Hamburg. Zwischenbilanz nach einer Woche seit dem offiziellen Start der Zeichnungsphase. Spitzen-Funktionär beweist eine prophetische Gabe.

War es ausgeprägter Optimismus, eine prophetische Gabe oder war Wilken Engelbracht einfach nur der Zeit ein bisschen voraus? Als der kaufmännische Geschäftsleiter des FC St. Pauli am Freitagabend auf der Mitgliederversammlung des Hamburger Fußball-Bundesligisten im CCH freudig berichtete, die neue Genossenschaft FCSPeG des Vereins habe bereits Anteile im Wert von 15 Millionen Euro verkauft, war genau dies jedenfalls noch nicht passiert. Auch nach dem Ende der Versammlung um 0.15 Uhr fehlten noch rund 600.000 Euro zu diesem auch psychologisch wichtigen Wert.

So vergingen noch einmal mehr als 40 Stunden, bis am Sonntagnachmittag um 16.31 Uhr die Schallmauer von 15 Millionen Euro tatsächlich geknackt wurde, wie sich auf der Homepage der FCSPeG verfolgen ließ. Damit hat die Genossenschaft eine Woche nach dem offiziellen Start der Zeichnungsphase, der am Sonntag zuvor (10. November) um 10 Uhr war, bereits die Hälfte der 30 Millionen Euro eingenommen, die man sich zum Ziel gesetzt hatte und mit denen die Mehrheit am Millerntor-Stadion erworben werden soll.

FC St. Pauli hofft auf 30 Millionen Euro aus Anteilsverkauf

Drei Monate hat der ehrenamtlich tätige, aus vier Personen bestehende Vorstand der Genossenschaft für die erste Zeichnungsphase anberaumt. Dass bereits nach einer dieser 13 Wochen die Hälfte der angestrebten Summe zusammengekommen ist, kann zu Recht als Indiz dafür gewertet werden, dass die Zielsetzung von 30 Millionen Euro alles andere als eine Utopie ist. Mehr noch: Womöglich wird der Wunschbetrag schon ein gutes Stück früher als Anfang Februar erreicht oder sogar übertroffen.

An dieser Einschätzung ändert auch die Tatsache nichts, dass sich das Zuwachstempo innerhalb der ersten Zeichnungswoche spürbar verlangsamt hat. So waren allein am vergangenen Sonntag, also dem ersten offiziellen Verkaufstag, Anteile im Wert von 4,5 Millionen Euro abgesetzt worden. Zuvor hatte die zweieinhalb Tage lange Vorzeichnungsphase bereits knapp 3,9 Millionen Euro eingebracht. Zuletzt pendelte sich der tägliche Zuwachs erst auf rund 600.000 Euro ein, am Sonnabend waren es nur noch knapp 500.000 Euro.

Die Genossenschaft hat jetzt mehr als 11.500 Mitglieder

Inzwischen sind mehr als 11.500 Personen Mitglieder der Genossenschaft geworden. Durchschnittlich haben diese rund 1,5 Anteile gezeichnet. „Wenn wir ab jetzt 145 neue Mitglieder pro Tag bekommen, erreichen wir in den drei Monaten genau das Ziel“, rechnete Wilken Engelbracht auf der Mitgliederversammlung vor.

In den vergangenen Tagen wuchs die Mitgliederzahl immer noch um knapp 500 innerhalb von 24 Stunden. Die Marktforschung hatte ein Potenzial von mindestens 20.000 bis zu 30.000 Personen ermittelt, die an Genossenschaftsanteilen interessiert und auch kaufbereit sind.

Anteile eignen sich auch als Weihnachtsgeschenk

„Die ersten 15 Millionen waren ein Sprint, die zweiten werden ein Marathon, würden Pessimisten sagen. Ich sage eher, es wird ein Halbmarathon“, zog Wilken Engelbracht einen sportlichen Vergleich. Dabei rechnet auch er damit, dass es spätestens in drei bis vier Wochen zu einem womöglich entscheidenden Zwischenspurt kommt, wenn die Suche nach geeigneten Weihnachtspräsenten intensiver wird.

Klar ist, dass die Genossenschaftsanteile (750 Euro plus 100 Gebühren und Aufgeld) auch verschenkt werden können. Auf diese Möglichkeit hatte am Freitag im CCH auch Präsident Oke Göttlich hingewiesen. Er sagte: „Wir müssen weiter für das Projekt werben.“ Entsprechende Kampagnen sollen schon demnächst für ein weiter anhaltendes Kaufinteresse sorgen.

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Welche Gesamtsumme am Ende der Zeichnungsphase auch immer zusammengekommen sein wird, klar ist, dass der FC St. Pauli das Geld zum Abbau seiner Verschuldung einsetzen will. Engelbracht erklärte jetzt, dass der Verein binnen des vergangenen Geschäftsjahres seine Finanzverbindlichkeiten bereits von 33,8 auf 28,9 Millionen Euro reduziert habe.

Planmäßig sollen diese im aktuellen Geschäftsjahr durch weitere Tilgungen auf 24,4 Millionen Euro sinken. Mit dem Geld der Genossenschaft aber wäre eine Reduzierung auf nur noch zwei Millionen Euro zu realisieren. Auf Nachfrage bestätigte Engelbracht, dass die Darlehensverträge mit den Banken eine entsprechende Sondertilgung ermöglichen.

St. Pauli hat laut Geschäftsleiter Engelbracht Recht auf Sondertilgungen

Wirklich hellseherischer Fähigkeiten hatte also nicht bedurft, um darauf zu setzen, dass die Genossenschaft die Schallmauer von 15 Millionen am Wochenende durchbrechen wird. Vielleicht sollte Wilken Engelbracht schon am kommenden Freitagabend über einen Sieg der Bundesliga-Mannschaft bei Borussia Mönchengladbach sprechen. Trainer Alexander Blessin wäre ihm sicher dankbar, wenn sich dann auch am Sonntagabend diese – zweifellos anspruchsvollere Prophezeiung – bewahrheiten würde.