Die drohende Pleite des größten amerikanischen Autobauers könnte nach Ansicht von Experten eine unheilvolle Kettenreaktion auslösen und die US-Wirtschaft in eine Depression stürzen.

Detroit. General Motors (GM) verfügte nach eigenen Angaben Ende September nur noch über 16,2 Milliarden Dollar Liquidität. Daher erscheint es möglich, dass GM bis zum Ende des Jahres unter das Minimum von 11 bis 14 Milliarden Dollar fällt, das zur Aufrechterhaltung des operativen Geschäfts nötig ist. Wenn dieser Fall eintritt, wird das Unternehmen einige Kreditgeber nicht mehr bezahlen können. Diese wiederum könnten dann versuchen, sich den Zugriff auf einzelne Vermögensanteile zu sichern oder den Konzern zu einem Insolvenzantrag zu treiben.

Im schlimmsten Fall könnten Zulieferbetriebe ihre Lieferungen an GM stoppen, wenn sie nicht bar bezahlt würden, sagt Insolvenzexperte Douglas Baird von der University of Chicago Law School. Derzeit wisse man nicht, wieweit dieses "Alptraum-Szenario" noch entfernt sei. Ohne Teile kann GM keine Wagen bauen, kein Geld einnehmen und seine Gläubiger bezahlen.

Der Chef der Autoarbeitergewerkschaft UAW, Ron Gettelfinger, sagte: Wenn die Autoindustrie abstürze, "stehen wir zweifellos vor einer Depression". Das von der Branche mitfinanzierte Center for Automotive Research warnt davor, dass ein Kollaps der "Großen Drei" oder schon von GM allein eine katastrophale Kettenreaktion in der US-Wirtschaft auslösen könnte. Bis zu drei Millionen Jobs könnten verloren gehen, es drohten Steuerausfälle von mehr als 150 Milliarden Dollar in den nächsten drei Jahren.

In den vergangenen Monaten hat GM jede Stunde etwa 3,1 Millionen Dollar verloren. Nach Einschätzung von Analysten braucht GM rund 15 Milliarden Dollar, die für etwa ein Jahr reichen könnten. Während die deutsche GM-Tochter Opel bereits um eine Milliardenbürgschaft des Staates gebeten hat, kann der US-Autobauer nur hoffen: So wird erwartet, dass der designierte US-Präsident Barack Obama GM massiv helfen wird, so der Autobauer bis zu Obamas Amtsantritt am 20. Januar 2009 durchhält.

Derzeit droht die Hilfe für die US-Autobranche noch, in politischen Grabenkämpfen zerrieben zu werden. Die Demokraten im US-Kongress sind dafür, den Autoherstellern den Zugang zum 700 Milliarden Dollar schweren Rettungspaket für die Finanzbranche zu öffnen. Die Republikaner setzen dagegen auf das bereits gebilligte Kredit-Paket von 25 Milliarden Dollar, das eigentlich die Entwicklung sparsamerer Autos fördern soll. Zuletzt setzte sich Präsident George W. Bush dafür ein, die Umwelt-Bindung aufzuheben, und das Geld einfach so zu gewähren. Die Demokraten lehnen dies ab. Ein solcher Schritt würde auf Kosten der Zukunftsfähigkeit der US-Autoindustrie gehen, argumentieren sie.

Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer betonte, Hilfen an Opel in Europa machten nur Sinn, wenn auch der Mutterkonzern gerettet werde. Es sei ein Vorgehen von Obama und der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) notwendig, sagte er in einem Gespräch mit der dpa.