Der Hamburger Komiker Karl Dall soll im September 2013 eine Journalistin in der Schweiz vergewaltigt haben. Die Anklagevertretung forderte am Dienstag einen Schuldspruch für den 73-Jährigen.
Zürich. Wegen Vergewaltigung soll der deutsche Comedy-Star Karl Dall nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt werden.
Der 73-Jährige sei wegen Vergewaltigung und versuchter Nötigung schuldig zu sprechen, forderte die Anklagevertretung am Dienstag vor dem Bezirksgericht Zürich-Limmat.
Der Entertainer hatte alle Vorwürfe zurückgewiesen. Es sei zwischen ihm und der Klägerin niemals zu sexuellen Handlungen gekommen, betonte Dall. Die rund 30 Jahre jüngere Frau – eine Schweizer Journalistin – hatte Dall vor einem Jahr angezeigt. Demnach soll Dall sie Anfang September 2013 in seiner Suite in einem Zürcher Hotel mit Gewalt zum Sex gezwungen haben.
Die Glaubwürdigkeit der Frau, die in dem Prozess auch als Privatklägerin auftritt, erscheine zwar nicht besonders groß, räumte der Staatsanwalt ein. Zudem stehe Aussage gegen Aussage. Dies mache aber eine Vergewaltigung „nicht von Anfang an unmöglich“.
Die Aussagen der Frau bei ihrer polizeilichen Vernehmung seien zudem durchaus plausibel.
Entertainer Karl Dall hatte zum Auftakt seines Prozesses seine Unschuld beteuert.
„Es ist nie zu sexuellen Handlungen gekommen“, gab der in Hamburg lebende 73-Jährige am Dienstag vor dem Zürcher Bezirksgericht zu Protokoll. Allerdings sei die Schweizer Journalistin in der fraglichen Nacht im September 2013 in einer Hotelsuite tatsächlich zudringlich geworden. Dies sei für ihn aber eher ungewohnt gewesen, betonte Dall. „Ich bin doch nicht George Clooney.“
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Entertainer vor, die Frau in der Hotelsuite in Zürich zum Sex gezwungen zu haben. Zudem soll er der Frau am 6. September 2013 per E-Mail damit gedroht haben, intime Einzelheiten über ihr Leben zu veröffentlichen und ihre Chefin zu unterrichten, sollte sie die Medien über die Ereignisse der vorangegangenen Nacht informieren.
Die 43-Jährige erstattete zwei Monate später Anzeige. Dall, der die Frau in Zusammenhang mit einem Interview kennengelernt hatte, hat die Vorwürfe von Anfang an bestritten.
„Ich kann nicht mehr wie früher“
Er habe die Frau nicht vergewaltigt, sondern vielmehr gehofft, dass sie endlich nach Hause gehe, zitierte die Schweizer Nachrichtenagentur SDA den 73-Jährigen. Dall habe auf eine Prostata-Operation verwiesen: Er sei zwar nicht impotent, aber er könne nicht mehr wie früher. Es sei aber ohnehin nichts vorgefallen, kein Geschlechtsverkehr, geschweige denn eine Gewalttat, sagte Dall demnach. Den Kontakt zur Klägerin bezeichnete der Entertainer als „unangenehm“. Die Frau sei zudringlich gewesen, habe ihn drangsaliert und bedrängt.
Dall will die Klägerin in der mutmaßlichen Tatnacht nur angefasst haben, um sie sanft aus der Suite des Zürcher Hotels zu entfernen. Sie habe dabei völlig die Fassung verloren, rumgeschrien und ihn beschimpft, sagte Dall dem Bericht zufolge. Dann habe sie ihn plötzlich wieder abknutschen wollen, ihm ihre Brüste gezeigt und ihm in den Schritt gefasst. „Ich sagte ihr, sie soll damit aufhören“, zitierte die Agentur den Komiker weiter.
Nach den Vorfällen sei er schließlich irgendwann ins Bett gegangen und habe schlafen wollen, sagte Dall. Er habe eingeräumt, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ganz nüchtern gewesen sei. Sie seien am Morgen aufgestanden, und „irgendwann hat sie dann endlich die Kurve gekratzt“. Er habe sie an dem Morgen nicht vergewaltigt. „Nichts davon ist wahr“, betonte Dall, der laut SDA einen gefassten, sicheren Eindruck machte.
Journalisitn beschreibt „schlimmste Nacht meines Lebens“
Die Staatsanwaltschaft führte nach eigenen Angaben seit November 2013 Ermittlungen gegen Dall. Die Anklage wurde im September erhoben. Das mutmaßliche Opfer ist laut SDA bekannt dafür, dass es auch schon anderen Prominenten nachstellte, unter anderem den Musikern Jürgen Drews und Udo Jürgens. Deswegen sei sie auch bereits angezeigt worden. Dall ist seit 1971 verheiratet und hat eine Tochter.
Die Schweizerin blieb am Dienstag vor Gericht ebenfalls bei ihrer Darstellung des Geschehens in der fraglichen Nacht in dem Hotel. Ihre Aussagen bei der Polizei seien korrekt gewesen, sagte sie auf Frage des Richters. „Es war die schlimmste Nacht meines Lebens.“ Auch die Journalistin hat seitdem nach eigenen Angaben mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
Dall erhält keine Aufträge mehr
Dall war 1967 Gründungsmitglied der humoristisch-anarchistischen Gruppe „Insterburg & Co.“ („Ich liebte ein Mädchen“). Mit „Diese Scheibe ist ein Hit“ oder „Heute schütte ich mich zu“ hatte er als Sänger Erfolge. Richtig ins Rollen kam seine Karriere, als er 1985 beim frisch gegründeten Privatsender RTL auf Sendung ging. In der Show „Dall-As“ und später bei „Jux und Dallerei“ (1992-1994/Sat.1) teilte er gegen seine Gäste aus.
Dall sagte am Dienstag vor Gericht, seit Bekanntwerden der Vorwürfe habe er keine neuen Aufträge mehr erhalten. „Die Drehbücher ruhen, solange dieser fürchterliche Verdacht besteht.“ Er habe seitdem Herzprobleme und müsse auch regelmäßig Medikamente einnehmen.