Die Behörde hatte das Mädchen unter Vorlage falscher Papiere angemeldet. Hilfsorganisation „Lächeln des Kindes“ erhält nach Suchaufruf Tausende E-Mails und 8000 Anrufe aus aller Welt. Falsche Eltern in U-Haft.
Athen. Der Fall der mutmaßlich entführten kleinen Maria hat in der Athener Stadtverwaltung zu Konsequenzen geführt. Am Montag stellte der Bürgermeister der griechischen Hauptstadt, Jorgos Kaminis, vier leitende Standesbeamte vom Dienst frei.
Das Auffinden des Mädchens am Donnerstag hatte große Unregelmäßigkeiten vor allem im Athener Standesamt aufgezeigt, wo das Kind erst in diesem Frühjahr unter Vorlage falscher Papiere angemeldet wurde.
Laut Medienberichten stieg die Zahl der nachträglich eingereichten Registrierungen von Geburten seit 2011 in Athen auf das achtfache. Viele Anträge beträfen mehr als ein Kind, oft sei der Vater unbekannt und die meisten Antragsteller kämen aus Gemeinden mit großer Roma-Population.
Derweil bleiben Marias vorgebliche Eltern in Untersuchungshaft. Dies ordnete ein Gericht am Montag an. Sie sollen das fünf bis sechs Jahre alte Mädchen möglicherweise entführt haben.
Maria war in einer Roma-Siedlung im mittelgriechischen Farsala entdeckt worden war, die echten Eltern sind unbekannt. Die beiden Verdächtigen weisen die Vorwürfe zurück. Die Polizei veröffentlichte am Montag auch ein Bild des Paares.
Die 40 Jahre alte Frau und ihr ein Jahr jüngerer Partner hatten das kleine Mädchen als ihre Tochter ausgegeben. Ein Erbguttest wies jedoch nach, dass sie nicht verwandt sind. Seither suchen die Behörden weltweit nach den wahren Eltern.
Tausende Hinweise aus aller Welt
Nach dem Suchaufruf seien Tausende E-Mails und 8000 Anrufe aus aller Welt eingegangen, unter anderem aus den USA, Skandinavien, Australien und Südafrika, erklärte die Hilfsorganisation Lächeln des Kindes in Athen, die sich um das „Maria“ genannte Mädchen kümmert.
Nach Zahn- und anderen Untersuchungen wurde das mutmaßliche Alter des Mädchens korrigiert. Es sei wohl fünf oder sechs Jahre alt, nicht vier, wie ursprünglich mitgeteilt.
Die angeblichen Eltern erschienen am Montag vor dem Gericht in Larissa. Auf das Delikt der Kindesentführung, das ihnen zur Last gelegt wird, steht eine Höchststrafe von zehn Jahren Haft. Die Ermittler prüfen aber auch Vorwürfe des Sozialbetrugs und des Kinderhandels.
Die Beschuldigten hatten erklärt, sie hätten das Kind adoptiert, als es wenige Tage alt war. Ihr Verteidiger sagte, ihr Motiv sei Mildtätigkeit. Sie seien von einem Mittelsmann angesprochen worden, der ihnen gesagt habe, das Kind stamme von einer bettelarmen ausländischen Mutter, die es nicht großziehen könne.
Paar soll 14 Kinder haben
Die Polizei begründet den Verdacht der Entführung unter anderem damit, dass das Paar sich offenbar illegal offizielle Dokumente wie Geburtsurkunden beschafft hatte. Die Polizei verwies zudem auf weitere mögliche Betrugsversuche: Die Frau habe vorgegeben, sechs Kinder innerhalb von weniger als zehn Monaten geboren zu haben.
Insgesamt hat das Paar nach eigenen Angaben 14 Kinder, davon zehn eigene. Es ist unklar, ob die 14 Kinder tatsächlich existieren, oder das Paar gefälschte Urkunden besorgte, um das griechische Sozialsystem zu betrügen.
Die beiden Verdächtigen hätten für die Kinderschar 2500 Euro Fördergeld im Monat von drei verschiedenen Städten erhalten, in denen sie ihre Kinder angemeldet hätten. Dem Mann werden zudem zusammen mit anderen Bewohnern der Siedlung unerlaubter Waffenbesitz und Drogendelikte vorgeworfen.
„Der Fall hat den Nerv vieler Menschen überall auf der Welt berührt“, sagte Panayiotis Pardalis, Sprecher der Organisation Lächeln des Kindes. „Wir haben Fotos bekommen, auf denen vermisste Kinder zu sehen sind, und haben einige an die Polizei weitergeleitet, aber es gibt auch – und das ist die Mehrheit – Leute, die ihr Mitgefühl und ihre Unterstützung mitteilen.“ Es seien nur relativ wenige verwertbare Hinweise dabei, die der Polizei weitergegeben worden seien.
Die Polizei hatte das Mädchen vergangene Woche bei einer Drogen- und Waffen-Razzia in einem Roma-Lager nahe der Stadt Farsala entdeckt. Es war aufgefallen, weil es blond und blauäugig war und auch sonst ihren angeblichen Eltern überhaupt nicht ähnlich sah.