Gutachten stuft Genehmigung der Loveparade von Duisburg als rechtswidrig ein. Oberbürgermeister Sauerland entschuldigt sich ein Jahr nach der Katastrophe mit 21 Toten. Reaktionen der Presse.
Duisburg. Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat knapp ein Jahr nach der Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg mit 21 Toten am Montag ihr Gutachten vorgestellt. Demnach sei die von der Stadt mitgeplante und genehmigte Veranstaltung in diesem Ausmaß rechtswidrig gewesen. Oberbürgermeister Adolf Sauerland entschuldigte sich offiziell, erntet dafür aber allerdings auch Kritik.
Die Neue Osnabrücker Zeitung schreibt: "Die Staatsanwaltschaft zweifelt die Rechtmäßigkeit der Genehmigung zwar an, doch nur sehr bruchstückhaft; man beruft sich auf ausstehende Untersuchungen. Und es ist einmal mehr Duisburgs Oberbürgermeister Sauerland, der sich offenbar nicht einmal eine leise Schuldzuweisung zumuten will: Er wiegelt sofort ab, besteht auf der Unschuldsvermutung, solange kein Urteil gefällt ist. Wie zynisch muss das den Betroffenen vorkommen?"
Die Düsseldorfer "Rheinische Post“ schreibt: "Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland hat nach der Katastrophe der Loveparade schon früher sein Bedauern über eigene Fehlleistungen ausgesprochen. Zu einer Übernahme der moralischen Verantwortung hat er sich jedoch erst gestern, kurz vor dem Jahrestag des Unglücks, durchringen können. Konsequenzen zieht Sauerland nicht. Was noch vor wenigen Monaten ein Befreiungsschlag in eigener Sache hätte werden können, wurde gestern zu einem PR-Auftritt mit Beigeschmack. (...) Selbst wenn er es – wofür einiges spricht – ehrlich meint: Eine Entschuldigung wirkt in dieser Situation wie ein taktischer Winkelzug.“
+++ Gutachten: Genehmigung der Loveparade war rechtswidrig +++
Der "Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt: "Niemand hätte den Oberbürgermeister davon abgehalten, wenn er in den ersten Tagen nach der Katastrophe eine Sondersitzung des Rates einberufen und die so wichtigen Worte schon damals, im Juli 2010 gesprochen hätte. Niemand hätte ihm aus einer Entschuldigung und der Übernahme der Verantwortung einen juristischen Strick gedreht. Zur moralischen gehört aber auch die politische Verantwortung. Das wusste und weiß Adolf Sauerland. Der Eindruck, den man seit dem Unglück von dem Politiker haben musste, ist zur Gewissheit geworden: Sauerland ist mit seinem Amt überfordert.“
Die "Neue Presse“ (Hannover) schreibt: "Kurz vor dem Jahrestag der Katastrophe wird deutlich, wie sehr die Macher ihre Kompetenzen überschätzten. Frei nach dem Motto 'Wir werden das Ding schon durchziehen'. Hauptsache, die Rechnung geht am Ende auf. Diese Jagd nach dem Superlativ kostete 21 junge Menschen das Leben. Dass die Staatsanwaltschaft nicht aufgibt – auch wenn sich die Ermittlungen noch Monate hinziehen -, ist angesichts des Ausmaßes der Tragöde nur konsequent. Konsequent wäre allerdings auch gewesen, wenn Oberbürgermeister Adolf Sauerland gleich nach dem Unglück seinen Chefsessel im Rathaus geräumt hätte. Seine knappe Entschuldigung von gestern kommt nicht nur ein Jahr zu spät, sie wirkt vor dem Hintergrund der aktuellen Ermittlungsergebnisse vor allem erzwungen und peinlich. Fest steht: Die entscheidenden Fehler wurden im Rathaus begangen. Dort sollten spätestens jetzt auch die Entscheider gehen."
Die "Märkische Oderzeitung“ (Frankfurt/Oder) schreibt: "Oberbürgermeister Adolf Sauerland hat sich offiziell entschuldigt. Ein Jahr zu spät. Von Schuld im rechtlichen Sinne will er immer noch nichts wissen. Der von ihm verwendete Begriff 'moralische Verantwortung' ist jedenfalls definitiv zu schwach. Wenn es stimmt, dass die Entscheidungsträger der Loveparade damals bewusst ferngeblieben sind, um ihren Verpflichtungen nicht nachkommen zu müssen, ist das erschreckend aussagekräftig. Die Schuldigen müssen bestraft werden – und die Sensibilität für Sicherheitsfragen wachsen. Damit niemand mehr solch eine große Schuld auf sich lädt.“