Hamburg. Der Leistungsträger wurde gegen Mainz böse umgegrätscht. Nun ist die Diagnose bekannt. Auch Ben Voll und Eric Smith fehlen vorerst.
Der rechte Knöchel von Elias Saad war angeschwollen. Aber nicht ansatzweise so, wie den Verantwortlichen des FC St. Pauli der Kamm geschwollen war nach dem üblen Foul von Dominik Kohr am 24-Jährigen. Ohne jegliche Not senste das Raubein des FSV Mainz 05 Saad in der Schlussphase des für die Rheinhessen bereits sicher gewonnen Spiels am Sonnabend um.
Dass Kohr nur Gelb sah – seine fünfte Verwarnung in der sechsten Partie, was fast schon wieder beeindruckend ist –, war, gelinde gesagt, überraschend. Der DFB verteidigte zwar die milde Entscheidung von Schiedsrichter Christian Dingert, Saad und St. Pauli hilft dies aber herzlich wenig.
FC St. Pauli muss lange auf Elias Saad verzichten
Am Montag gaben die Hamburger die Diagnose bekannt: Der tunesische Nationalspieler zog sich einen Bänderriss zu und wird lange fehlen. Wie zu hören war, geht man intern von mindestens acht Wochen Pause aus. Es könnte also sein, dass der Linksaußen in diesem Jahr nur noch zwei Spiele bestreitet – wenn überhaupt.
Trainer Alexander Blessin stellt das vor ein grundlegendes Problem. Nicht nur, dass Saad mit seiner individuellen Klasse, Kreativität und Unberechenbarkeit ohnehin kaum zu ersetzen ist, dürfte dies mal wieder die beinahe schon nervige, weit oftmals überhöhte, Systemdebatte aufwerfen.
Wie stellt Alexander Blessin sein Team nun auf?
Zuletzt hatte St. Pauli auf das 3-4-3 der Aufstiegssaison gesetzt, wenngleich in anderer Ausprägung. Saad war in diesem Fall auf Linksaußen gesetzt, Oladapo Afolayan auf der Gegenseite, in der Mitte stürmte Johannes Eggestein.
Theoretisch könnte Blessin jetzt Afolayan auf die Saad-Position stellen und als Rechtsaußen Connor Metcalfe aufbieten. Praktisch könnte dies schon daran scheitern, dass der Australier bereits gegen Mainz wegen Adduktorenproblemen passen musste.
Oladapo Afolayan droht nun wieder die Bank
Hinzukommt, dass Metcalfe nicht über eine exorbitante Schnelligkeit verfügt, die in der Bundesliga auf den Außenbahnen nötig ist. Seine Qualitäten liegen eher im zentral-offensiven Mittelfeld. Ob Scott Banks für einen Startelfeinsatz bereit ist? Ungewiss. Daher scheint eine Rückkehr zum 3-5-2 wahrscheinlich.
Was wiederum Konsequenzen für Afolayan mit sich bringen könnte. Als Stürmer ist der Engländer nur mäßig geeignet, Morgan Guilavogui wäre der logischere Partner für Eggestein im Angriff. Die Außenbahnen dieser Formation sind dann allerdings schon durch Philipp Treu (rechts) und Manolis Saliakas (links) besetzt. Ein Puzzle, das es bis zum Spiel bei Borussia Dortmund am 18. Oktober zu lösen gilt.
Auch Ben Voll steht vorerst nicht zur Verfügung
Und es kommt noch dicker für den FC St. Pauli. Ersatztorwart Ben Voll, der am Sonntag im kleinen Derby zwischen dem FC St. Pauli II und HSV II (1:4) mit Ayukayoh Mengot zusammenprallte, wird ebenfalls bis auf Weiteres fehlen. Der 23-Jährige zog sich laut Verein einen Unterkieferbruch zu. Nach Abendblatt-Informationen verlor er zudem mehrere Zähne. Voll wurde bereits im Heidberg-Krankenhaus operiert.
Das erschwert das Training für Torwarttrainer Sven Van Der Jeugt zunehmend. Eigentlich ist während der Länderspielpause gar nicht daran zu denken. Stammkeeper Nikola Vasilj ist mit der bosnischen Nationalmannschaft unterwegs, die Ersatzleute Sascha Burchert (Rücken) und Sören Ahlers (Knie) sind ohnehin langzeitverletzt. Der talentierte Ronny Seibt war am Sonntag für die U 23 ebenfalls ausgefallen.
St. Pauli testet gegen Zweitligist Hannover 96
Bleibt von den bislang im Profitraining aufgebotenen Kräften lediglich noch Kevin Jendrzej, der 19 Jahre alte Ersatzkeeper der Regionalliga-Auswahl. Zumindest auf dieser Position muss Blessin im Normalfall nichts umwerfen. Vasilj ist die unumstrittene Nummer eins. Ihm darf nun allerdings keinesfalls etwas passieren.
Schon beim nicht-öffentlichen Testspiel am Donnerstag (12 Uhr) bei Zweitligist Hannover 96 wird es interessant sein, wie Blessin aufstellt. Am Wochenende hatte der 51-Jährige bereits angekündigt, den weniger eingesetzten Akteuren wie Banks, David Nemeth und Adam Dzwigala Spielpraxis über 90 Minuten zu geben: „Das ist extrem wichtig für sie.“ Eric Smith wird dabei fehlen – allerdings nicht, weil er bei der schwedischen Nationalmannschaft ist, sondern wegen muskulärer Probleme im Adduktorenbereich, durch die er in Hamburg bleibt.
Präsident Oke Göttlich: „Mussten versuchen, Fußball zu spielen“
Im Training dürfte der Fokus vor allem auf der Offensive liegen, wo den Braun-Weißen mitunter die Lösungen und kreativen individuellen Momente fehlen, wenn der Gegner ihnen den Ball überlässt. „Es geht darum, dass wir als Mannschaft klar sind, wie wir spielen wollen. Wenn wir von Stürmer bis Verteidigung zu weit auseinandergezogen sind, ist es schwierig, auf zweite Bälle zu gehen. Es gilt, schnell in der Länderspielpause daran zu arbeiten und klarer zu werden“, sagt Eggestein.
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Auch Präsident Oke Göttlich erkannte: „Der Fluch des Aufstiegs ist, dass wir in der Zweiten Liga einen ganz ordentlichen Fußball mit viel Ballbesitz gespielt haben, den so in der Ersten Liga aber nicht spielen können.“ Nachdem Mainz ein schnelles Tor „durch einen doofen Fehler“ gemacht habe, sagte Göttlich am Sonntag bei „Sky90 – die Fußballdebatte“, „wird es schwer für uns, weil wir versuchen müssen, Fußball zu spielen“.
Ohne einen Elias Saad ist das allerdings ungleich schwieriger geworden.