Trotz ihres Ausreiß-Versuchs muss Laura Dekker nicht ins Kinderheim, sondern darf weiter bei ihrem Vater wohnen.
Amsterdam. Für Hollands 14-jährige Solo-Seglerin hat es ein Weihnachtswunder gegeben: Trotz ihres Ausreiß-Versuchs muss Laura Dekker nicht ins Kinderheim, sondern darf weiter bei ihrem Vater wohnen. Obendrein kann sie sich dank verständnisvoller Richter wieder Hoffnung machen, im Sommer zu ihrem Rekordversuch starten zu dürfen, als jüngster Mensch allein die Welt zu umsegeln. Mit dieser überraschenden Wendung ging am Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung des zuständigen Familiengerichts in Utrecht zu Ende.
Die drei Richter wiesen den Antrag des Jugendamtes ab, Laura wegen Schulschwänzens und schlechter Leistungen sowie vor allem wegen ihrer „Flucht“ auf die Karibik-Insel Sint Maarten von ihrem Vater Dirk Dekker wegzuholen. „Künftig wollen alle Beteiligten für das Wohlergehen Lauras zusammenarbeiten“, sagte eine Sprecherin der Familie. Laura sei „unendlich glücklich über diese Entscheidung“. Der Urteilsverkündigung war das Mädchen aus Angst ferngeblieben, dass ihre Weltumseglungspläne erneut einen Rückschlag erleiden würden.
Ein Sprecher des Jugendamtes bestätigte, die Behörde wolle künftig „konstruktiv“ an einem Plan mitarbeiten, der es Laura ermöglichen soll, im kommenden Sommer mit ihrer 8,30 Meter langen Jacht „Guppy“ zu der Weltumseglung aufzubrechen. Die Behörde reagierte damit auch auf den Vorwurf der Großeltern Lauras, gefühlskalte Bürokraten und Paragrafenreiter würden mit ihrer Verweigerungshaltung Lauras junge Seele zerstören. Das hatten die Eltern ihres Vaters in einem Zeitungsartikel erklärt.
Laura war in der vergangenen Woche verschwunden und wenig später auf der niederländischen Karibik-Insel Sint Maarten festgenommen worden. Dienstag kehrte sie nach Holland zurück. Seitdem hatte vieles darauf hingedeutet, dass die Behörden nicht nur eine Heimeinweisung, sondern auch eine erhebliche Verzögerung des Starts zu der Weltumseglung vor Gericht durchsetzen würden.
Nun aber lobte der Anwalt der 14-Jährigen die Richter, gegen die er noch am Vortag vergeblich eine Befangenheitsantrag gestellt hatte. Sie hätten verstanden, was für Laura das Beste ist. Statt unerfüllbarer Bedingungen hätten sie nun Kurs genommen auf realisierbare Aufgabenstellungen für die Vorbereitung Lauras auf ihre große Weltreise, berichtete Peter de Lange. „In den Schulferien soll sie dafür Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel bei Segeltörns nach Dänemark oder England.“
In der von Beteiligten als „sehr offen und aufrichtig“ beschriebenen Aussprache vor Gericht, gab Laura durch ihren Anwalt zu, dass sie auf Sint Maarten ein Segelboot kaufen wollte, um damit ihre Weltreise-Pläne zu verwirklichen. Sie habe eine Jacht ins Auge gefasst, die jedoch noch reparaturbedürftig gewesen sei, sagte ihr Anwalt.
Bevor es zu dem Kauf kam endete Lauras Karibik-Abenteuer am Wochenende mit ihrer Festnahme durch die Inselpolizei. Lauras deutsche Mutter Babs Müller – die Eltern sind seit 2002 geschieden - zeigte sich nach Angaben des Anwalts bei der Anhörung vor dem Gericht „sehr enttäuscht darüber“, dass die Richter das Mädchen nicht in ihre Obhut geben wollten. Die Mutter war bislang strikt gegen den Rekordversuch ihrer Tochter. Der Vater Dirk Dekker unterstützt ihn hingegen rückhaltlos.
Ende Oktober hatte das Familiengericht das Sorgerecht der Eltern eingeschränkt und ihnen verboten, Laura in See stechen zu lassen. Es hatte aber erlaubt, dass das Mädchen bei seinem Vater wohnt und zugesagt, Lauras Vorhaben bis zum 1. Juli 2010 erneut zu prüfen. Bei diesem Termin bleibt es auch nach der jetzigen Entscheidung.
Wie Lauras Anwalt weiter berichtete, war der Auslöser für ihre Karibik-Flucht, dass das Jugendamt in der vergangenen Woche gedroht hatte, sie der Obhut ihres Vaters zu entziehen. Aus Verzweiflung darüber sei Laura abgehauen. Laura sei nach Paris gefahren und von dort aus nach Sint Maarten geflogen. Dabei habe sie ihren neuseeländischen Pass benutzt. Da Laura während einer Weltreise ihrer Eltern auf einem Segelboot in Neuseeland geboren wurde, hat sie auch die Staatsbürgerschaft dieses Landes.