Hamburg. Interne Konkurrenz zwischen neuem Puma-Dress und der Meister-Edition als Erfolgsrezept. Welchen Rekord das Merchandising erreicht hat.
Es ist fast vier Monate her, dass das neue Stück Stoff ans Tageslicht durfte. Bereits im Zuge der Zweitliga-Meisterfeier am 20. Mai hatte der FC St. Pauli sein neues Heimtrikot mit den markanten Rechtecken in einem helleren und einem dunkleren Braunton präsentiert. Einige Spieler nahmen damals die Gelegenheit wahr, und zogen das neue Hemd auch gleich an, als sie auf dem Spielbudenplatz die Meisterschale im Empfang nahmen, immer wieder liebkosten und in die Höhe hielten.
Von jenem Pfingstmontag an war dieses Heimtrikot natürlich auch schon für die Fans des Kiezclubs zu kaufen, die damals fast grenzenlose Euphorie und Vorfreude auf die drei Monate später beginnende Bundesligasaison sollte auch auf diese Weise genutzt werden und sich finanziell lohnen – für den Verein und auch für den neuen Ausrüster Puma, der mit Beginn der neuen Saison die Eigenmarke DIIY (Do it, improve yourself) ablöste.
St. Pauli: neues Trikot wurde zur Meisterfeier präsentiert
So weit, so gut und vor allem absolut branchenüblich. Bei anderen Proficlubs tritt die Mannschaft oft schon im letzten Heimspiel der Saison im Gewand der neuen Saison an, um auch hier den Verkauf über die Sommerpause am Leben zu erhalten. Das St.-Pauli-Team hatte hingegen noch im braunen DIIY-Heimtrikot den Aufstieg gegen den VfL Osnabrück (3:1) klargemacht und auch beim Meisterspiel beim SV Wehen Wiesbaden das weiße Auswärtsjersey der „alten“ Marke getragen.
Heute steht fest, dass das Kalkül, schon vom 20. Mai an die neuen Trikots auf den Markt zu bringen, für St.-Pauli-Verhältnisse überaus erfolgreich war. Bis jetzt wurden bereits 14.000 Trikots des neuen Ausrüsters Puma abgesetzt. Zum beschriebenen Heimtrikot kamen im Laufe des Sommers das weiße Auswärtshemd und das im DFB-Pokal genutzte, schwarze „Trikot drei“ in die beiden Fanshops (Millerntor-Stadion und Reeperbahn) sowie in den Online-Verkauf.
Puma zahlt in der Bundesliga mehr als zwei Millionen Euro an St. Pauli
Puma lässt sich das auf zunächst fünf Jahre angelegte Engagement bei St. Pauli auf Zweitliga-Basis rund zwei Millionen Euro pro Saison kosten, in der Bundesliga kommt ein Bonus dazu. Der stark angelaufene Absatz der Hemden sorgt nun für einen anteiligen Verdienst auch für den in Herzogenaurach beheimateten Hersteller. Branchenüblich sind rund 20 Prozent des Verkaufspreises.
„Im Vergleich zum Vorjahr haben wir zum ähnlichen Zeitpunkt etwa ein Drittel mehr Trikots verkauft“, sagte Wilken Engelbracht, der kaufmännische Geschäftsleiter des FC St. Pauli, jetzt dem Abendblatt. Dabei war das Vorjahr vom Umsatz her schon alles andere als schlecht. Nach der überaus starken Zweitliga-Rückrunde 2022/23 mit 41 Punkten aus den 17 Spielen hatten etliche Anhänger schon im Sommer vergangenen Jahres die große und berechtigte Hoffnung, dass in der folgenden Saison der Aufstiegscoup gelingen könne.
Eigenmarke DIIY löste Ausrüster Under Armour ab
Nicht weniger als 30.000-mal ist denn auch das, wie sich später herausstellen sollte, Aufstiegstrikot der Eigenmarke DIIY an den Fan gebracht worden. Diese Zahl entspricht in etwa dem Wert, den auch die erste Eigenmarken-Edition der Spielzeit 2021/22 erreicht hatte.
Als St. Pauli zuvor noch von der bei den Anhängern umstrittenen, US-amerikanischen Marke Under Armour ausgerüstet worden war, waren jeweils nur 10.000 bis maximal 15.000 Trikots pro Saison an den Fan gebracht worden. „Wir sind ja bisher keine besonders guten Trikot-Verkäufer gewesen“, hatte St. Paulis damaliger Vertriebs-Geschäftsleiter Bernd von Geldern (jetzt Union Berlin) im Abendblatt treffend gesagt, nachdem der Verein seine Eigenmarke gegründet und schon im Dezember 2020 das erste DIIY-Trikot für die dann folgende Saison vorgestellt hatte.
