Techniker nach erneutem Ausfall von ICE- Klimaanlagen ratlos. Fahrgäste müssen noch mindestens zwei Jahre mit Problemen rechnen
Berlin. Das war kein schönes Reisewochenende für Bahnfahrer. Jedenfalls nicht für alle. Denn etwa so pünktlich wie der Fahrplan, im gefühlten Ein-Stunden-Takt, häuften sich am Sonntagabend die Pannenmeldungen: Am Ende waren in 20 Fernverkehrszügen die Klimaanlagen in einzelnen oder mehreren Wagen ausgefallen; die Reisenden hatten zum Teil in andere Züge umsteigen müssen.
Ein ICE hatte in Bielefeld einen Komplettausfall der Klimaanlagen, konnte aber die Fahrt nach 47 Minuten fortsetzen. Vier weitere Züge mussten wegen des hohen Reiseaufkommens teilgeräumt werden, in Jena kam es zu teils heftigen Wortgefechten zwischen Reisenden und dem Bordpersonal. "Wir bedauern die Unannehmlichkeiten für unsere Reisenden außerordentlich. Uns ist bewusst, dass die Räumungen, auch wenn sie zur Sicherheit unserer Kunden erfolgen, mit großen Komforteinschränkungen verbunden sind", sagte Ulrich Homburg, Vorstand Personenverkehr der Bahn AG. "Auch in Zukunft können trotz der umfangreichen technischen Maßnahmen, die ergriffen wurden, Ausfälle an einzelnen der rund 3300 klimatisierten Wagen im Fernverkehr nicht ausgeschlossen werden. Soweit notwendig, bitten wir unsere Kunden, andere Wagen aufzusuchen, damit die Fahrt schnellstmöglich fortgesetzt werden kann."
Das Gute an dieser Stellungnahme von gestern Abend ist: Die Reisenden werden schon mal vorgewarnt, dass sie auch in diesem Jahr mit Ausfällen von Klimaanlagen im Vorzeigereisezug der Bahn rechnen müssen. Das Schlechte ist: Der Hochsommer hat noch nicht einmal angefangen, und trotz der Klima-Katastrophen des vergangenen Jahres bekommt die Bahn das Klimaanlagen-Problem nicht in den Griff.
Noch immer besteht bei hochsommerlichen Temperaturen das Risiko der Überbelastung der Klimaanlagen, insbesondere bei starker Besetzung der Züge. Dabei will die Bahn umfangreiche Maßnahmen ergriffen haben, um die Funktionsfähigkeit der anfälligen Anlagen auch unter Hochlast zu stabilisieren. Die kurzfristigen Maßnahmen seien bereits alle umgesetzt, die mittelfristigen planmäßig in die Wege geleitet. Die Bahn verrät nur nicht, welche Maßnahmen dies sind. "Man muss damit rechnen, dass rund zwei Prozent der Anlagen kurzfristig ausfallen können", sagte eine Sprecherin.
Vorstand Homburg hatte im Mai noch angekündigt, dass die Bahn bis 38 Grad Außentemperatur einen stabilen Betrieb der Klimaanlagen gewährleisten würde. Allerdings hatte er auch die Erwartungen für einen reibungslosen Sommerbetrieb 2011 gedämpft: Zwar habe die Bahn die Anlagen besonders in den ICE-2-Zügen nachgebessert, komplett werde man aber erst mittelfristig das Problem bei hohen Temperaturen völlig in den Griff bekommen. Züge, in denen Klimaanlagen nicht funktionieren, werde man sofort aus dem Verkehr ziehen. "Denn wir wollen kein zweites Bielefeld haben", sagte Homburg und erinnerte an die Schüler, die im vergangenen Jahr wegen der Hitze im Zug kollabiert waren.
Optimistischer hatte da bereits der Bahn-Technikvorstand Volker Kefer geklungen: "Wir glauben, dass es besser wird", sagte er. Allen Problemen dürfte nicht vorzubeugen sein. Mit einer endgültigen Besserung sei frühestens in zwei Jahren zu rechnen. Dann sollen neue Stromrichter für mehr und eine gleichmäßig hohe Spannung sorgen.
Sollten Klimaanlagen defekt sein, ist das Bordpersonal angehalten, die Reisenden zu bitten, andere Plätze einzunehmen. Wenn die Züge sehr voll seien, wie an diesem Wochenende geschehen, müssen Passagiere aussteigen. Es sei nachvollziehbar, dass diese Maßnahme auf Unverständnis stoße, heißt es von Seiten der Bahn. Kaputte Klimaanlagen seien kein Komfortproblem, sondern ein Sicherheitsproblem.