Auch das erste Treffen der Staats- und Regierungschefs in 2012 wird von der Finanzkrise dominiert. Im Fokus steht das Wirtschaftswachstum.

Brüssel. In Brüssel kommen am Montag die Staats- und Regierungschefs der EU zu ihrem ersten Sondergipfel in diesem Jahr zusammen. Das Wirtschaftswachstum in Europa steht dabei im Fokus der Beratungen. Die Ankurbelung der Wirtschaft soll neben den Sparmaßnahmen der Schuldenkrise entgegenwirken. Zudem soll der Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin gebilligt und der künftige dauerhafte Rettungsschirm für kriselnde EU-Länder (ESM) in Höhe von 500 Milliarden Euro genehmigt werden. Auch wenn Griechenland nicht offiziell auf der Agenda steht, wird das hoch verschuldete Land ein weiteres Thema sein: Athen ringt derzeit mit seinen Gläubigern um einen teilweisen Schuldenerlass.

Vor Gipfelbeginn trifft sich Kanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem italienischen Regierungschef Mario Monti. Nach Angaben von Diplomaten geht es dabei um die Themen, die auch auf der Gipfel-Tagesordnung stehen. Zur Sprache kommen dürfte aber auch die von Sarkozy angekündigte Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Frankreich. Die Diskussion darum hat innerhalb der EU bereits für Streit gesorgt.

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Sarkozy hatte die Einführung der 0,1-prozentigen Abgabe auf Finanztransaktionen ab August am Sonntagabend in einem Fernsehinterview angekündigt. Zugleich stellte er umfassende Reformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs vor, unter anderem auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19,6 auf 21,2 Prozent und eine Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen.

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Offiziell dreht sich auch bei dem Gipfel alles ums Wachstum. Sparen allein reiche nicht, heißt es in einem Entwurf der Gipfelerklärung: „Wir müssen aktiv Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit stärken, um Arbeitsplätze zu schaffen, unsere Sozialmodelle zu bewahren und das Wohlergehen unseres Volkes sicherzustellen.“ Gelingen soll dies mit gezielten Fördermaßnahmen für den Mittelstand, sinkender Jugendarbeitslosigkeit und einem besser funktionierenden europäischen Binnenmarkt.

Weiter ist vorgesehen, dass die Staats- und Regierungschefs den neuen Krisenfonds für schwächelnde EU-Länder (ESM) genehmigen. Dieser soll ein Jahr früher als geplant am 1. Juli mit einem Umfang von 500 Milliarden Euro starten. Diese finanzielle Obergrenze steht im März aber noch zur Überprüfung an.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) bekräftige kurz vor Gipfelbeginn noch einmal das deutsche Nein zu einer Aufstockung des ESM zum jetzigen Zeitpunkt. „Deutschlands Position ist hart, fest und richtig: Der Rettungsschirm ESM darf nicht weiter aufgestockt werden“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Rösler warnte die Regierungschefs der EU-Staaten vor immer neuen Rufen nach höheren Garantierahmen. Diese trügen nur zur Verunsicherung bei.

Beim Dauerthema Griechenland fehlt noch die Einigung zwischen der Regierung in Athen und den privaten Kreditgebern über einen Schuldenschnitt. Die Verhandlungen waren am Sonnabend zunächst beendet worden. Dennoch will man im Laufe der Woche zu einer Einigung kommen. Bevor es soweit ist, kann Griechenland nicht auf die nächste Tranche Hilfskredite von EU und Internationalem Währungsfonds in Höhe von 130 Milliarden Euro hoffen.

Regierungschef Lucas Papademos mahnte am Sonntagnachmittag nach einer Sitzung mit griechischen Parteichefs eindringlich Fortschritte an. Ohne eine Einigung mit seinen Gläubigern auf einen teilweisen Schuldenerlass drohe dem Land die Zahlungsunfähigkeit.

Für Kontroversen sorgte im Vorfeld ein deutsch-französischer Vorschlag, die Kontrolle über den griechischen Staatshaushalt einem EU-Kontrolleur zu übertragen. Berliner Regierungskreisen bestätigten Berichte der „Financial Times“, in der Euro-Gruppe werde ein entsprechendes informelles Papier diskutiert, das im Gegenzug für weitere Hilfen eine scharfe Überwachung der griechischen Finanzen fordert.

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bezweifelt, dass Griechenland noch zu retten ist. „Als deutscher Finanzminister würde ich mich auf einen Plan B vorbereiten“, sagte er der „Passauer Neuen Presse". Man dürfe die Insolvenz und das Ausscheiden aus der Eurozone nicht herbeireden. „Aber man muss auch diesen Fall einkalkulieren.“ Für Steinbrück steht fest: „Es dürfte sehr schwierig werden, die Konsolidierungsziele in Griechenland zu erreichen. Die Europäer werden die vereinbarten Voraussetzungen zurechtbiegen müssen, um den nächsten 130-Milliarden-Euro-Schirm zu bewilligen.“ (dpa/abendblatt.de)