Banken und Versicherungen wollen nicht auf noch mehr Geld verzichten. Verhandlungen zum zweiten griechischen Hilfspaket sind schwierig.
Brüssel. Die Euro-Länder stoßen mit ihrer Forderung nach einem größeren Beitrag der privaten Gläubiger bei der Griechenland-Rettung auf harten Widerstand. Banken und Versicherungen hätten sich bei den Verhandlungen mit der griechischen Regierung in Brüssel geweigert, noch einmal nachzulegen und auf mehr Geld zu verzichten, berichteten EU-Diplomaten am Montagabend übereinstimmend in Brüssel. „Die Verhandlungen sind schwierig, sie laufen aber weiter“, sagte ein Diplomat.
Die Euro-Finanzminister berieten in Brüssel über ein neues Hilfspaket für Griechenland von 130 Milliarden Euro, das Voraussetzung für den geplanten Schuldenschnitt für Athen ist. Da Athen nach den bisherigen Zahlen seinen Schuldenstand nicht genug abbauen kann, wird nachverhandelt.
Neben dem bereits zugesagten Schuldenverzicht von 100 Milliarden Euro sollen die privaten Gläubiger auch auf ausstehende Zinsen für ihre Staatsanleihen verzichten. Das könnte zusätzlich mehrere Milliarden Euro bringen. Ein Ende der Gespräche war am späten Abend nicht in Sicht.
Die Verhandlungen wurden nach Angaben von EU-Diplomaten auf höchster Ebene zwischen dem Geschäftsführer des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, und dem griechischen Ministerpräsidenten Lucas Papademos geführt.
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Griechenland kann ein zweites Mal auf Rettung hoffen – wird aber wohl weiter am Rande einer Pleite stehen. Die Euro-Finanzminister signalisierten am Montag vor ihrem Treffen in Brüssel, dass dieses Mal ein Beschluss über das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Kreditpaket zu erwarten war. „Ich denke schon, dass wir zu einer einvernehmlichen Lösung kommen“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble vor Beginn der Beratungen mit seinen Kollegen aus der Euro-Zone. Parallel dazu führte die griechische Regierung erneut Verhandlungen mit den privaten Gläubigern über einen höheren Forderungsverzicht, wie es in griechischen Finanzkreisen hieß. Die als beherrschbar geltende Schuldenquote von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) könne nur mit weiterem Verzicht privater und öffentlicher Gläubiger erreicht werden, ging aus dem Bericht der Troika von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) hervor.
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker drängte die Finanzminister zur Entscheidung, nachdem wochenlang wegen des Widerstands in Griechenland über neue harte Auflagen gerungen worden war. Die Euro-Länder müssten „heute auch zu Potte kommen, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren“, sagte er. Die Regierung in Athen will demnächst den privaten Gläubigern ein Angebot zum Anleihetausch machen. Über die Tilgung alter Staatspapiere und die Ausgabe 30-jähriger neuer Anleihen soll vom 8. bis 11. März ein Forderungsverzicht von 100 Milliarden Euro bewerkstelligt werden. Die Gefahr einer Pleite Griechenlands wäre mit dem Hilfspaket gebannt, denn am 20. März müssen 14,5 Milliarden Euro an Staatsanleihen getilgt werden. Finanzminister Evangelos Venizelos sagte, die lange Phase der Unsicherheit, die seinem Land und der Euro-Zone geschadet habe, komme zu einem Ende.
Nach dem Bericht der Troika, der den Finanzministern seit ihrer Telefonkonferenz am Donnerstag vorlag, würde Griechenland den Schuldenberg bis 2020 nur auf 129 Prozent abschmelzen. Verlangt worden waren aber 120 Prozent, damit das Mittelmeer-Land sich in ferner Zukunft wieder alleine finanzieren kann und die Geldgeber damit Aussicht auf eine Ablösung der Hilfskredite haben. Darauf besteht besonders der IWF. Aus Verhandlungskreisen hieß es am Montagabend, man sei erst bei 123 oder 124 Prozent angelangt.
Die Troika hatte aufgeführt, dass Banken oder Fonds zu den fehlenden neun Prozentpunkten 1,5 Prozentpunkte beitragen könnten, wenn sie neben dem Verzicht auf 50 Prozent des Nennwerts der Anleihen noch die aufgelaufenen Zinszahlungen erließen. Durch eine Senkung der Zinsen auf die bisher schon gewährten rund 75 Milliarden Euro staatlicher Hilfskredite wären weitere 1,5 BIP-Prozent Entlastung möglich. Die nationalen Notenbanken und die EZB könnten insgesamt neun Prozentpunkte beitragen, indem sie auf Kursgewinne aus ihren Anleihebeständen verzichten und sie umstrukturieren würden. Doch einige Staaten seien dagegen, die Notenbankgewinne Griechenland zu überlassen, hieß es am Rande der Beratungen.
Teufelskreis aus Rezession und Schulden
Auch gibt es ein schlimmstes Szenario, das auf einem Teufelskreis aus noch tieferer Rezession und steigender Staatsverschuldung fußt. „Es besteht eine grundlegende Spannung zwischen den Programmzielen des Schuldenabbaus und der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“, hieß es in dem Bericht. Der notwendige Kostenrückgang im Inland werde unweigerlich zu einer höheren Schuldenquote führen. Sollte die Regierung in Athen zudem die geforderten, wachstumsstärkenden Strukturreformen nicht schaffen, könnte die Schuldenquote in acht Jahren wieder bei 160 Prozent liegen, schreiben die Experten.
Die Euro-Geberländer und der IWF wollen daher sicherstellen, dass Griechenland künftig die harten Spar- und Reformauflagen einhält – auch über die für Ende April geplante Wahl hinaus. Nur dann könne das Land wieder auf einen stabilen Finanzpfad kommen, sagte Schäuble. Sein niederländischer Amtskollege Jan Kees de Jager sagte, es reiche nicht aus, alle drei Monate die Troika von EU, EZB und IWF prüfen zu lassen. Es müsse eine permanente Kontrolle geben. Nach Worten Schäubles herrscht im Grundsatz auch Einigkeit in der Eurogruppe, dass ein Sperrkonto eingerichtet werden soll, über das Griechenland vorrangig sein Schulden tilgen muss. So werde verhindert, dass die Milliarden Hilfskredite in den Konsum statt in den Aufbau von Infrastruktur und eine Modernisierung des Staates fließe, sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter.