruch genommenen Refinanzierung zu koppeln. "Wer viel will oder schon hat, der zahlt eben mehr. Die wachsende Inanspruchnahme der EZB durch den Bankensektor würde damit auch über den Preismechanismus automatisch begrenzt", sagte er.