Noch im vergangenen Sommer galt sie als “listige Witwe“, als clevere Strategin, der mit der Übernahme des Automobilzulieferers Continental in Hannover ein großer Coup gelungen sei. Nun ringt die Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler um ihr Lebenswerk - ein Retter ist nicht in Sicht.

München/Hamburg. Die Gegensätze könnten schreiender nicht sein. Noch am Wochenende wurde die 67-jährige Blondine pelzgewandet im mondänen Schickimicki-Ort Kitzbühel gesichtet. Nun ist klar, dass Maria-Elisabeth Schaeffler um ihr unternehmerisches Lebenswerk kämpft.

Mit dem Kauf des weit größeren Konkurrenten Continental habe sie sich nicht verhoben, bestreitet die über den fränkischen Familienkonzern Schaeffler herrschende Dame jetzt in einem ihrer seltenen Interviews kategorisch. Das Flehen ihrer Vasallen um staatliche Milliardenhilfen spricht eine andere Sprache. "Wir werden Lösungen finden", sagte sie der "Bild"-Zeitung, ohne einen Weg zu weisen und beschreibt sich als Opfer der Finanz- und Autokrise. Diese sei kein Vorwand.

Doch die Führungsriege des üblicherweise äußerst verschwiegenen Familienkonzerns hat die Karten bislang noch nicht auf den Tisch gelegt. Kein Bundes- oder Landespolitiker, der nach dem Willen der Franken nun Milliardenbeträge als Bürgschaften unterstützen soll, kennt die Bilanzen des Herzogenauracher Kfz-Zulieferers.

Klar ist, dass es mit dem sagenhaften Reichtum der "Schaefflerin", wie sie am Firmensitz in Franken fast liebevoll genannt wird, nicht mehr so weit her ist. Auf fünf Milliarden Euro wurde ihr Vermögen einmal geschätzt. "Das ist Unsinn, unser Vermögen steckt im Unternehmen", stellt sie jetzt im "Bild"-Interview klar. Und dieses Unternehmen ist ebenso wie die kostspielig eroberte Conti hoch verschuldet und nicht mehr viel wert. Der gemeinsame Schuldenberg addiert sich auf 22 Milliarden Euro. Die soeben für die Hälfte dieser Summe erworbene Tochter in Norddeutschland wird an der Börse nur noch mit gut zwei Milliarden Euro bewertet. "Die Börse spielt verrückt", sagt die Matriarchin dazu, muss sich aber den bitteren Realitäten stellen.

Seit 1996 ihr Ehemann und Firmengründer Georg Schaeffler gestorben ist, führt sie die Firmengruppe. Als Kriegsflüchtling nach Wien gekommen, wollte sie eigentlich Ärztin werden, heiratete dann aber den fränkischen Unternehmer und orientierte sich schnell um. Die Firma führte sie lange aus dem Hintergrund. Der Kauf von Conti zerrte die stets elegant gekleidete Dame voriges Jahr ins Licht der Öffentlichkeit. Damals galt sie noch als "listige Witwe", weil es dem kleinen Familienunternehmen Schaeffler trickreich gelungen war, die größere Conti zu schlucken. Schon damals war der Deal aber auf Kante genäht und in seiner Finanzierung anspruchsvoll. Ein Abblasen der Conti-Übernahme ist rechtlich nun nicht mehr möglich. Gänzlich unrealistisch erscheint auch die Variante, dass Conti nun seinerseits Schaeffler übernimmt, damit die finanzielle Last des Zusammengehens zumindest überwiegend beim größeren der beiden Konzerne liegt.

Die Krise stellt die Milliardärin vor eine schier unlösbare Aufgabe. "Ein ganz klares Nein", hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück für die Frage übrig, ob der Bund über Schaeffler demnächst einen Finanzschirm aufspannen werde. Ein Bundesland allein könne die Sache nicht stemmen, stellt Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon klar. Bleibt es dabei, könnte Geld damit nur von einem oder von mehreren privaten Investoren kommen; die allerdings stehen derzeit angesichts der Wucht der Branchenkrise nicht gerade Schlange. Auch wenn ein solcher Retter kommt, würde die Wahlfränkin damit aber viel verlieren, im Zweifel die Kontrolle nicht nur bei Conti, sondern auch im eigenen Haus.

Denn die Rede ist von einem Kapitalbedarf von rund vier Milliarden Euro. Auf ungefähr diesen Wert schätzen Experten aktuell den addierten Wert der Kfz-Zulieferaktivitäten von Schaeffler und Conti. Auch vor Ort in Herzogenaurach dämmert das. "Die haben es ganz einfach vergeigt", stellt ein dortiger Betriebsrat klar. Er bangt wie seine Kollegen mittlerweile um die voriges Jahr noch sonnig scheinende Zukunft von insgesamt rund 200 000 Beschäftigten.

Spekuliert wird nun darüber, dass der Konzern aufgeteilt werden könnte, in eine Sparte für Gummiprodukte wie Reifen, Spezialdichtungen oder Förderbänder und eine zweite für Automobilelektronik. Wie Schaeffler und Conti diese Krise überstehen und ob sie ein eigenständiger Konzern bleiben werden, vermag heute niemand zu sagen.