Vier von fünf Schiffbauaufträgen gehen an Werften in Asien. IG-Metall-Küste-Chefin Blankau fordert mehr Patriotismus.
Hamburg/Schwerin. Deutsche Reeder sollen mehr bei deutschen Werften bestellen, fordert die Chefin der IG Metall Küste, Jutta Blankau. „Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass im vorigen Jahr 83 Prozent aller Schiffbauaufträge deutscher Auftraggeber bei Werften in Südkorea und China lagen. Das hat mich umgeworfen“, sagte Blankau in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Nur zwei Prozent der 1095 bestehenden Aufträge seien an Werften in Deutschland gegangen. Damit sei die Bundesrepublik auf einem Niveau mit Rumänien.
Der Verband Deutscher Reeder verteidigte das Orderverhalten der Schiffseigner. „Die unternehmerische Entscheidung, wo ein Schiff bestellt wird, richtet sich danach, wo man zu günstigen Preisen beste Qualität bekommt“, erklärte der Pressesprecher des Verbands, Max Johns, am Sonntag. „So wie die Werften unternehmerisch entscheiden müssen, wo sie zum Beispiel ihren Stahl weltweit einkaufen, entscheiden die Reeder bei der Schiffsbestellung ebenfalls nach ökonomischen Gesichtspunkten.“ Blankau indes appellierte an das „patriotische Gefühl der Reeder“. Sie verwies auch auf Steuererleichterungen für die Schifffahrtsunternehmen. Daraus ergebe sich eine Verpflichtung für das Gemeinwohl. Die Schiffbaubetriebe in der Bundesrepublik stecken angesichts von Überkapazitäten auf den Meeren und niedriger Preise asiatischer Werften in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. In diesem Jahr haben die deutschen Werften Blankau zufolge erst sechs Schiffbauaufträge erhalten.
Johns verwies darauf, dass auch bei den im Ausland bestellten Schiffen der überwiegende Teil der Wertschöpfung im maritimen Maschinenbau und der Zulieferindustrie in Deutschland bleibe. „Auch deshalb ist Deutschland in diesem Bereich Marktführer“, so Johns. Zudem seien die meisten in jüngster Zeit bestellten Schiffe so groß, dass sie auf deutschen Werften nicht hätten gebaut werden können. Blankau äußerte die Erwartung, dass die deutschen Reeder den deutschen Schiffbau in der Krise stützen. Das gelte aber auch für andere Auftraggeber, wie Energiekonzerne, die Spezialschiffe für die Errichtung von Windkraftanlagen im Meer benötigen. „Diese Konzerne verdienen viel Geld in Deutschland mit dem Öko-Strom, da steckt auch deutsches Steuergeld drin“, sagte Blankau mit Blick auf den Energiekonzern RWE, der Ende 2009 ein Spezialschiff zur Errichtung von Windrädern auf dem Meer in Südkorea in Auftrag gegeben hat.
RETTUNG FÜR LINDENAU-WERFT
Von der Bundesregierung forderte die Gewerkschafterin, höhere Umweltstandards für die Schifffahrt europa- und möglichst weltweit durchzusetzen. „Ab 2014 gelten auf Nord- und Ostsee deutlich geringere Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffen wie Kohlendioxid und Schwefeldioxid“, sagte sie. „Das würden wir gerne auf das Mittelmeer ausdehnen. Dort fahren noch viele Fähren, die 30, 40 Jahre alt sind. Die müssten ausgetauscht werden.“ Bei innovativen Schiffen seien die deutschen Werften gut. Hingegen biete der Bau einfacher Containerschiffe keine Zukunft. „In der aktuellen Krise würden aber Containerschiff-Aufträge deutscher Reeder extrem helfen“, sagte Blankau.