Wie ein ruinöser Preiswettbewerb, der weltweite Subventionswettlauf und eigene Fehlleistungen zum Zusammenbruch der Münchner Hightech-Firma führten.

München. Wer in der Chipindustrie arbeitet, braucht gute Nerven. Das Auf und Ab der Hightech-Branche ist einzigartig. Wer kurzfristige Preisverfälle von 30 Prozent oder mehr nicht verkraften kann, sollte die Finger davon lassen oder er verbrennt sie sich. So jetzt die Infineon-Tochter Qimonda. Ihr hat eine fatale Mischung aus eskalierender Branchenkrise, irrationaler Subventionierung und hausgemachten Managementfehlern das Kreuz gebrochen.

Damit sind bei Qimonda weltweit 12.200 Arbeitsplätze gefährdet. 3200 Menschen beschäftigt der Speicherchiphersteller in Dresden, 1400 Frauen und Männer sind es in München. Die Pleite könnte auch auf den Mutterkonzern Infineon mit weiteren rund 29 000 Beschäftigten übergreifen und sich damit zum größten Firmenzusammenbruch des noch jungen Jahres ausweiten. Qimonda-Chef Kin Wah Loh verbreitete dennoch Optimismus. Das Insolvenzrecht biete die Chance, seinen Konzern wieder auf eine solide Basis zu stellen und wesentliche Unternehmensteile zu sanieren.

Unabhängige Experten sehen die Chancen auf Wiederbelebung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter Michael Jaffe, der schon die Kirch-Pleite betreut hat, als eher gering an. Ohne einen Investor gilt die Pleitefirma als unrettbar. "Ich befürchte, dass es sehr schwer wird, ein Werk an den Mann zu bringen", sagte der Chipanalyst der BHF-Bank, Matthias Maus. Auslöser für die jetzige Pleite sei ein massiver Preisverfall für Chips und ein sich dramatisch verschlechternder Zugang zur Finanzierung auf den Kapitalmärkten gewesen, sagte Konzernchef Loh. Zudem sei erhöhter Finanzierungsbedarf aufgelaufen. Der lag dem Vernehmen nach bei weiteren rund 300 Millionen Euro.

Noch kurz vor Weihnachten war Hoffnung aufgekommen, als der Freistaat Sachsen, das Land Portugal und Infineon insgesamt eine Finanzspritze über 325 Millionen Euro aufgezogen hatten und Bund wie Länder zusätzliche Bürgschaften über weitere 280 Millionen Euro zugesagt hatten. Es sei wegen nicht vereinbarer Interessen der am gescheiterten Rettungspaket beteiligten Parteien aber nicht möglich gewesen, eine Lösung zu finden, sagte Infineon-Chef Peter Bauer.

Während sich aber Qimonda selbst als Opfer der Branchen- und Finanzkrise sieht, macht Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer für die Pleite eine "schier endlose Serie von Managementfehlern" als Ursache aus. Der Mutterkonzern Infineon habe die allein nicht überlebensfähige Tochter ohne Partner auf den Markt geworfen und es über Jahre hinweg versäumt, einen Investor aufzutreiben. Zudem habe die Pleitefirma unter einem eklatanten Mangel an marktgerechter Entwicklung gelitten.

Dazu kommt ein unkalkulierbarer Subventionswettlauf rund um den Globus. "Letztlich haben wir zwischen den fünf global wichtigsten Chipherstellern einen ruinösen und unfairen Wettkampf, in den andere Staaten außerhalb der EU sehr viel Staatsgeld stecken", hatte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich jüngst klargestellt. Der südkoreanische Qimonda-Konkurrent Hynix war schon mehrmals so gut wie pleite, wurde aber jeweils durch Staatsgelder wieder aufgepäppelt. Auch die USA subventionieren ihre Chipkonzerne mit Milliarden. Gleiches gilt allerdings auch für Deutschland. Allein in das Silicon Saxony rund um Dresden mit einer europaweit einzigartigen Ansammlung von rund 1200 Halbleiterfirmen und über 40 000 Beschäftigten wurden in den letzten Jahren geschätzt zwölf Milliarden Euro Staatsgelder gesteckt. Diesen Subventionswettlauf verliert Deutschland nun offenbar.

Auch für die Muttergesellschaft Infineon wird es nun enger. Man könne durch die Pleite "erheblichen Verbindlichkeiten" ausgesetzt werden, räumte Infineon-Chef Bauer ein. Der Konzern hält 77 Prozent an Qimonda und droht von dessen Gläubigern in Haftung genommen zu werden, sagen Experten. Die im Deutschen Aktienindex (DAX) gelistete Infineon-Aktie verlor deshalb am Freitag rund ein Zehntel ihres Werts auf noch 68 Cent.