Ratingagentur stuft Griechenland mit Blick auf Schuldenschnitt herab. In Berlin ist die Regierungsmehrheit für das Hilfspaket gefährdet.

Athen/Berlin. Einen Tag nach dem Ja der Euro-Länder für ein zweites milliardenschweres Hilfspaket für Griechenland und einen Schuldenschnitt der privaten Gläubiger, stufte am Mittwoch die US-Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Griechenlands um ganze zwei Noten auf Note "C" herab. Damit werde deutlich, dass „ein Zahlungsausfall in naher Zukunft sehr wahrscheinlich ist“, teilte Fitch mit. Parallel zu dieser Entscheidung wird in Athen über die Umsetzung der nächsten Sparrunde debattiert.

Zwar stimmten die 17 Euro-Länder am Dienstag einem zweiten Hilfspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro zu, allerdings ist damit auch ein Schuldenschnitt für private Investoren von 107 Milliarden Euro verbunden. Beide Einigungen waren notwendig, damit Griechenland nicht im März bankrottgeht. Im Gegenzug für die Zusage frischer Gelder verpflichtete sich Athen zu weiteren Reform- und Sparmaßnahmen. Bereits im Juni warnte Fitch, dass ein Schuldenschnitt als teilweiser Zahlungsausfall gewertet werde. Die griechische Regierung spielte diese Ankündigung herunter, es handele sich dabei nur um einen formalen Schritt, denn eine ungeordnete Insolvenz und ein Austritt aus der Eurozone werde durch die Vereinbarungen verhindert.

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Die zuständigen Ausschüsse im griechischen Parlament sollten am Mittwoch über den Gesetzentwurf zur Beteiligung der privaten Investoren beraten, bevor voraussichtlich am Donnerstag das Plenum darüber abstimmt. Wohl Anfang der kommenden Woche wird das Parlament dann über die Kürzungen von 3,2 Milliarden Euro in diesem Jahr abstimmen.

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Fast eine Milliarde Euro soll bei den Renten eingespart werden. Aus dem Haushalt für Gesundheit und Bildung sollen 170 Millionen Euro gestrichen werden. Außerdem sollen Subventionen für das staatliche Gesundheitssystem im Umfang von 500 Millionen Euro wegfallen. Die Streitkräfte sollen mit 400 Millionen Euro weniger auskommen – drei Viertel davon durch den Verzicht auf Neuanschaffungen.

Mit dem neuen Haushalt für 2012 wird auch das Defizitziel auf 6,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angepasst – deutlich mehr als die bislang erwarteten 5,4 Prozent. Damit einhergehend löst sich auch die Aussicht auf einen Primärüberschuss in Luft auf. Ursprünglich wollte die Regierung in diesem Jahr vor dem Schuldendienst schwarze Zahlen schreiben.

Für Mittwochnachmittag riefen griechische Gewerkschaften zu zwei Demonstrationen vor dem Parlament auf. Die Kommunisten wollten mit einem Marsch demonstrieren, während andere Veranstalter einen Motorrad-Korso planten. Bei vergangenen Protesten kam es auch zu gewalttätigen Ausschreitungen.

Unterdessen muss die Bundesregierung für das zweite Griechenland-Rettungspaket um eine eigene Mehrheit im Bundestag kämpfen. Mehrere Abgeordnete von Union und FDP kündigten an, bei der Abstimmung im Bundestag am Montag (27. Februar) mit „Nein“ zu stimmen. „Wir sind da in einer Spirale, aus der wir unbedingt heraus müssen und deswegen werde ich dagegen stimmen“, sagte die FDP-Abgeordnete Sylvia Canel am Mittwoch. „Ich werde auf jeden Fall mit Nein stimmen, weil es sich um reine Insolvenzverschleppung handelt“, sagte auch der CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch. Der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler und der Jens Ackermann von der FDP kündigten ebenfalls ihren Widerstand an. Bereits am Dienstag hatten der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach und der Liberale Frank Schäffler angekündigt, mit Nein stimmen zu wollen.

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Der Bundestag soll am Montag sein Ja für das zweite Griechenland-Hilfspakt mit einem Volumen von 130 Milliarden Euro geben. Am Freitag berät der Haushaltsausschuss darüber. Die Politiker Ackermann und Willsch betonten, sie stünden mit ihrer Ablehnung nicht allein. Innerhalb der FDP-Fraktion würden „nach und nach die Zweifel“ wachsen, sagte Ackermann. Die Stimmungslage drohe sich zu drehen. Canel sagte, sie erwarte in ihrer Fraktion dennoch eine Mehrheit für das Griechenland-Paket. Es gebe auch in der Unions-Fraktion viele kritische Fragen, betonte Willsch.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte bereits im vergangenen Jahr bei der Verabschiedung des vorläufigen Euro-Rettungsschirms EFSF um eine eigene Mehrheit kämpfen müssen. Bei der sogenannten Kanzlermehrheit kann sich die Regierung angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag 19 Abweichler erlauben. Wie schon beim EFSF würde allerdings zum einen auch eine einfache Mehrheit ausreichen, bei der es mehr Ja als Nein-Stimmen im Bundestag geben muss. Zum anderen werden wohl auch SPD und Grüne für das zweite Griechenland-Hilfspaket stimmen, so dass eine Ablehnung sehr unwahrscheinlich ist. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Mittwoch, dass für die Verabschiedung keine Kanzlermehrheit notwendig sei. Die Regierung rechne aber dennoch mit einer eigenen Mehrheit. (Reuters/dapd/abendblatt.de)