Vor der Parlamentswahl in Griechenland steigen in Spanien Renditen für Staatsanleihen auf Rekordniveau. Auch Italien steht weiter unter Druck.

Madrid/Rom/Berlin. Vor den entscheidenden Parlamentswahlen in Griechenland flattern die Nerven in der Finanzwelt: Nachdem Spanien am Mittwochabend von der Ratingagentur Moody’s abgestraft wurde, zogen die Anleger nach. Die Rendite für zehnjährige Staatspapiere stieg am Donnerstag in der Spitze bis knapp unter die kritische Marke von 7 Prozent und auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro. Italien konnte zwar Anleihen ohne Mühen platzieren und neue Milliarden einsammeln, allerdings zu vergleichsweise hohen Zinsen.

Für die jüngste Eskalation in der Euro-Schuldenkrise hatte die Ratingagentur Moody’s gesorgt. Die Bonitätswächter stuften die Kreditwürdigkeit Spaniens und Zyperns herab. Spanien, immerhin viertgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone, wurde um drei Noten herabgestuft. Damit liegt das Land nur noch eine Note über dem sogenannten Ramschniveau.

Anleger würden angesichts der jüngsten Zuspitzung massiv Mittel aus dem Euroraum abziehen, und auch deutsche Staatstitel seien zunehmend unter Druck, sagte ein Händler. Inzwischen werde die Eurozone auf breiter Front von Investoren „verprügelt“.

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Die Agentur begründete dies mit der Ankündigung der Madrider Regierung, internationale Hilfe für die angeschlagenen Banken des Landes in Anspruch zu nehmen. Dies werde die Schuldenlast des Landes weiter steigen lassen, teilte Moody’s mit.

Das EU-Statistikamt Eurostat bestätigte, dass die geplante Banken-Hilfe von bis zu 100 Milliarden Euro das Defizit des spanischen Staates belasten werde. Die Madrider Regierung bestreitet dies.

Die Ratingagentur betonte, Spanien habe nur noch einen sehr beschränkten Zugang zu den Finanzmärkten. Das Land erhalte fast nur noch Geld von den nationalen Banken, die von der EZB großzügig mit Liquidität versorgt würden, schreib die Agentur. Zudem belaste die anhaltende Schwäche der Wirtschaft die Finanzkraft des Landes.

Den Abwärtssog bremsen konnte Italien: Für zehnjährige Staatsanleihen, die sich meist parallel zu spanischen Papieren entwickeln, fiel bis zum Nachmittag die Rendite um acht Basispunkte auf 6,113 Prozent. Italien wagte sich erstmals mit einer Anleiheauktion an den Markt, seitdem Spanien am Wochenende angekündigt hatte, unter den Rettungsschirm zu schlüpfen.

Zumindest gelang es, drei Anleihen zu platzieren und wie geplant 4,5 Milliarden Euro an frischen Mitteln aufzunehmen. Allerdings stieg das Zinsniveau: Um bis 2015 Geld zu leihen, werden für Italien Zinsen in Höhe von 5,3 Prozent fällig. Bei der letzten vergleichbaren Versteigerung im Mai waren es noch 3,91 Prozent. Anleger, die Papiere mit Laufzeiten bis 2019 und 2020 zeichneten, verlangten sogar mehr als sechs Prozent Zinsen.

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Am Mittwoch hatte das Land bereits 6,5 Milliarden Euro zu deutlich gestiegenen Konditionen am Geldmarkt eingesammelt. Händler zeigten sich trotz der hohen Zinsen erleichtert, dass zuletzt zumindest die Nachfrage mehr als ausreichte, um Papiere bei Investoren unterzubringen.

Gute Nachrichten kamen am Donnerstag aus Deutschland: Koalition und Opposition wollen den umstrittenen europäischen Fiskalpakt wohl am 29. Juni zusammen mit dem Euro-Rettungsschirm ESM verabschieden. Das teilten die Koalitionsfraktionen nach Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Partei- und Fraktionsvorsitzenden in Berlin mit. Der Bundesrat soll in einer Sondersitzung noch am selben Abend entscheiden. Beide Seiten vereinbarten weitere Beratungen, um letzte Unstimmigkeiten auszuräumen.

Die Sorgen um Spanien und Italien schickten den deutschen Aktienmarkt am Donnerstag auf Berg- und Talfahrt. Der deutsche Leitindex Dax schloss 0,23 Prozent tiefer bei 6139 Punkten.

Daniel Rademacher, dpa