Ob Politiker, Firmenchefs oder Reiche: viele sollen Geld außer Landes gebracht haben. Regierung ließ erstmals Auslandskonten sperren.

Athen. Auf das Geld kann Athen nicht verzichten: Deshalb sucht die griechische Regierung derzeit intensiv nach Geld, das Reiche von Bankkonten abgehoben und zum Teil außer Landes gebracht haben. 65 Milliarden Euro seien seit Ausbruch der Krise 2009 von Konten abgezogen worden, sagte Finanzminister Evangelos Venizelos am Freitag. Etwa ein Viertel davon sei ins Ausland gebracht worden. Venizelos rief alle Griechen auf, ihr Erspartes wieder im Land anzulegen. Erstmals wurden Konten griechischer Unternehmen in der Schweiz gesperrt.

Nach Schätzungen des Finanzministers befinden sich von den 65 Milliarden Euro noch 49 Milliarden Euro im Land. Aus Angst vor einem Zusammenbruch der Banken investieren viele Griechen ihr Geld lieber in Gold oder lagern es in Safes und zuhause – zum Beispiel unter der Matratze. Rund 16 Milliarden Euro seien ins Ausland gebracht worden, mehr als ein Drittel davon nach Großbritannien, sagte der Finanzminister.

Im Kampf gegen Steuerhinterziehung ließ die Athener Staatsanwaltschaft unterdessen in Zusammenarbeit mit Schweizer Behörden die Konten von drei Unternehmen sperren, hinter denen dem Vernehmen nach ein bekannter griechischer Unternehmer steht. Wie die Staatsanwaltschaft am Freitag bestätigte, geht es dabei um rund 158 Millionen Euro.

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Ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft sagte, es handle sich um drei Konten in der Schweiz. Diese gehören demnach drei Unternehmen. Dahinter wiederum soll angeblich der Unternehmer und ehemalige Besitzer der griechischen Proton Bank, Lavrentis Lavrentiadis, stehen.

Die Staatsanwaltschaft in Athen ermittelt wegen Betrugs und anderer Delikte bei Proton. Lavrentiadis wird in den Akten bislang aber nicht als Beschuldigter geführt. Lavrentiadis weist seit Monaten alle Vorwürfe zurück.

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Die griechische Presse geht davon aus, dass Unternehmer – vor allem Reeder – zwischen 200 Milliarden und 600 Milliarden Euro im Ausland haben. Finanzminister Venizelos sagte im Parlament, es sei nicht leicht zu unterscheiden, welche dieser Gelder legal seien und welche nicht.

Die Diskussion um ins Ausland geschafftes Geld sorgt auch im Parlament seit Tagen für Aufregung. Ein Abgeordneter soll im vergangenen Mai eine Million Euro ins Ausland gebracht haben. Dies sagte der Chef der Behörde zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft, Panagiotis Nikoloudis, dem zuständigen Parlamentsausschuss. Den Namen nannte er nicht. Dazu fehle ihm die Zustimmung des Parlaments und der zuständigen Datenschutzbehörde, sagte Nikoloudis.

Die konservative Partei Nea Dimokratia (ND) rief den Politiker auf, sofort zurückzutreten. Das Geld sei zwar allen Anzeichen nach legal außer Landes überwiesen worden – was aber legal sei, sei nicht auch moralisch, erklärten mehrere Abgeordnete. Es könne nicht sein, dass jemand, der das Volk vertrete, sein Geld ins Ausland schaffe.

Mehrere Parlamentarier hatten Anfang der Woche das Parlamentspräsidium aufgefordert, den Namen des Politikers zu nennen. Anderenfalls falle „der Schatten auf alle 300 Abgeordnete“, hieß es in einem Brief an Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos. (dpa/abendblatt.de)