Sonderedition mit Aufdruck „Zweitligameister“
Zu den 30.000 abgesetzten regulären Trikots kommen jetzt auch noch 2500 verkaufte DIIY-Trikots der Aufstiegssaison mit dem Aufdruck „Hamburg ist braun-weiß – Zweitligameister Saison 2023/24“ hinzu. Diese nach dem am 19. Mai in Wiesbaden erspielten Titel hergestellte Sonderedition wird auch aktuell noch verkauft und erfreut sich, neben den Puma-Trikots, einer großen Beliebtheit. Darauf deutet jedenfalls der immer noch reguläre Verkaufspreis von 79,95 Euro hin. Derselbe Preis wird für ein Trikot der laufenden Saison aufgerufen. Die Auswärts- und Pokaltrikots der abgelaufenen Spielzeit werden derweil im „Sale“ zu je 37,50 Euro angeboten.
Es ist wenig überraschend, dass die sich die Fans am häufigsten ihr Trikot mit der Rückennummer sieben und dem dazugehörigen Namen von Kapitän Jackson Irvine beflocken lassen. Allein seit dem Gewinn der Meisterschaft sind rund 2500 Spielhemden so bedruckt worden, was jeweils 12,50 Euro extra kostet. Hinter dem Australier folgen als besonders gefragte Spieler die Stürmer Johannes Eggestein (Nummer 11), Oladapo Afolayan (17), Elias Saad (26) und Abwehrchef Eric Smith (8).
St.-Pauli-Trikots: Irvines Nummer sieben ist am beliebtesten
Die Meisterschafts-Edition kann man sich aber konsequenterweise noch mit Spielernummern und -namen der vergangenen Saison bedrucken lassen, also etwa mit der Nummer zehn von Topscorer Marcel Hartel, der jetzt in der US-amerikanischen MLS für St. Louis spielt.
Die Trikotverkäufe rund um den Bundesliga-Aufstieg und die Meisterschaft haben auch entscheidend dazu beigetragen, dass der gesamte Merchandising-Bereich dem FC St. Pauli einen neuen Rekordumsatz in seiner Geschichte erreicht hat. Rund 13 Millionen Euro wurden laut Geschäftsleiter Wilken Engelbracht hier zwischen dem 1. Juli 2023 und dem 30. Juni 2024 erwirtschaftet.
St. Paulis Merchandising mit 13 Millionen Euro Jahresumsatz
Das sind fast zweieinhalb Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor, als der Umsatz bei vergleichsweise auch schon starken 10,7 Millionen Euro gelegen hatte. Allein im Monat Mai habe der Merchandising-Umsatz jetzt die Marke von zwei Millionen Euro erreicht, so Engelbracht. Bei manch anderem Zweitliga-Verein entspreche dies dem Jahresumsatz.
Hatte der Merchandising-Bereich im Geschäftsjahr 2022/23 trotz seines schon guten Umsatzes vor allem wegen eines kostenträchtigen Lagerumzugs inklusive Abfindungszahlungen einen Verlust von rund 1,3 Millionen Euro hinnehmen müssen, konnte dieser Bereich 2023/24 wieder in die Gewinnzone geführt werden, wie der Verein jetzt auf Nachfrage bestätigte.
St. Pauli verkauft auch Fahrradhelme und Koffer mit Totenkopf
Auch die laufende Bundesligasaison und das zeitlich analog dazu laufende Geschäftsjahr ist aus kaufmännischer Sicht im Merchandising trotz der beiden Auftaktniederlagen in der Liga erfolgreich angelaufen. „Der positive Trend hat angehalten, die Umsätze sind bis dato ständig steigend“, sagt dazu Wilken Engelbracht.
Ein gutes Viertel des gesamten Merchandising-Umsatzes entfällt beim FC St. Pauli auf die sogenannte „Teamsportware“, zu der neben den Trikots auch die dazugehörigen Hosen, Stutzen und die Trainingsbekleidung der Mannschaft und des Trainerstabes gehören. Von den anderen Produkten sind vor allem Shirts und Hoodys mit dem Totenkopf als Markenzeichen besonders beliebt.
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Dazu kommt eine breite Palette von Fanartikeln für nahezu alle Lebensbereiche und Budgets. Von verschiedenen Pins für vier Euro über einen Fahrradhelm für 69,95 Euro bis hin zu einem 33 Liter Inhalt fassenden Rollkoffer im schwarzen St.-Pauli-Design für 249,95 Euro reicht das zum Teil sehr kreative Angebot.
Zu bekommen sind all diese Utensilien in den beiden Fanshops im Millerntor-Stadion und auf der Reeperbahn sowie im Online-Shop. „Alle drei Vertriebskanäle sind sehr wichtig und machen in etwa den gleichen Umsatz. In allen drei Bereichen sind die Umsätze stark gestiegen, die höchste Steigerung gab es im Onlinebereich“, erläutert Wilken Engelbracht. Letzteres deutet darauf hin, dass sich im Zuge des Bundesliga-Aufstiegs vermehrt nicht in Hamburg lebende Anhänger mit Fanartikeln eingedeckt haben.
St. Pauli gelang zuletzt 1996 der Klassenerhalt der Bundesliga
Eine neue Meister-Edition des Heimtrikots wird es am Ende der laufenden Saison mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht geben, womöglich aber eine für den erfolgreichen Klassenverbleib in der Bundesliga. Dieses Kunststück gelang St. Pauli zuletzt im Frühjahr 1996. Damals war Merchandising nur Fachleuten ein Begriff.