IT-Branche gewinnt in der Hansestadt an Bedeutung. Zahl der Unternehmen um 800 gestiegen. Fachkräfte weiter gesucht.

Hamburg. Von Euphorie ist im Vorfeld der weltgrößten Computermesse Cebit nicht viel zu spüren. Die Zahl der Aussteller ist von 5845 auf gerade noch 4300 gesunken, wichtige Unternehmen wie Toshiba oder Kyocera fehlen und der Branchenverband Bitkom rechnet nach Zeiten des stetigen Aufschwungs lediglich mit einem gleichbleibenden Auftragseingang. Für einen zumindest optisch kraftvollen Start der schwächelnden Messe soll heute Abend der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger sorgen. Der frühere Bodybuilder wird zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Cebit 2009 offiziell eröffnen.

Obwohl die Stadt Hamburg in diesem Jahr mit keinem eigenen Stand vertreten sein wird, fahren die immerhin rund 100 Aussteller aus der Hansestadt durchaus optimistisch nach Hannover. Wie das Unternehmen Navigon, das Navigationsgeräte für Autos herstellt und vertreibt. "Wir versprechen uns trotz sinkender Besucherzahlen auf der Cebit viel von unserem Auftritt", sagt Firmensprecher Michael Hoffmann. Es gebe eine Reihe von Neuvorstellungen, die Navigon dem Publikum in Hannover präsentieren wolle. "Natürlich haben auch wir uns angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage einen solch teuren Auftritt auf der Messe genau überlegt", so Hoffmann. Die Cebit 2008 sei für das Unternehmen allerdings so erfolgreich verlaufen, "dass wir auch dieses Jahr auf keinen Fall fehlen wollten".

Auch die Hamburger Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting ist überzeugt, dass die Krise auch Chancen für IT-Unternehmen bieten kann: "Gerade die Informationstechnologie ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Treiber für Kostenoptimierung, aber auch für Wachstum und Innovation", sagte Birgit Eckmüller von Mummert dem Abendblatt. Weil sich die Märkte veränderten und sich auch Unternehmen einem permanten Wandel unterziehen müssen, ist die Hamburger IT-Beratung für das eigene Wachstum zuversichtlich: "Wir stellen auch in diesem Jahr ein", so Eckmüller. Im vergangenen Jahr hatte das bundesweit agierende Unternehmen 350 neue Mitarbeiter geworben. Mummert nutzt die Cebit, um über eine kostenlosen Shuttleservice für Studenten und einer Infoveranstaltung, Personal zu suchen. Denn noch immer sind gute IT-Fachkräfte rar.

Die IT-Branche gewinnt in der Hansestadt ohnehin seit Jahren an ökonomischer Bedeutung. Ende 2008 gab es an der Alster exakt 21 648 Medien- und IT-Unternehmen. Ein Jahr zuvor waren es 20 858 Firmen. Das Spektrum reicht von der Hardware- sowie Softwareberatung und -entwicklung, der Herstellung von Geräten und Bauteilen über Datenverarbeitungsdienste bis zu Telekommunikation und Multimedia.

Seit dem Jahr 2001 ist allein die Zahl der Hamburger IT-Unternehmen durchschnittlich pro Jahr um knapp sieben Prozent auf nunmehr 9000 gestiegen. Mummert-Manager Thomas Weidner kritisiert mit Blick auf die Attraktivität des Standorts Hamburg allerdings, dass etwa München "hochwertige IT-Software und IT-Serviceunternehmen stärker umwirbt". Dabei sei Hamburg mit zahlreichen Logistik- und Handelsfirmen und auch als Luftfahrtstandort auf gute IT-Dienstleister angewiesen.

Besonders gefördert wird in Hamburg dagegen die Games- und New-TV-Branche, also Unternehmen, die etwa Spiele für das Handy anbieten oder Spartenfernsehen produzieren - zum Beispiel ein Programm für Reisebegeisterte, das digital empfangen werden kann. Für diese Unternehmen hat die Medienbehörde ein Förderprogramm aufgelegt. Bis zu 200 000 Euro können Firmen daraus erhalten, die zum Beispiel die Durststrecke von der Entwicklung bis zur Serienreife von Spielen finanzieren müssen.

Während die Spieleentwickler und TV-Anbieter häufig noch in den Anfängen stehen, sind die Multimediadienstleister der große, etablierte Wachstumsmotor der IT-Branche in der Stadt. Die Anzahl dieser Firmen, darunter bekannte Namen wie SinnerSchrader oder IBM Interactive stieg von 2004 bis 2008 durchschnittlich um fast 13 Prozent pro Jahr, hat die Handelskammer Hamburg in ihrer neuesten Studie errechnet.

Dabei steht die Internetbranche trotz der Krise auch weiter vor guten Wachstumschancen, denn die Zahl der Internetzugänge wächst: Im Festnetz wird die Zahl der Internetanschlüsse in diesem Jahr in Deutschland voraussichtlich um 4,2 Prozent auf 13,8 Milliarden Euro zunehmen und damit einen neuen Spitzenwert erreichen. "Das Geschäft mit Internetanschlüssen boomt", sagt auch Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Daran werde die Rezession nichts ändern. Der Umsatz mit privaten Internetzugängen wird der Prognose zufolge dabei im laufenden Jahr um 7,5 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro zulegen.

Philips mit Deutschland-Sitz in Hamburg kommt dagegen nicht zur Cebit - und das schon seit Jahren. "Uns erscheint die IFA in Berlin für den wichtigen Bereich Fernseher und Hifi als das passendere Umfeld", sagte Sprecher Klaus Petri dem Abendblatt. Grundsätzlich blickt aber auch Philips optimistisch auf das laufende Geschäftsjahr: "Wir liegen beim Umsatz im Plan und könnten sogar von der Krise profitieren", sagte Petri. So blieben die Konsumenten in der Krise eher zu Hause, wo sie Philips-Produkte wie Fernseher nutzten, als Essen zu gehen oder zu verreisen.