Hamburg. Ademola Lookman, Torjäger von Testspiel-Gegner Bergamo, ist mehr wert als St. Paulis gesamter Kader. Generalprobe für beide Teams.

Ein Hauch von Europapokal-Atmosphäre wird an diesem Freitagabend das Millerntor-Stadion umwehen, wenn der FC St. Pauli von 18.30 Uhr an sein Saisoneröffnungsspiel gegen Atalanta Bergamo bestreitet, das gleichzeitig die Generalprobe für die eine Woche später startenden Pflichtspiele darstellt.

Keine Frage, Bergamo ist der seit Jahren prominenteste Club, den sich St. Pauli zu einem Testspiel in sein Wohnzimmer eingeladen hat. Erst am 22. Mai, also genau drei Tage nachdem sich der FC St. Pauli in Wiesbaden zum Zweitligameister gekürt hatte, gewann Atalanta in Dublin mit einem 3:0 gegen Bayer Leverkusen die Europa League.

FC St. Pauli empfängt Europa-League-Sieger Bergamo

Gleichzeitig war Bergamo damit die einzige Mannschaft in der gesamten vergangenen Saison, die Leverkusen eine Niederlage beibringen konnte. Entscheidender Mann an jenem 22. Mai war der 26 Jahre alte Stürmer Ademola Lookman, dem alle drei Treffer gelangen.

Der in London geborene Topstar, der neben der nigerianischen auch die englische Staatsbürgerschaft besitzt, wird auch am Freitag am Millerntor der Hingucker im nahezu ausverkauften Millerntor-Station sein. Rund 26.000 Zuschauer werden auf den Rängen sein, ein Block der Nordtribüne und Teile des Business-Bereiches werden aus organisatorischen Gründen nicht genutzt.

Stürmerstar Lookman ist angeblich mehr wert als St. Paulis Kader

Den Marktwert von Ademola Lookman taxiert das Portal transfermarkt.de aktuell auf 40 Millionen Euro und damit auf zehn Millionen mehr als noch ein halbes Jahr zuvor. Zum Vergleich: Der gesamte Kader des FC St. Pauli wird auf einen Marktwert von 37,88 Millionen Euro geschätzt.

Auch wenn es müßig ist, darüber zu diskutieren, ob ein einziger Spieler mehr wert sein kann als ein ganzer Kader eines Bundesligisten, wird auf jeden Fall spannend sein, wie sich die Abwehr der Millerntor-Elf mit gegen den Topstar der Italiener schlägt. In Deutschland hat Lookman übrigens seine Spuren hinterlassen, als er zwischen Januar 2018 und September 2020 in 24 Pflichtspielen für RB Leipzig gerade einmal fünf Treffer erzielte. Erst in Bergamo, wo er seit zwei Jahren spielt, startete er richtig durch.

Erinnerungen an den Auftritt von Inter Mailand

Die Vorfreude auf das Spiel am Freitagabend ist auch im Umfeld des FC St. Pauli riesig. Beim öffentlichen Training am Dienstag wurde unter den zahlreichen Kiebitzen eifrig darüber diskutiert, wie sich die eigene Mannschaft wohl schlagen wird. Zwischendurch ging ein Fan durch die Reihen und fragte, ob denn noch jemand eine Karte für die Partie übrig habe – vergebens.

Das Spiel gegen Bergamo lässt zumindest bei etwas älteren St.-Pauli-Anhängern oder solchen, die aufmerksam durch das Museum des FC St. Pauli in der Gegengeraden des Millerntor-Stadions gegangen sind, Erinnerungen an das schon legendäre Freundschaftsspiel gegen Inter Mailand Ende Mai 1985 wach werden. Damals gastierten zu St. Paulis 75-Jahr-Feier auch die deutschen Nationalspieler Karl-Heinz Rummenigge und Hansi Müller im alten Millerntor-Stadion. Der damalige Zweitligist St. Pauli gewann gegen ein ziemlich lustlos auftretendes Team in den schwarz-blau gestreiften Trikots mit 2:1.

Auch für Bergamo ist das Spiel eine Generalprobe

Schwarz und blau sind auch die Vereinsfarben von Atlanta Bergamo. Lustlosigkeit ist diesmal von den Norditalienern nicht zu erwarten. Denn auch für die Mannschaft des bereits seit Sommer 2016 amtierenden Cheftrainers Gian Piero Gasperini (66) ist das Spiel am Millerntor eine Generalprobe – und zwar für eine noch weit höhere Aufgabe. Bereits fünf Tage später bestreitet Atalanta das europäische Supercup-Endspiel gegen Cham­pions-League-Sieger Real Madrid.

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Da wird Gasperini gegen St. Pauli höchstwahrscheinlich auch seine derzeit beste Elf ins Rennen schicken. „Die werden auch ihre Generalprobe für den Supercup gut nutzen wollen, um dann auch gegen Real zu gewinnen“, ahnt St. Paulis Außenbahnspieler Philipp Treu, der sich noch gut an Bergamos Spiel gegen Leverkusen erinnert. „Ich weiß, was sie für einen aggressiven Fußball spielen“, sagt er.

St. Paulis Trainer Blessin verfolgt ähnliches Spielkonzept wie Bergamo

Tatsächlich ist ein intensives Pressing verbunden mit Tempofußball das Markenzeichen von Trainer Gasperini, der seit 2016 für Bergamo tätig ist und den Club sportlich aus dem Schatten der großen Namen wie Juventus Turin, Inter und AC Mailand oder AS Rom geführt hat. Interessant dabei für Freitagabend: Auch St. Paulis Trainer Alexander Blessin propagiert ein ähnliches Spielkonzept, das eher wenig Ballbesitz, dafür aber ein schnelles Spiel nach vorn beinhaltet.