Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wirft griechischen Konservativen mangelndes Bekenntnis zum Sparkurs der Regierung in Athen vor.
Baden-Baden/Athen/Brüssel. Heute sollten sich die Euro-Finanzminister treffen, um über weitere Hilfsmaßnahmen für Griechenland zu entscheiden. Doch das Treffen wurde am Dienstag überraschend abgesagt. Griechenland hat die geforderten Maßnahmen noch nicht erfüllt. Daher schieben die internationalen Geldgeber ihre Zusage für neue Milliardenkredite weiter hinaus.
Die "Troika“ von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds und die griechische Regierung müssten weiter an zusätzlichen Sparmaßnahmen von 325 Millionen Euro arbeiten. Der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, sagte am Dienstagabend, dass auch noch weitere Fragen offen seien. Statt des geplanten Treffens der Finanzminister in Brüssel gibt es am heutigen Mittwoch eine Telefonkonferenz. Juncker zerstreute damit Hoffnungen auf eine Einigung auf das Hilfspaket am Mittwoch. Zuvor hatte sich EU-Währungskommissar Olli Rehn noch zuversichtlich gezeigt, dass die Hilfen in Höhe von 130 Milliarden Euro bald beschlossen werden könnten.
Unterdessen wirft Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den griechischen Konservativen ein mangelndes Bekenntnis zum Sparkurs der Regierung in Athen vor. Schäuble sagte am Mittwoch im Südwestrundfunk, dass einer der schwierigsten Punkte in den aktuellen Verhandlungen mit Athen sei, dass vor allem die "Nea Demokratia“ bisher nicht klar genug verspreche, auch im Fall eines Wahlsieges im April die Sparbeschlüsse unangetastet zu lassen. Das sei auch einer der Gründe, warum sich die Euro-Finanzminister nicht wie geplant am Mittwochabend treffen, sondern sich erst am kommenden Montag auf ihrer regulären Sitzung detailliert mit der Griechenland-Krise befassen würden.
Die Euro-Finanzminister hätten bereits vergangene Woche deutlich gemacht, dass für eine Zustimmung zum zweiten Rettungspaket alle Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Daran habe er Zweifel.
+++Lammert: Zustimmung des Bundestags fraglich+++
Es müsse alles daran gesetzt werden, eine unkontrollierte Entwicklung in Griechenland zu verhindern, mahnte der CDU-Politiker. Zugleich sieht er die Euro-Zone heute besser aufgestellt als noch vor zwei Jahren. Andere Krisenländer der Euro-Zone nähmen ihre Probleme besser in Angriff. Italien und Spanien machten große Fortschritte. Zudem gebe es inzwischen den Fiskalpakt, schließlich auch die Rettungsschirme. "Die Währungsunion wird in keinen Fall scheitern“, zeigte sich Schäuble überzeugt.
In Athen gab es zu dem am Dienstag weitere schlechte Nachrichten: Die griechische Wirtschaft ist 2011 regelrecht eingebrochen – das dramatische Minus betrug 6,8 Prozent.
Die Wirtschaftsleistung Griechenlands ging 2011 rasant um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück, wie die griechische Statistikbehörde (ELSTAT) mitteilte. Bereits 2010 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,5 Prozent geschrumpft. Vor wenigen Tagen war bekanntgegeben worden, dass die Arbeitslosigkeit weiter ungebremst steigt. Die Quote liegt bei 20,9 Prozent.
Ursache der rasanten Talfahrt ist nach Einschätzung von Finanzexperten die Sparpolitik, die die griechische Wirtschaft abwürgt. Der Privatkonsum ist rückläufig und die Staatsausgaben sinken.
Rehn machte deutlich, dass EU und Internationaler Währungsfonds trotz Massenprotesten und Krawallen in Athen an dem Programm festhalten. "Das ist der Rahmen, in dem wir arbeiten.“ Der Finne äußerte Verständnis für die Wut und Empörung in Griechenland. Er wandte aber ein: "Griechenland hat das vergangene Jahrzehnt über seine Verhältnisse gelebt.“ Die Wirtschaft müsse nun wieder auf den richtigen Pfad gebracht werden.
Allein dieses Jahr muss Athen über drei Milliarden Euro sparen, bei gut einem Zehntel der Summe – rund 325 Millionen Euro – war zuletzt noch offen, wie sie erbracht werden soll. Die griechische Regierung wolle die Summe durch Kürzungen im Haushalt verschiedener Ministerien zusammenbringen, hieß es aus Kreisen des Büros von Ministerpräsident Lucas Papademos. Einen offiziellen Beschluss gab es zunächst nicht. Athen muss sich zudem noch verbindlich mit seinen Privatgläubigern wie Banken und Versicherungen auf einen Schuldenschnitt einigen (abendblatt.de/dapd/dpa)