GM bleiben nur noch sechs Wochen für ein neues Sanierungskonzept. Opel-Mitarbeiter bangen um Zukunft.

Hamburg. Die amerikanischen Medien hatten zuletzt nur noch Spott für den mächtigen Boss des Autobauers General Motors (GM) übrig. "Rick Wagoner lächelt sich durch die Krise", titelten sie kürzlich über den 1,90 Meter großen Ex-Basketballspieler, der wie kein anderer Manager zum Symbol der gesamten daniederliegenden US-Autoindustrie wurde.

Nun ist Wagoner Geschichte, zum Rücktritt gedrängt vom US-Präsidenten Barack Obama höchstpersönlich. Seinem Nachfolger Fritz Henderson (Spitzname: "Fix-it-Fritz") bleiben gerade mal 60 Tage, um GM auf Kurs zu bringen. Das ist die Galgenfrist, die die US-Regierung dem ums Überleben kämpfendem Autobauer eingeräumt hat. Sonst droht das Weiße Haus offen mit einer Pleite.

Dem ebenfalls stark angeschlagenen Konkurrenten Chrysler bleiben für die gleiche Aktion gerade einmal 30 Tage. Die Bedingung, eine Allianz mit dem Fiat-Konzern auszuhandeln, wurde jedoch gestern erfüllt. Nun können noch einmal dringend benötigte sechs Milliarden Dollar fließen.

Die von Präsident Obama eingesetzte Sonderkommission, die sogenannte Auto Task Force, geht ungewöhnlich hart ins Gericht mit den bisherigen Sanierungsplänen von GM und Chrysler. Ausdrücklich heißt es darin, möglicherweise werde ein Insolvenzverfahren die beste Lösung sein, in "schneller und chirurgischer Manier".

Für die rund 25 000 Mitarbeiter der GM-Tochter Opel geht damit das Bangen um ihre Zukunft weiter. Die deutsche Bundesregierung ließ gestern eine Entscheidung über Hilfen für das Traditionsunternehmen weiter offen. Kanzlerin Angela Merkel wird heute die Opel-Zentrale in Rüsselsheim besuchen und dort laut einem Sprecher "aktuelle Einschätzungen" geben. Dank der staatlichen Abwrackprämie soll zumindest Opel nicht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen.

Für den Opel-Betriebsrat bedeutet der Abgang des alten GM-Chefs Wagoner ein Stück Hoffnung. "Ich habe mich immer gewundert, wie lange sich jemand halten kann, der den Unternehmenswert von GM um 90 Prozent gemindert hat", sagte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. Sein Nachfolger Henderson kenne Opel als ehemaliger Europa-Chef sehr gut, man arbeite in einem "offenen und guten Dialog miteinander".

Doch wie realistisch ist ein Überleben der großen US-Autokonzerne überhaupt noch? Die Liste der Probleme bei General Motors und Chrysler ist lang. Beide Unternehmen produzieren vor allem Geländewagen und Straßenkreuzer, klotzig, sprithungrig und reparaturanfällig. Ihr über die USA verteiltes Händlernetz ist überdimensioniert. Und die Riesen haben einen gewaltigen Schuldenberg angehäuft. Allein bei GM beläuft sich der Bestand ungesicherter Anleihen auf 27 Milliarden Dollar. Noch mehr drückt die Last von Pensionen und Gesundheitsleistungen, die die Konzerne ihren Arbeitern versprachen, als es ihnen noch besser ging. "General Motors hat nur eine Chance, wenn sich der Konzern radikal verkleinert und von wenig zukunftsfähigen Marken trennt", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer dem Abendblatt.

Weder der klobige Geländewagen Hummer, noch das beliebige Massenmodell Saturn haben aus seiner Sicht Aussicht auf langfristigen Erfolg bei den Kunden. "Der Konzern sollte sich auf Kernmarken wie Chevrolet konzentrieren und das Geschäft in Asien und im russischen Raum ausbauen, um sich so unabhängiger vom amerikanischen Markt zu machen", so Dudenhöffer. Um bei wichtigen Technologien wie Hybridfahrzeugen und Elektroautos dabei zu sein, bleibe nur eine Kooperation mit japanischen Herstellern wie Honda.

Noch schwieriger als bei GM sei es, für Chrysler eine Lösung zu finden. "Chrysler ist nahezu vollständig vom schwierigen US-Markt abhängig und hat mit Jeep gerade mal eine funktionierende Marke", sagt der Autoexperte. Die Zusammenarbeit mit Fiat stufte er als schwierig ein.