Vorstandschef Mehdorn soll aussagen. Minister Zypries und Schäuble für Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz. Bilder vom Bahnchef Mehdorn.

Berlin. Die Stimmung im Verkehrsausschuss war gereizt. Draußen tummelten sich Journalisten und Kamerateams, drinnen versuchten die Abgeordneten, Antworten zur Datenaffäre bei der Deutschen Bahn zu bekommen. Mit durchwachsenem Erfolg. "Die entscheidenden Personen verweigern die Aussage", sagte der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter nach der Sitzung. Er will endlich klare Worte von Bahnchef Hartmut Mehdorn. Zudem hielten es viele seiner Kollegen für unglaubwürdig, dass der Vorstand von den Spitzel-Aktionen über rund zehn Jahre nichts gewusst habe.

Auch dass der Leiter der Konzernrevision, Josef Bähr, sich am Dienstag beurlauben ließ und deshalb nicht zu der Sitzung kam, verärgerte die Politiker. "Inakzeptabel", so das Urteil von Dirk Fischer (CDU). Zumal Bähr sich gleich für die gesamte Zeit bis zur Aufklärung der Affäre ins Privatleben zurückziehen will. Nach Einschätzung der Ausschussmitglieder zieht sich die Aufklärung viel zu lange hin. Der Ausschussvorsitzende, Klaus Lippold (CDU), warf speziell Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) Zögerlichkeit vor. Der Minister und der Aufsichtsrat der Bahn seien bislang "äußerst gemächlich" vorgegangen, sagte Lippold dem ZDF-Morgenmagazin.

Am 18. Februar, findet eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrats statt. Thema: Der Zwischenbericht der Bahn, aus dem hervorgeht, dass fast alle Mitarbeiter seit 1998 dreimal, das Topmanagement zweimal durchleuchtet wurden. Am 4. März kommt der Verkehrsausschuss erneut zusammen. Zu der Sitzung wurden Bähr und Mehdorn geladen. Doch eine endgültige Einschätzung der Datenabgleiche will die Bahn Ende März vornehmen, wenn die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG einen Abschlussbericht vorlegt.

Gestern standen der Anti-Korruptionsbeauftragte Wolfgang Schaupensteiner, der Leiter der Konzernsicherheit, Jens Puls und Bahn-Vorstandsmitglied Otto Wiesheu dem Ausschuss drei Stunden lang Rede und Antwort. Häufig jedoch wichen sie den Fragen aus, indem sie sagten, diese Details nicht zu kennen oder zum betreffenden Zeitpunkt noch gar nicht im Konzern gewesen zu sein. "Die Bahn hat bei jeder Gelegenheit gemauert", schimpfte der SPD-Verkehrspolitiker Christian Carstensen gegenüber dem Abendblatt. "Das war ziemlich ärgerlich, wie viele Worte gefunden worden, ohne etwas zu sagen", monierte der Grüne Winfried Hermann.

CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer erklärte, es stehe nun fest, dass es Gesetzesverstöße innerhalb der Bahn gegeben habe. Er nannte Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz wegen mangelnder Einbindung der Arbeitnehmervertreter und gegen das Beamtengesetz. Sein SPD-Kollege Uwe Beckmeyer sagte, es seien "strafrechtlich relevante Tatbestände im unmittelbaren Umfeld Mehdorns" aufgedeckt worden.

Trotzdem stellte sich die Bundesregierung hinter den obersten Bahner. "Das Unternehmen hat einen Vorstandsvorsitzenden, der in seiner bisherigen Amtszeit dieses Unternehmen nach vorn gebracht hat", sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Die Opposition fordert hingegen weiterhin Mehdorns Ablösung. "Das Fass ist schon mehrfach übergelaufen", so Hermann zum Abendblatt. "Aber Merkel will nicht und Tiefensee ist zu schwach."

Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) will sich nun mit besseren Regeln für ein Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz befassen. Unternehmen müssten genaue Vorgaben bekommen, was zur Bekämpfung der Korruption erlaubt und inwieweit E-Mail-Kontrollen oder Video-Überwachungen zulässig seien, sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) lud für Montag Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), DGB-Chef Michael Sommer, Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt und den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar zum Gipfel ein. Das Bundesdatenschutzgesetz beinhalte zwar allgemeine Regeln zum Schutz von Daten im Arbeitsverhältnis. "Diese werden aber teilweise nicht als ausreichend erachtet", so Schäuble.