Die Französin Tristane Banon wirft dem einstigem Bank-Chef Vergewaltigung vor. Jetzt enthüllt ihre Mutter: Sie hatte selber Sex mit ihm.

Paris. Hat Dominique Strauss-Kahn, 62, versucht, die Autorin Tristane Banon, 32, zu vergewaltigen - nachdem er zuvor mit deren Mutter eine Affäre hatte? Das ist die Frage, die sich nach den jüngsten Enthüllungen in der an bizarren Wendungen nicht armen Saga um den ehemaligen Direktor des Internationalen Währungsfonds stellt.

Anne Mansouret, Mutter der Schriftstellerin Tristane Banon, die Anfang Juli wegen eines acht Jahre zurückliegenden Vorfalls eine Vergewaltigungsklage gegen Strauss-Kahn eingereicht hatte, hat angeblich vergangene Woche während einer Anhörung vor der Pariser Polizei ausgesagt, sie habe selbst eine Affäre mit DSK gehabt. Diese sei "in beiderseitigem Einvernehmen, aber eindeutig brutal" verlaufen und habe in einem Büro der OECD in Paris stattgefunden. Strauss-Kahn war im Jahr 2000 zum Berater des Generalsekretärs der OECD ernannt worden. Anne Mansouret war seit Langem mit ihm bekannt, sie war eine enge Freundin der ersten Ehefrau des sozialistischen Politikers, Brigitte Guillemette. Diese wiederum ist die Patentante von Tristane Banon.

Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter ist kompliziert

Das Geflecht dieser Beziehungen könnte ein Grund dafür sein, dass Anne Mansouret ihrer Tochter 2003 abriet, gegen Strauss-Kahn Klage zu erheben, vermutet das Nachrichtenmagazin "L'Express", das Anne Mansourets Aussagen auf seiner Internetseite verbreitete. Die inzwischen 65 Jahre alte Mutter ist selbst Sozialistin und Vizepräsidentin des Regionalparlaments des Departements Eure. Mit ihrer Tochter unterhält sie eine komplizierte, aber von Offenheit geprägte Beziehung. Banon, deren literarische Versuche allesamt autobiographisch inspiriert sind, schildert sie als abwesende Karrierefrau, welche die Erziehung ihrer Tochter einem prügelnden Kindermädchen überließ. Die Jungautorin, die sich gegen Vorwürfe verwahrt, sie sei "seelisch instabil" oder "geltungssüchtig", ließ sich in der vergangenen Woche für die Illustrierte "Paris Match" in einem Kornfeld ablichten und zeigte ihr neues Tattoo: Am Tag, an dem sie ihre Vergewaltigungsklage einreichte, hat sie sich auf den rechten Arm den Satz "Nie fliehen, weitermachen" stechen lassen.

Anfang 2003 hatte Tristane Banon Strauss-Kahn abends in dessen Pariser Zweitwohnung besucht, um ihn für ein Buchprojekt zu interviewen. Dabei, so wirft Banon ihm heute vor, soll der Politiker versucht haben, sie zu vergewaltigen. Den Vorfall berichtete sie damals umgehend ihrer Mutter, doch diese riet ihr davon ab, Klage einzureichen. Nachdem DSK Mitte Mai wegen des Verdachts, in einem New Yorker Hotel ein Zimmermädchen vergewaltigt zu haben, verhaftet worden war, habe Anne Mansouret zwei Monate lang überlegt, berichtet nun der "Express". Zur Enthüllung ihrer Affäre mit Strauss-Kahn - die sie lange auch vor ihrer Tochter verbarg - entschloss sie sich nun, um das von Freunden Strauss-Kahns gezeichnete Bild des "unbelehrbaren Verführers", der zwar ein "Homme à femmes" sei, aber keiner Frau je etwas zuleide tun könne, zu korrigieren. Laut "Express" soll sie Strauss-Kahn als sexuelles Raubtier beschrieben haben, das nicht gefallen wolle, sondern erbeuten. Strauss-Kahns Benehmen sei von der "Obszönität eines Haudegens", und die sexuelle Begierde löse bei ihm das Bedürfnis zu unterwerfen aus, erzählte Madame Mansouret der Polizei.

Sie schilderte zudem detailreich die Vorgänge vom 11. Februar 2003. Demnach habe ihre Tochter sie an diesem Abend aufgelöst angerufen, nachdem sie das Apartment fluchtartig verlassen hatte, das Strauss-Kahn für spezielle Gelegenheiten in der Rue Mayet im VI. Pariser Arrondissement unterhielt.

Nachdem ihre Tochter ihr von dem Sex-Angriff berichtet habe, habe sie Strauss-Kahns Ex-Frau Brigitte Guillemette angerufen. Diese habe ihr erklärt, sie wisse zwar, dass er sich unangemessen gegenüber Studentinnen benommen habe, sie hätte jedoch nie gedacht, dass er so weit gehen würde. Daraufhin soll Guillemette ihren Ex-Mann angerufen und zur Rede gestellt haben. Er soll ihr sinngemäß erklärt haben: "Ich weiß auch nicht, was über mich gekommen ist. Ich hab mit der Mutter geschlafen. Mir ist ein Kabel durchgebrannt, als ich die Tochter gesehen habe."

Ein Staatsanwalt riet Mutter und Tochter von einer Anzeige ab

In der Folge nahm Anne Mansouret Kontakt zu einem Pariser Staatsanwalt auf, um sich nach den Erfolgsaussichten einer Klage ihrer Tochter zu erkundigen. Die Antwort war ernüchternd: geringe Chancen mangels Beweisen. Dominique Strauss-Kahns Anwälte reagierten bislang nicht auf die neuen Erklärungen von Anne Mansouret, sondern beließen es dabei, auf die Verleumdungsklage hinzuweisen, die ihr Mandant als Antwort auf die Klage von Tristane Banon eingereicht hat.