Hamburg. In vier Jahren wird der Fußball-Oberligaclub seine neue Heimat am Diebsteich beziehen. Weitere Interessenten für die Nutzung.
Für den Altonaer Fußball-Club von 1893 hat eine neue Zeitrechnung begonnen. In fast genau vier Jahren will der Hamburger Traditionsverein seine neue Spielstätte am künftigen Fern- und Regionalbahnhof Diebsteich beziehen. Der Countdown läuft. Am 31. Dezember 2026 muss Altona 93 die Adolf-Jäger-Kampfbahn (8000 Plätze) an der Griegstraße verlassen, allerspätestens zu Beginn des Jahres 2027. Dort sollen danach mehr als 350 Wohnungen entstehen. Altona 93 erhielt vor 15 Jahren 11,25 Millionen Euro für den Verkauf seiner Anlage. 9,65 Millionen davon liegen noch heute auf dem Konto.
Altona 93: Umzug ins neue Stadion am Diebsteich ein Meilenstein
„Für uns hat eine aufregende Zeit begonnen. Wir freuen uns auf unsere neue Heimat und dass wir endlich in die Phase konkreter Überlegungen eintreten können“, sagt Ragnar Törber (48). Der Architekt ist zweiter Vorsitzender des Vereins, organisiert seit fünf Jahren mit zwölf Clubmitgliedern ehrenamtlich die Umzugspläne. Weitere Expertise, vor allem juristische für die Formulierung von Verträgen, soll bei Bedarf dazugekauft werden. Seit dem 12. Dezember 2022 hat der fünftklassige Fußball-Oberligaclub erste Gewissheiten, wie das künftige Stadion an der Waidmannstraße aussehen soll.
Bei der Jurysitzung zur Bebauung des ehemaligen ThyssenKrupp-Areals erhielt der gemeinsame Entwurf der gmp International GmbH und der WES GmbH LandschaftsArchitektur, beide mit Geschäftssitz in Hamburg, den Zuschlag zur Gestaltung des städtischen Grundstücks.
Neues Stadion wird in einen Sportpark integriert
Neben dem Fußballstadion ist eine Musikhalle vorgesehen, beide Arenen jeweils mit Platz für rund 5000 Zuschauende; dazu Büroflächen, stadtteilbezogene Nutzungen wie eine Kita, Einzelhandel und Gastronomie. Die prägnanten Pförtnerhäuschen und das historische Verwaltungsgebäude bleiben erhalten und werden umgenutzt. Im rückwärtigen Bereich des Areals ist eine neue Erschließungsstraße angedacht, um das Bahnhofsumfeld vom motorisierten Verkehr zu entlasten. Das Stadion wird Teil des neuen Sportparks Diebsteich mit weiteren Fußball-, Tennis und Beachvolleyballplätzen. Der Baubeginn ist für Anfang 2025 vorgesehen.
Altona 93, Jahresetat rund 500.000 Euro, steht mit seinen 1900 Mitgliedern für mehr als Fußball, sieht sich auch in sozialer Verantwortung für den Stadtteil. „Wir möchten eine Anlaufstelle für alle Menschen in unserem Umfeld werden“, sagt Törber. „Wir wollen täglich Leben in der Bude haben, unsere Aktivitäten in das gesamte Viertel tragen. Wir planen Jugendolympiaden, Flohmärkte, Messen, Kulturveranstaltungen, eine Volksküche, eine Kleiderkammer, der Hamburger Duschbus könnte bei uns Station machen. Wer Hilfe braucht, soll sie bei uns erhalten, auch ärztliche.“
Die in der Mantelbebauung vorgesehene Plaza böte Platz für eine Vielzahl dieser Aktivitäten. Einziges Problem: Sie ist nicht ebenerdig konzipiert, der Zugang für Gehbehinderte wäre erschwert. „Über Inklusion insgesamt wird noch zu reden sein“, sagt Törber.
Eckdaten für neues Stadion von Altona 93 stehen – Details noch nicht
Auch wenn der Siegerentwurf des Geländes bereits ausgezeichnet wurde, in Stein gemeißelt ist am Diebsteich noch nichts. Der Bauherr, der der Finanzbehörde unterstellte Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG), bleibt offen für Veränderungen. „Zunächst werden Vertragsverhandlungen mit dem Wettbewerbssieger geführt. Es ist beabsichtigt, im nächsten Halbjahr den vorgelegten Entwurf zu vertiefen und entsprechend der Juryempfehlung zu überarbeiten“, teilte die Finanzbehörde dem Abendblatt auf Anfrage mit.
