Die Stimmung in Hamburg ist gekippt, wie das Konjunkturbarometer der Handelskammer zeigt: Mehr als die Hälfte der Firmen geht davon aus, dass die Geschäfte in diesem Jahr ungünstiger laufen werden als noch 2008. Experten bauen auf die Wirkung von Kurzarbeit, um Jobs zu erhalten.

Hamburg. Die Stimmung in der Hamburger Wirtschaft hat sich drastisch eingetrübt. Laut einer Umfrage der Handelskammer erwartet mehr als jedes zweite Unternehmen eine Verschlechterung der eigenen Geschäftslage. Noch vor drei Monaten befürchtete dies nur jede fünfte Firma. Knapp 24 Prozent der Betriebe planen einen Arbeitsplatzabbau, während nur noch weniger als acht Prozent der Unternehmen einen Ausbau der Beschäftigung in Erwägung ziehen.

Dennoch rechnet Handelskammer-Chefvolkswirt Günther Klemm damit, dass die Zahl der Arbeitslosen in Hamburg - aktuell knapp 70.000 - nicht so stark zunehmen wird wie in früheren Konjunkturabschwüngen.

"Vielen Betrieben ist bewusst, dass das Problem des Fachkräftemangels schon wegen der demografischen Entwicklung bestehen bleiben wird. Man will die Facharbeiterkompetenzen mit Blick auf den nächsten Aufschwung nicht verlieren", sagte Klemm dem Abendblatt.

Daher werde die Arbeitslosenzahl den Spitzenwert des Jahres 2005 von gut 100 000 Personen in Hamburg wohl nicht erreichen. Zudem greife man vor allem in größeren Unternehmen zunehmend auf Kurzarbeit zurück, um Stellenabbau vermeiden zu können. "Auch kleinere und mittelgroße Firmen sollten dieses Instrument nutzen", so Klemm.

Besonders düster sehen die Personalplanungen bei den Versicherungen aus. Hier erwarten 36 Prozent der befragten Unternehmen einen Arbeitsplatzabbau. Doch auch im verarbeitenden Gewerbe und im Einzelhandel gehen rund ein Drittel der Betriebe von einer abnehmenden Beschäftigung aus. Ein leichter Personalaufbau ist lediglich in der Gastronomie zu erwarten.

Auffallend pessimistisch zeigt sich das Verkehrsgewerbe, also die Logistikbranche. In diesem Wirtschaftszweig erwarten sogar gut 73 Prozent der befragten Firmen für 2009 eine Verschlechterung ihrer Lage. "Beim aktuellen Konjunkturabschwung haben wir es mit einer weltweit gleichgerichteten Bewegung zu tun", erklärte Klemm dazu. Aus diesem Grund wird die Logistik, die vor Kurzem noch von dem florierenden Welthandel profitierte, nun hart getroffen.

Allerdings glaubt der Experte nicht, dass Hamburg insgesamt überdurchschnittlich unter der Krise leiden wird. "Wir haben hier eine deutlich mittelständisch strukturierte Wirtschaft, die nicht so sehr von wenigen einzelnen Großunternehmen abhängt." In manchen anderen Regionen stelle sich die Situation eher noch ungünstiger dar.

Ohnehin dürfe man den Absturz bei den Aussagen zu den Geschäftserwartungen nicht überbewerten, meint Klemm: "Das sagt nicht, wie stark es sich verschlechtert." Zudem überwiegen bei der Frage nach der aktuellen Lage noch die positiven Einschätzungen. So halten mehr Firmen ihre derzeitige Geschäftslage für gut (29 Prozent) als für schlecht (21 Prozent).

Der Mittelwert aus den Beurteilungen der aktuellen Lage und der zukünftigen Entwicklung ergibt den Geschäftsklimaindikator der Hamburger Wirtschaft. Dieser hat sich von 112,2 auf 78,8 Punkte abgeschwächt - 100 Punkte entsprächen einer neutralen Einschätzung des Klimas. Derartige Indexstände seien auch bei "normalen" Konjunkturabschwüngen aufgetreten, sagte Klemm, zuletzt im Jahr 2003 nach dem Platzen der New-Economy-Blase.

Zwar ist der Handelkammer-Chefvolkswirt überzeugt, dass das erste Halbjahr 2009 "ganz schwierig" wird. Erste Signale für eine Aufhellung könnten aber aus den USA kommen: "Dort spielt die Psychologie der Verbraucher eine besonders große Rolle für die Wirtschaft. Und der deutlich spürbare Stimmungsaufschwung durch den Wechsel im Präsidentenamt wird auch Auswirkungen auf die Konjunktur haben."

Außerdem würden im zweiten Halbjahr auch die Baumaßnahmen aus dem staatlichen Konjunkturpaket erste Wirkungen zeigen.