Taxifahrer steigen mitten auf der Straße aus ihren Autos, Schüler versammeln sich, der Nahverkehr steht still: Gedenken an die Opfer des Busunglücks.
Brüssel. Versunken in Trauer: Mit einer Schweigeminute haben Belgien und die Niederlande der 28 Toten des Busunglücks in der Schweiz gedacht. Um 11 Uhr unterbrachen am Freitag zur Staatstrauer in Belgien Hunderttausende Menschen ihren normalen Tagesablauf. In den Niederlanden wehten die Fahnen auf halbmast. Die Särge mit den Leichen der 22 Kinder und 6 Erwachsenen wurden mit Militärmaschinen zum Flughafen Melsbroek in Brüssel gebracht.
Bei dem Busunglück waren am Dienstagabend in der Schweiz 28 Menschen umgekommen, darunter vor allem Belgier aber auch sechs Kinder aus den Niederlanden. Das niederländische Kabinett kam zu einer Schweigeminute zusammen. Königin Beatrix will einen persönlichen Vertreter zu einer offiziellen Trauerfeier am kommenden Mittwoch im belgisch-niederländischen Grenzort Lommel entsenden. An der Feier nimmt auch der belgische König Albert II. teil.
Eine der beiden Schulklassen aus Belgien kam aus Lommel, die andere aus Heverlee bei Löwen. 24 Kinder wurden verletzt, als der Bus in einem Tunnel im Wallis an eine Wand prallte. Vier Kinder sind nach wie vor nicht transportfähig. Sechs weniger schwer verletzte Kinder waren in der Nacht zum Freitag mit ihren Angehörigen nach Brüssel geflogen worden.
Der Autobahntunnel bei Siders
Belgien in Trauer – Busunfall gibt Rätsel auf
In Belgien läuteten zum nationalen Trauertag nach der Schweigeminute die Kirchenglocken. In allen Schulen des Landes versammelten sich die Schüler auf den Schulhöfen. Baukräne standen still, Taxifahrer stiegen mitten auf der Straße aus ihren Fahrzeugen. Die meisten Busse und Trambahnen in der belgischen Hauptstadt Brüssel und in anderen Orten stoppten ihre Fahrt. Rundfunk- und Fernsehsender blieben für eine Minute still. Auf den Straßen blieben viele Menschen stehen und verharrten in stillem Gedenken.
Im belgischen Parlament, aber auch in Parlament, Kommission und Ministerrat der EU in Brüssel gab es Gedenksitzungen, oder die Beschäftigten beteiligten sich an der Schweigeminute. Büroangestellte von Behörden und Unternehmen traten Seite an Seite mit Köchen, Wachleuten und Generaldirektoren vor die Türen der Verwaltungsgebäude und hielten auf den Bürgersteigen inne. Die Ursache der Katastrophe vom Dienstagabend, als der Bus mit zwei belgischen Schulklassen nach einem Skiurlaub auf der Heimreise verunglückte, ist nach wie vor ungeklärt. Belgische Medienberichte, wonach der Fahrer des Busses durch das Wechseln einer DVD abgelenkt worden sei, wiesen die belgische Busvereinigung FBAA und die Firma Toptours, der Besitzerin des Unglücksbusses, zurück. Die Polizei sprach von einer „reinen Spekulation“.
Die Schweizer Behörden gingen weiter von drei Szenarien aus: einer technischen Panne, menschlichem Versagen oder einem akuten Gesundheitsproblem des Fahrers. Experten wurden beauftragt, die Baunormen für Tunnel unter die Lupe zu nehmen. Dabei geht es vor allem um die rechtwinkligen Mauern von Notfallbuchten. Der Bus war gegen eine solche Mauer gerast.
Die Kritik an der Berichterstattung der Medien hielt an. Die belgische Regierung kritisierte die Veröffentlichung von Fotos der getöteten Kinder. Dass mehrere belgische Medien Bilder der Schüler gezeigt hätten, gehe zu weit, sagte die für Medien zuständige flämische Ministerin Ingrid Lieten nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga dem Radiosender VRT am Freitag: „Es gibt aber Grenzen, die man nicht überschreiten sollte.“ Es gebe aber einen Unterschied, ob Bilder etwa in Sozialen Netzwerken zu sehen seien oder im großen Stil veröffentlicht würden, sagte sie.
Schon am Donnerstagabend hatte Regierungschef Elio di Rupo vor allem ausländische Reporter nachdrücklich aufgefordert, die Privatsphäre der Oper und ihrer Familien zu respektieren. (dpa/abendblatt.de)