Mit Herrenwitzen hat Karl Dall eifrig an seinem Ruf als Macho poliert. Doch ein loses Maul macht noch keinen Vergewaltiger. Nun hat ihn eine Frau vor Gericht gebracht, die als Stalkerin bekannt ist.

Zürich. Diese Scheibe war ein Hit: „Ich bin der Mann von dem man träumt.“ Karl Dall nahm die Single 1990 auf. Man lachte über seine Mimik zu lustigen Reimen: „Ich bin die Sünde in Person, die meisten Mädels wissen's schon... Ich bin kein simples Lustobjekt, das unter jeder Decke steckt.“ Da war der norddeutsche Blödelbarde 49. Mit 73 hat er nun einen Auftritt vor Gericht in Zürich. Ganz ohne Jux und Dallerei. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, eine Journalistin vergewaltigt zu haben.

Dall hat dies energisch bestritten. Um seine Ehre will er kämpfen: „Ich werde nicht als Gewalttäter in die ewigen Jagdgründe eingehen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Dafür werde ich kämpfen.“ Auf Vergewaltigung steht in der Schweiz Gefängnis bis zu zehn Jahren. Vier Tage saß Dall in U-Haft. „Ich wurde in Handschellen zur Vernehmung gebracht“, berichtete er. Er sei froh, dass es zum Prozess komme, sagte der Kult-Komiker der „Bild“. „Nun kann meine Unschuld endlich bewiesen werden.“

Alles hängt wohl davon ab, wie das Gericht das Geschehen in der Nacht vom 5. auf den 6. September 2013 in Dalls Suite des Zürcher Hotels Renaissance Tower beurteilt. Wie Schweizer Medien unter Berufung auf die Anklage berichteten, hat die 43-jährige Journalistin aus Solothurn erklärt, sie habe nach einer langen, anstrengenden Nacht zwar eingewilligt, mit Dall im selben Bett zu schlafen. Sie habe aber klar gemacht, dass Sex nicht in Frage komme. Doch der Angeklagte habe sich über sie hergemacht, kaum dass sie eingeschlafen sei. „Trotz Gegenwehr und Flehen sei Dall dreimal in sie eingedrungen“, schrieb die Zeitung „Der Bund“. Dall beteuerte, es habe keinen Sex gegeben.

„E-Mail-Verkehr der schlüpfrigen Art“

Rund zwei Wochen vor der verhängnisvollen Nacht hatte die Journalistin den Komiker telefonisch interviewt. Danach habe sich zwischen den beiden „ein E-Mail-Verkehr der schlüpfrigen Art“ entwickelt, wie es die Schweizer Nachrichtenagentur SDA formulierte. Dadurch habe sich die Frau nicht belästigt gefühlt. Schließlich das Treffen im Hotel.

In Dalls Suite – so schildern Schweizer Medien übereinstimmend – habe man sich zunächst die Aufzeichnung einer Talkshow mit dem Entertainer angeschaut. Danach habe er ein Spielcasino aufgesucht. Die Frau – einst spielsüchtig – habe ihn gefahren, aber lieber im Auto gewartet. Stunden später, gegen 3 Uhr, die Rückfahrt. Weil sie zu müde gewesen sein, noch nach Hause zu fahren, habe sie die Einladung zur Übernachtung bei Dall angenommen.

Angezeigt hat sie den Komiker erst zwei Monate später. Die Polizei nahm ihn nach einem Auftritt in St. Gallen fest, wo Dall in seinem Stück „Der Opa“ auf der Bühne stand. Eine Weile sah alles nach einem klassischen „Vier-Augen-Patt“ aus. Zwei Aussagen, die sich widersprechen, sonst nichts.

Dann hieß es, die Frau habe Tonaufnahmen gemacht. Dall habe ihr gesagt, sie sei eine „Granate im Bett“. Das habe sie unbedingt hören wollen, obwohl es keinen Sex gab, sagte er der „Bild“. „Ich habe es nur gesagt, damit sie geht und ich endlich meine Ruhe habe.“

„Eine ganze Liste von Prominenten gestalkt“

Abwegig erscheint das keineswegs. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass die Frau seit Jahren krankhaft als Stalkerin unterwegs ist. Die Journalistin habe „eine ganze Liste von Prominenten im In- und Ausland gestalkt“, berichtete „Der Bund“: von Schweizer Politikern bis zu Musikstars wie Udo Jürgens und Jürgen Drews.

Drews habe 2009 Anzeige erstattet, nachdem die Frau ihm Fotos ihrer nackten Brüste geschickt und mit Mord gedroht habe, berichtete die Wochenzeitung „Die Zeit“. 2006 sei sie bei einem Konzert von Udo Jürgens festgenommen worden. Auch ihn soll sie mit Anrufen belästigt und dabei mit Mord gedroht haben.

Karl Dall – zu seinen Hits gehören auch „Millionen Frauen lieben mich“ und „Der älteste Popper der Stadt“ – will davon nichts geahnt haben. Ob der alte Mann ein Vergewaltiger ist oder das Opfer einer Stalkerin, muss nun das Gericht entscheiden.