Seit Monaten wird um die Rettung Griechenlands vor der Staatspleite gerungen. Doch selbst mit neuen Milliarden-Hilfen und Schuldenschnitt bleibt jede Menge zu tun.
Frankfurt/Athen. Athen braucht milliardenschwere Hilfen, um den Staatsbankrott noch abzuwenden. Doch was bringt die internationale Unterstützung dem hoch verschuldeten Euroland überhaupt? Denn viele Experten blicken allen Anstrengungen zum Trotz düster in die Zukunft. Wichtige Fragen und Antworten dazu:
Ist Griechenland mit dem zweiten Hilfspaket gerettet?
Nein, bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Viele Experten bezweifeln, dass das neue Geld ausreicht, um die Finanzlücken dauerhaft zu schließen. Außerdem wird es im April voraussichtlich zu Neuwahlen kommen. Was die Zusagen der jetzigen Regierungsparteien, sich an die Auflagen der Geldgeber zu halten, dann noch wert sind, kann derzeit niemand einschätzen. Was bringen die neuen Finanzhilfen überhaupt? Die am Boden liegende Wirtschaft des Landes dürfte dadurch nicht unmittelbar wieder auf die Beine kommen. Doch die Hilfen versetzen Griechenland zunächst vor allem in die Lage, die Schulden weiter zu bezahlen und die maroden Banken zu stützen. Doch ohne mittelfristige Wachstumsperspektive sind alle Sparanstrengungen aussichtslos. Das Problem ist, dass private Investoren aufgrund der extrem hohen Unsicherheit derzeit nicht bereit sind, sich dort zu engagieren
Was ist bislang schiefgelaufen?
Die „Troika“ aus Experten von Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) hat bei ihrem Sanierungsplan bislang vor allem darauf gesetzt, die Ausgaben Griechenlands zu kürzen. Zudem wurde die Reformbereitschaft des Landes offensichtlich massiv überschätzt. So sollen verabredete Maßnahmen schlichtweg nicht umgesetzt und Erlöse beispielsweise bei Privatisierungen völlig willkürlich kalkuliert worden sein. Viele Griechen wiederum klagen, unter externem Zwang kaputtgespart zu werden. Die Geldgeber monieren mangelnde Zuverlässigkeit auf griechischer Seite, die es erschwert, weitere Unterstützung zu rechtfertigen.
Was könnte besser gemacht werden?
Es wird leicht übersehen, dass Griechenland bereits eine beachtliche Sparleistung erbracht hat. Dass diese Bemühungen in der Gesamtbetrachtung verpufften, liegt an der miserablen Wachstumsentwicklung – die griechische Wirtschaft ist im vierten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent eingebrochen. Deshalb fordern zahlreiche Experten ein Konjunkturprogramm, eine Art „Marshallplan“ nach dem Vorbild des deutschen Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch statt einen Kurswechsel zu vollziehen, wird mit dem zweiten Hilfspaket weiter auf drastische Sparmaßnahmen gesetzt. „Die Griechen kommen so auf keinen grünen Zweig. Sie sparen sich tot“, warnt etwa Bankenexperte Wolfgang Gerke.
Gibt es noch weitere Fallstricke?
Ein weiterer wichtiger Baustein im griechischen Sanierungsprozess ist der Schuldenschnitt. Durch einen bis zu 70-prozentigen Forderungsverzicht privater Gläubiger soll der Schuldenberg von etwa 350 Milliarden Euro um 100 Milliarden Euro reduziert werden. Das Zustandekommen dieses Deals ist eine wesentliche Voraussetzung für den Plan der „Troika“, die Schulden Griechenlands bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes zu senken. Doch dafür müssen ungefähr 90 Prozent der Kreditgeber zustimmen, ihre alten Anleihen in niedriger verzinste neue zu tauschen. Griechenland könnte mit einem neuen Gesetz die Weichen stellen, um einen solchen Forderungsverzicht notfalls zu erzwingen. Das wäre jedoch mit rechtlichen Risiken verbunden. Wie geht es weiter?
Allen Bemühungen zum Trotz sehen etliche Experten für Griechenland schwarz: „Das laufende Hilfsprogramm hat versagt“, sagt Berenberg-Chefökonom Holger Schmieding. Exzessive Sparmaßnahmen und fehlende Reformen, um die Nachfrage zu stärken, gepaart mit administrativer Inkompetenz und politischem Stillstand hätten die griechische Wirtschaft in eine „Todesspirale“ geführt. ifo-Chef Hans-Werner Sinn hält neue Milliardenhilfen für falsch. Er sieht die Zukunft des pleitebedrohten Landes außerhalb des Währungsraums.
Wäre Griechenland außerhalb der Eurozone denn besser aufgehoben?
Das ist umstritten. Das Hauptargument dafür ist die Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit über die Abwertung einer eigenen Währung wiederherzustellen. Würde das Land – so technisch überhaupt möglich - die Drachme wieder einführen, würde sie gegenüber dem Euro drastisch an Wert verlieren und so die Exporte des Landes im Ausland verbilligen. Auch Urlauber könnten mit Euros wesentlich günstiger in Griechenland einkaufen und so die griechische Wirtschaft wieder ankurbeln.
Was spricht gegen einen Austritt?
Griechenlands Importe würden sich im Gegenzug extrem verteuern - und das Land führt deutlich mehr Waren ein als es exportiert. Zudem müssten die Schulden trotzdem in Euro abgezahlt werden und sie würden durch eine Währungsumstellung exorbitant steigen. Ein Ausstieg müsste deshalb mit einem noch radikaleren Schuldenschnitt einhergehen. Ob Griechenland tatsächlich davon profitieren würde, bleibt fraglich. Klaus Kaldemorgen, Fondsmanager der Deutsche-Bank-Tochter DWS, warnte bereits im Januar: „Wenn Griechenland zur Drachme zurückkehrt, wird statt VW wieder Eselskarren gefahren“. Das Land würde ärmer als Albanien – das müsse man den Griechen klipp und klar sagen.