Die USA bereiten sich auf eine der schwersten Umweltkatastrophen des Landes vor. US-Präsident Obama will sich persönlich einen Eindruck verschaffen.
Washington/Mississippi. Der Ölkonzern BP ist vom Ausmaß der Ölkatastrophe nach dem Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon“ völlig überrascht worden. Was sich dort ereignet habe, sei beispiellos, sagte BP-Sprecher David Nicholas. „So etwas haben wir noch nicht erlebt, einen Ausbruch in dieser Tiefe.“ Das aus dem Bohrloch austretende Öl hat inzwischen die Küste von Louisiana erreicht. US-Präsident Barack Obama wollte sich in den kommenden Tagen selbst ein Bild von der Lage machen und in die Region reisen.
Hoher Wellengang machte weiter alle Bemühungen zunichte, den Ölteppich mit schwimmenden Barrieren einzudämmen. Der Ölteppich hat inzwischen eine Größe von 210 mal 112 Kilometern erreicht. Wegen des heftigen Südwinds wird erwartet, dass das Öl bis Montag auch die Küsten der US-Staaten Mississippi, Alabama und Florida erreicht.
„Die nächsten Tage werden kritisch“, sagte der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal. Die teerig-klebrige Substanz bedroht hunderte von Fisch-, Vogel- und anderen Arten. Südöstlich von New Orleans wurde ein erster, ölverschmierter Vogel gefunden. Nach Schätzungen der Küstenwacht sind bislang mindestens 6,1 Millionen Liter Rohöl aus den drei Lecks am Meeresgrund ausgelaufen. Jeden Tag kommen nahezu 800.000 Liter hinzu.
US-Innenminister Ken Salazar sagte, er habe den Mineralölkonzern BP gedrängt, „entschlossener, schneller und intelligenter zu arbeiten“, um die Lecks zu schließen. Die Regierung werde nicht eher ruhen, bis BP „jeden Tropfen Öl beseitigt“ habe. Aus einer Risikoanalyse von BP für "Deepwater Horizon“ geht hervor, dass der Konzern die Möglichkeit eines Unglücks mit katastrophalen Wirkungen heruntergespielt hat. In der 52 Seiten umfassenden Einschätzung heißt es, ein Unfall mit ernsten Umweltgefahren sei unwahrscheinlich oder nahezu unmöglich.
Chemikalien werden auch unter Wasser eingesetzt
Um das Öl von der Küste von Louisiana fernzuhalten, ließen die Behörden auch die Schleusen an der Mississippi-Mündung öffnen. Die Hoffnung, dass das austretende Süßwasser das Öl zurückdrängt, erfüllte sich wegen des starken Windes aber nicht. In Louisiana wurde am Freitagabend auch die Nationalgarde mobilisiert, die den Gemeinden an der Küste bei der Bekämpfung der Ölpest helfen soll. Das Pentagon erklärte, die Kosten dafür werde BP tragen müssen. Der Ölkonzern lieh sich auch bei Konkurrenten Ideen, um das austretende Öl zu bekämpfen. So wurde Chemikalien zum Auflösen des Öls auch unter Wasser eingesetzt. Das wurde bislang noch nie in dieser Tiefe versucht. Inzwischen wird ein weiteres Loch in der Nähe des beschädigten Bohrlochs gebohrt. Dort soll dann Schlamm und Beton hineingepumpt werden, um das Hauptbohrloch zu schließen. Das kann aber bis zu drei Monate dauern.
Justizministerium prüft rechtliche Schritte
Obama teilte unterdessen mit, neue Ölbohrplattformen vor der Küste würden nur dann genehmigt, wenn sie zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen nachweisen können. Damit solle eine Wiederholung der Katastrophe im Golf von Mexiko verhindert werden, sagte Obama am Freitag in Washington. Er wies Innenminister Salazar an, innerhalb von 30 Tagen einen Bericht über neue technische Möglichkeiten zur Absicherung der Offshore-Förderung vorzulegen.
Das US-Justizministerium schickte ein Expertenteam nach New Orleans, um die Auswirkungen der Ölverschmutzung vor Ort zu beobachten und rechtliche Schritte zu prüfen. „Das Ölunglück von British Petroleum hat bereits Menschenleben gekostet und größere Umweltschäden verursacht“, erklärte Justizminister und Generalstaatsanwalt Eric Holder. Bei der Explosion auf der Bohrinsel am 20. April kamen vermutlich elf Arbeiter ums Leben.
Obama reist an die Golfküste
Angesichts der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko reist US-Präsident Barack Obama nun doch in Kürze in die betroffene Region. Der Besuch solle binnen 48 stattfinden, hieß es am Sonnabend aus dem Weißen Haus. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Noch am Vortag hatte ein Präsidentensprecher lediglich erklärt, ein Besuch des Präsidenten sei nicht ausgeschlossen - allerdings nicht in allernächster Zeit.