Die Eckdaten für die Fußballarena stehen aber: 500 Sitz- und 4499 Stehplätze, vier Tribünen, alle überdacht, an drei Seiten verdichtet eine bis zu siebenstöckige Randbebauung die Stadionatmosphäre.
Den Bau für möglichen Drittliga-Fußball oder American Football aufwendiger auszugestalten, wie es Christian Okun, der Präsident des Hamburger Fußball-Verbandes, und die Fraktionen von CDU und SPD in der Bezirksversammlung Altona zuletzt vehement forderten, hatten die Stadt und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) abgelehnt. „Das hätte auf Kosten des Steuerzahlers die Refinanzierung des Projekts erheblich erschwert“, sagte Dressel. Bisher wurden für das Gesamtprojekt 159 Millionen Euro veranschlagt, es dürften angesichts der Inflation am Ende mehr als 200 Millionen werden.
Männer-und Frauenteams von Altona 93 sollen im neuen Stadion aulaufen
Für das Stadionrund, weiß Architekt Törber, könnten jene knapp zehn Millionen Euro reichen, die Altona 93 aus dem Verkauf der Adolf-Jäger-Kampfbahn beisteuern will. Gelingt dies, erwachsen dem Verein weitere Ansprüche. Bisher ist der Club gegen einen Mietzins als Hauptnutzer und Betreiber des Stadions vorgesehen. Dazu gibt es vom 25. Mai 2020 einen Letter of Intent des Senats. „Wir gehen davon aus, dass wir die Nutzungszeiten eigenständig frei planen können, etwa für Spiele anderer Vereine oder auch für sportfremde Events“, sagt Törber. Altona will künftig mit seinen ersten Männer- und Frauenteams am Diebsteich auflaufen.
Die Sache scheint jedoch komplizierter. „Normalerweise vergibt bei einer bezirklichen Sportanlage der Bezirk die Nutzungszeiten“, sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD). Da Altona 93 einen Großteil der Baukosten mittrage, entstehe eine Situation, die jetzt neu bewertet werden müsse. „Diesen Fall gab es bisher nicht. Das Sportamt arbeitet an einer einvernehmlichen Lösung“, sagt Holstein.
HSV und St. Pauli haben ein Auge auf Altonas neues Stadion geworfen
Die Finanzbehörde bleibt dagegen skeptisch, ob das Geld ausreicht: „Die von Altona 93 voraussichtlich beigestellten zehn Millionen können den Gesamtfinanzierungbedarf für den Bau des Stadions nicht abdecken, sie stellen aber einen signifikanten Beitrag dar. Der LIG berechnet derzeit auf Grundlage des Siegerentwurfs die Gesamtkosten sowohl für den gesamten östlichen Baukörper als auch für das Stadion. Eine exakte Zahl wird im Laufe des ersten Quartals 2023 vorliegen.“
Die Fußball-Zweitligaclubs HSV und FC St. Pauli haben bereits Interesse am neuen Stadion bekundet. Sie suchen für ihre ambitionierten Frauen- und Jugendmannschaften angemessene Spielstätten, Gespräche mit Altona 93 wurden schon geführt. Auch mit dem Hamburg Sea Devils aus der European League of Football nahm der Verein Kontakt auf. „Für die Sea Devils wäre unser Stadion zu klein. Perspektivisch wollen die Footballer vor 20.000 Zuschauern spielen“, sagt Törber.
- So groß wird das neue Stadion für Altona 93
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Wie viele Mannschaften überhaupt den Diebsteich nutzen können, hängt weitgehend von der Beschaffenheit und Belastbarkeit des Rasens ab. Altona 93 will Naturrasen und erhält ihn wohl auch. Mit dem neuen Stadion möchte der Club mittelfristig in die viertklassige Regionalliga zurückkehren. „Wir wollen sportlich und als Organisation wachsen. Schritt für Schritt, ohne dabei große finanzielle Risiken einzugehen“, sagt Törber.