Hamburg. Der Club hatte sich wohl eine größere Resonanz bei der Vorstellung des Podcastprojekts erhofft. Unter den Gästen sind einige Promis.
Ob es am gleichzeitigen WM-Halbfinale lag, dem Wissen, sich auch am Sonnabend auf der Mitgliederversammlung zu treffen, oder am Desinteresse am Thema? Auf jeden Fall hatten sich die Verantwortlichen des FC St. Pauli eine größere Resonanz bei der Vorstellung ihres Podcastprojekts „Don’t call it Kultclub“ erhofft als die nur etwa 30 Gäste, die am Dienstagabend den Weg in den Ballsaal Süd des Millerntor-Stadions fanden.
Zumal Präsident Oke Göttlich dort seinen ersten öffentlichen Auftritt nach der intensiv diskutierten Freistellung von Cheftrainer Timo Schultz hatte. Moderator Patrick Gensing räumte dieses Thema gleich mit der ersten Frage an Göttlich nach einer Hörprobe des Podcasts ab.
FC St. Pauli: „Unterschiedliche Meinungen machen diesen Verein aus“
„Unterschiedliche Meinungen machen diesen Verein aus“, sagte der Präsident, „aber unsere Aufgabe ist, die Abwägung zwischen Ambition und Kultur zu treffen.“ Keine Nachfragen – die wird es wohl dann am Sonnabend reichlich geben. Hier am Millerntor sollte es ja auch um den neuen wöchentlichen Podcast gehen.
Als Redakteurin für die Gestaltung der einzelnen Folgen ist die ARD-Redakteurin Carla Reveland verantwortlich, die Gensing aus seinem vorherigen Job in der Faktenfinder-Redaktion des NDR kennt. Museumskurator und Vereinshistoriker Christoph Nagel ordnet geschichtliche Ereignisse um den Club ein und erklärt sie. Dauerkartenbesitzer, Schauspieler und Hörspielsprecher Oliver Rohrbeck (Justus Jonas) moderiert den Podcast. Sie alle waren in der unterhaltsamen Präsentations-Talkshow neben Göttlich zu Gast.
Uli Hoeneß ist beim FC St. Pauli zu Gast
Seit der ersten Idee im August über konkrete Planungen seit September läuft die Arbeit an dem Projekt, zahlreiche Gespräche mit Menschen aus dem St.-Pauli-Kosmos wurden geführt, auch mit eher unerwarteten Gästen wie Uli Hoeneß. „Ist ein anderer Fußball möglich?“, „Politik gehört ins Stadion“, „Das besondere Verhältnis zu Bayern München“, „Input und Prägung des Vereins durch die Fans“ sowie „Millerntor und Viertel“ lauten die Themen der einzelnen Episoden.
Noch nicht als Gast vorgesehen ist St. Paulis Ex-Präsident Corny Littmann. Der aber hat die Trennung von Trainer Timo Schultz kritisiert. „Ich halte das für einen großen Fehler! Es ist ja offensichtlich, dass im Kader jemand fehlt, der Tore macht. Statt den Trainer zu entlassen, sollte man sich eher fragen: Wer hat denn die Neuverpflichtungen zu verantworten?“, sagte Littmann der „Bild“. Der 70 Jahre alte Hamburger Theaterchef kritisiert damit Sportchef Andreas Bornemann und Präsident Oke Göttlich.
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Während seiner Präsidentschaft von 2003 bis 2010 habe er es anders gehalten, meinte er. „Ich habe den Sportchef und Trainer zur Einigkeit gezwungen. Helmut Schulte und Holger Stanislawski konnten sich – vorsichtig gesagt – auch nicht immer leiden, aber wir haben nur Dinge umgesetzt, von denen beide überzeugt waren“, sagte Littmann.
Kurioser Antrag gegen Tragen der Regenbogen-Kapitänsbinde
Für Aufsehen sorgt unterdessen der für die Mitgliederversammlung am Sonnabend eingebrachte Antrag, St. Paulis Kapitän solle keine Armbinde mehr in Regenbogenfarben tragen. Angesichts der Diskussionen um die „One Love“-Binde bei der WM wirkt dieser Antrag in einem Verein, der sich als Vorreiter für Toleranz und Akzeptanz versteht, besonders skurril.
Der Antragsteller beruft sich auf Paragraf 4 der Satzung, in der es heißt: Die Vereinsfarben sind braun-weiß. Daraus folgert er, dass „die Kapitänsbinde in den ,Regenbogenfarben‘ nicht zulässig“ ist. Dieser Schluss ist durch die Satzung aber nicht gedeckt. In den sozialen Medien erntete der Antragsteller harsche Kommentare, zog das Anliegen aber noch nicht zurück.