Augsburg. Der FC St. Pauli erzielt zwar beim FC Augsburg das erste Bundesliga-Tor der Saison, bringt aber sonst nichts Zählbares mit.
Nach fünf gemeinsamen Jahren lässt sich schon annehmen, dass der FC St. Pauli und Andreas Bornemann in der Beziehungsphase angelangt sind, in der sich einige Paare zu besonderen Anlässen nichts mehr schenken. Von daher war es nur folgerichtig, dass der Kiezclub beim 1:3 (0:0) beim FC Augsburg die Gelegenheit ausließ, dem Sportchef zu seinem 53. Geburtstag eine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Die volle Aufmerksamkeit ist nach der dritten Niederlage im dritten Saisonspiel der Bundesliga nun aber sowieso Cheftrainer Alexander Blessin gewidmet. Ob fair (Nein!) oder unfair, blöde Markt- und Medienmechanismen eben. Geschenkt wird dir auf der größten Bühne nun mal nichts.
FC St. Pauli verliert beim FC Augsburg mit 1:3
Das merkten die Hamburger am Sonntagnachmittag einmal mehr. Nach einem über zwei Drittel schwachen Auftritt wird die Systemdiskussion ebenso wenig verstummen wie die über die notwendige Qualität, um im Oberhaus mitzuhalten. Entscheidend dabei, was bei Geburtstagen nicht so einfach ist: nüchtern bleiben.
Das versuchte Blessin, als er das Positive hervorhob. „Wir haben nicht aufgegeben und waren nach dem 0:2 ziemlich gut. Aus der zweiten Halbzeit nehmen wir viele positive Ansätze mit“, sagte der 51-Jährige. Nüchtern zu analysieren, hatte Blessin von Beginn an schon versucht. Zu einem Systemwechsel ließ er sich nicht drängen.
Keine Geschenke gab es von ihm auch beim Verteilen der Plätze für die Startelf. Elias Saad, allerdings auch gerade erst wieder genesen, und Oladapo Afolayan blieben ebenso draußen wie Manolis Saliakas. Es blieb erwartungsgemäß beim 3-5-2. Was sich der Übungsleiter damit längst gewünscht hatte, wurde ihm in der Fuggerstadt endlich geschenkt: Es wurde früh eine Partie für Alexander-Blessin-Fußball.
Hamburger haben Schwierigkeiten gegen den Druck des FCA
Im Gegensatz zu den bisherigen Gegnern Heidenheim und Union Berlin überließ der FCA den Kiezkickern nicht mir nichts, dir nichts den Ball. Ideal für das präferierte Umschaltspiel der Hamburger. Eigentlich. Faktisch mühten sich die Gäste, gegen das hohe Anlaufen der Augsburger überhaupt einmal kontrolliert die eigene Hälfte zu verlassen. War die Leistung gegen Heidenheim gut bis befriedigend, gegen Union noch ausreichend, so war sie in Augsburg eher mangelhaft.
„Wir wollten anders agieren, wesentlich aggressiver zu Werke gehen“, sagte Blessin, „unser Spiel war viel zu viel nach hinten ausgerichtet, zu träge, zu langsam.“ Man habe Augsburg zum Pressen eingeladen. Das sah Stürmer Johannes Eggestein ähnlich. Er monierte, „dass wir zu oft, noch mal zurück zum Torwart gespielt haben, teilweise einfache Ballverluste hatten“.
Bei Standardsituationen der Hausherren wurde es zumeist nach daran anknüpfenden Aktionen brenzlig, in einer davon kam Frank Onyeka gefährlich frei von der Strafraumgrenze zum Schuss (11.), verfehlte das Tor aber knapp. Etwas deutlicher verpasste Morgan Guilavogui aus der Drehung sein Ziel (30.).
Morgan Guilavogui dankbarer Abnehmer, dann unglücklich Verletzter
Der Franzose war einer der personifizierten Auswege St. Paulis aus dem Pressing. Ballpräsente, zumeist auf langem Sendeweg verschickt von Eric Smith, mussten dem Stürmer nicht in Silberpapier überreicht werden. Guilavogui erlief und verarbeitete die Ablagen und Verlagerungen auf ihn zumeist gut, wenngleich der erste Kontakt mitunter hätte sauberer sein können.
So oder so: Nach einem Foul von Marius Wolf und dem damit verbundenen Schlag aufs Knie musste Guilavogui zu allem Überfluss verletzt vom Platz (34.), Afolayan kam. Eine Blitzdiagnose ließ mindestens einen satten Pferdekuss vermuten. Vor weiterem Übel bewahrten den FC St. Pauli Glück und Torwart Nikola Vasilj in seinem 100. Pflichtspiel für die Braun-Weißen, der gegen Samuel Essende eine jubiläumswürdige Parade zeigte (45.). Nach „expected goals“ (zu erwartenden Toren) stand es zur Halbzeit 1,27:0,10 für Augsburg.
Augsburg schafft nach der Halbzeit klare Verhältnisse
Direkt nach der Pause stand es 1:0. Diesmal hatte Wolf nicht Guilavoguis Fuß getroffen, sondern das Tor (47.). Dem eingewechselte Phillip Tietz gelang, nach einer Flanke auf den zweiten Pfosten sehr frei stehend, selbiges (66.). Auf der Gegenseite hatte die Hereinnahme von Saad zwar den üblichen Saad-Schwung gebracht, der mit allerhand theoretischer Möglichkeiten einhergeht, praktisch aber nur eine Chance bewirkte (84.).
Im 3-4-3 wirkten die Gäste dennoch effektiver. „Es hat aber nichts mit dem System zu tun“, versicherte Smith. Es gehe laut des Schweden viel mehr um die „Mentalität und Intensität, mit der wir die Dinge tun“. Mehrere Spieler sprachen davon, dass sie auf dem Platz zu unsicher, zu mutlos waren. Ein Eindruck, den auch Blessin hatte.
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Dass St. Pauli nach dem 0:2 die Kontrolle übernahm, durch Carlo Boukhalfa den Anschluss erzielte (75.), war ermutigend. Die Art und Weise der plötzlichen Überlegenheit in dieser Alles-oder-nichts-Situation, der das späte Konter-1:3 geschuldet war (90.+6), noch mehr. Dass es nichts brachte, war ernüchternd. Denn letztlich ist jeder Jubilar insgeheim empört, wenn er wirklich nichts geschenkt bekommt.
FC Augsburg: Labrović – Bauer, Gouweleeuw, Schlotterbeck, Giannoulis (83. Koudossou) – Wolf (61. Pedersen), Rexhbecaj, Jakić, Onyeka (83. Maier), Vargas (61. Tietz) – Essende (78. Kabadayi).
FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Treu, Wagner (46. Saad), Irvine, Boukhalfa (89. Dzwigala), Ritzka (46. Saliakas) – Eggestein (84. Albers), Guilavogui (34. Afolayan).
Tore: 1:0 Wolf (47.), 2:0 Tietz (66.), 2:1 Boukhalfa (75.), 3:1 Kabadayi (90.+6). Schiedsrichter: Zwayer (Berlin). Zuschauer: 30.660 (ausverkauft). Gelbe Karten: Essende (2), Rexhbecaj (2), Giannoulis, Tietz – Guilavogui (2), Ritzka, Blessin, Mets. Statistiken: Torschüsse: 18:12; Ecken: 7:7; Ballbesitz: 44:56 Prozent; Zweikämpfe: 106:88; Laufleistung: 114,1:117,6 Kilometer.