Die Ermittler rätseln. Auch einen Tag nach der Entdeckung von vier Babyleichen tappen die Ermittler in Berlin im Dunkeln.
Berlin. Der Fall macht betroffen. In einer Wohnung in Berlin-Charottenburg werden die Leichen von vier Babies entdeckt. Ihre kleinen Körperchen sind schon in mehrere Einzelteile zerfallen, ihre Gliedmaßen stark verwest. Der Fundort genauso bizarr: ein verstecktes Fach in einem Hocker. Und die die Mutter der Kinder ist ebenfalls tot: Die unverheiratete 46-jährige Frau nahm sich im Juli mit einem Sprung aus dem 12. Stock ihres Wohnhauses das Leben. Die schreckliche Entdeckung schockiert viele Berliner. Doch ob das Rätsel um das Schicksal der vier Kinder jemals gelöst werden kann, bleibt fraglich.
Laut Polizei fand ein Bekannter der Toten die Leichenteile und brachte sie zu einer Wache. Allerdings wählte er nicht die nächstgelegene Polizeistation, sondern fuhr mit den in Plastikfolie eingewickelten Fundstücken bis zu einer zehn Kilometer entfernten Wache in Berlin-Spandau. Medienberichten zufolge ist der 49-jährige von Beruf Rechtsanwalt und führt eine Kanzlei in Potsdam. Er soll die Wohnung für seine Bekannte vor nicht langer Zeit angemietet haben und wollte sie nach deren Tod auflösen.
Damit erschöpfen sich die Fakten, und so bleibt Spielraum für Spekulationen. Dabei ist nicht einmal klar, ob die Kinder tot oder lebendig zur Welt gekommen sind, und falls sie lebendig waren, wie sie starben. „Die gerichtsmedizinische Untersuchung steht im Mittelpunkt der Ermittlungen“, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Freitag. Inwieweit diese Untersuchungen aber Klarheit schaffen werden, vermag er nicht vorauszusagen.
Nach Informationen der „Bild“-Zeitung sind die Leichenteile skelettiert und teilweise zerfallen. So ist die Bestimmung der Todesursache eine fast unmögliche Aufgabe für die Forensiker. „Wir können nur damit arbeiten, was wir haben. Sind die Körperteile nicht mehr da, an denen der Tod nachgewiesen werden kann, können wir keine Aussage treffen“, sagte am Freitag Michael Bohnert, leitender Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Freiburg. Dem Experten zufolge ist es für die Forensik eine Herausforderung, neugeborene Leichen zu obduzieren. Hat ein Baby einen ersten Atemzug getan, verändern sich die Lungen. Doch durch Fäulnis wird dieser Nachweis häufig unmöglich. So mag die Todesursache der Charlottenburger Babys im Dunkeln bleiben, wenn die Rechtsmedizin nicht genügend Anhaltspunkte zur Verfügung hat.
Der Fall weckt Erinnerungen an die neun toten Babys von Brieskow-Finkenheerd. Deren Mutter hatte die Kinder nach der Geburt sich selbst überlassen, so dass die Babys vermutlich an Unterkühlung und Atemlähmung starben. Die Frau versteckte die Leichen später unter anderem in Blumenkübeln und einem Aquarium. Sie wurde später vom Landgericht an der Oder zu 15 Jahren Haft verurteilt.