Norwich. Sturm-Neuzugang Guilavogui überzeugt sofort mit einem Treffer und einem Assist. Nur ein Problem müssen die Kiezkicker abstellen.
Die 404 mitgereisten Fans des FC St. Pauli hatten am Sonnabendnachmittag ihren Spaß an der Carrow Road. Während des Testspiels beim englischen Zweitligisten Norwich City flog immer wieder ein aufgeblasener Plastik-Hai (oder Delfin – so genau war das nicht zu erkennen) durch den Gästeblock, begleitet vom Johlen einiger Hundert Kiezclub-Anhänger.
Woher das tierische Badespielzeug kam? Was das Ganze sollte? Und ob der Delfin-Hai auch bei der nachträglichen Feierei in den Pubs der ostenglischen Universitätsstadt dabei sein durfte? Fragen über Fragen. Keine Fragen, sondern beeindruckende Antworten lieferte der Bundesligaaufsteiger parallel auf dem Rasen, fertigte die „Canaries“ mit 3:1 (3:0) ab. Oder mit anderen Worten: Der Hai erledigte den Kanarienvogel.
FC St. Pauli: Guilavogui mit Tor und Assist beim Debüt
Insbesondere Stürmer Morgan Guilavogui, der vor einer Woche vom französischen Erstligisten RC Lens gekommen war, zeigte nicht nur wegen seines Treffers (32.) ein starkes Debüt. Mit Sturmpartner Johannes Eggestein harmonierte der Franzose bereits so, als würden beide schon seit geraumer Zeit zusammenspielen, legte ihm auch ein Tor auf (39.). Zuvor hatte Kapitän Jackson Irvine (18.) St. Pauli per Kopf nach einer Ecke in Führung gebracht.
Zu Beginn des Spiels sah es noch so aus, als würde Norwich die Partie dominieren. Gleich zweimal ließen sich die Kiezkicker von langen Bällen düpieren. Hätte Keeper Nikola Vasilj, der nach überstandenen Knieproblemen sein Comeback feierte, nicht zweimal stark pariert (3./12.), hätte sich die Partie womöglich anders entwickelt. „Wir waren in der Anfangsphase etwas nervös und wollten unbedingt eine Lösung suchen, die nicht unbedingt die beste war“, sagte Trainer Alexander Blessin.
Auch Fin Stevens feierte sein Debüt für die Kiezkicker
Unter dem Druck der Gastgeber, deren Kaderwert mit 74,83 Millionen Euro etwa doppelt so hoch wie der der Hamburger (37,88 Millionen) ist, kam St. Pauli zunächst kaum aus dem eigenen Strafraum heraus. Erst nach rund einer Viertelstunde gewöhnte sich das Blessin-Team an den Pressingdruck und fand im Spielaufbau bessere Lösungen. Auch die langen Bälle bekam die Abwehrkette allmählich besser in den Griff.
Als rechter Schienenspieler gab auch Neuzugang Fin Stevens sein Debüt, wie Guilavogui hatte der Engländer erst wenige Tage mit dem Team trainieren können. Obwohl dem 21-Jährigen noch nicht alles gelang, deutete er sein Potenzial bei etlichen Offensivvorstößen aber bereits an. „Stevens hat am Anfang ein paar Probleme gehabt, ist dann nach und nach besser geworden, auch was die Positionierung und Höhe betrifft“, sagte Blessin.
Smith kehrte nach muskulären Problemen zurück
Eingesetzt wurde Stevens dabei immer wieder von Innenverteidiger Eric Smith, der nach überstandenen muskulären Problemen ebenfalls erstmals wieder auf dem Platz stand. Im Stile eines Quarterbacks verteilte Smith nicht nur aus dem Abwehrzentrum heraus die Bälle, sondern schoss auch die Ecke zur Irvine-Führung. „Mit dem Tor sind dann alle Dämme gebrochen. Dann war es 35 Minuten vom Feinsten, wir hatten so viele Ballgewinne und so eine gute Struktur“, schwärmte Blessin, der auf aggressives Pressing setzte.
Vor dem 2:0 war es Philipp Treu, der einen starken Ballgewinn feierte, Guilavogui plötzlich frei vor dem Tor auftauchte. Und auch vor dem 3:0 eroberte St. Pauli den Ball im vorderen Drittel, über die Stationen Irvine, Guilavogui und Eggestein landete der Ball im Tor. Viele der 9959 Fans an der Carrow Road pfiffen das Heimteam aus, als Schiedsrichter Dean Whitestone den ersten Durchgang beendete.
Kurz nach der Pause fällt der Anschlusstreffer für Norwich
Direkt nach dem Seitenwechsel erlebte St.-Pauli-Coach Blessin dann ein Déjà-vu, auf das er wohl auch problemlos hätte verzichten können. Seine auf sieben Positionen veränderte Elf war noch nicht geordnet, ließ sich erneut von einem langen Ball überraschen – und diesmal blieb Norwich-Profi Jonathan Rowe eiskalt (1:3, 47.). Nur vier Minuten später hatte auch Borja Sainz eine Riesenchance, Vasilj rettete stark.
Anstatt jetzt nervös zu werden, fing sich St. Pauli aber erneut, ließ den Canaries in der Folge nicht mehr viel Raum. Stattdessen ging jetzt offensiv wieder etwas mehr, Blessin forderte nach Ballgewinnen immer wieder ein schnelles Umschalten. Als der eingewechselte Danel Sinani einmal in so einer Situation das Tempo verschleppte, bekam er umgehend einen laustarken Verbesserungsvorschlag von Blessin zugebrüllt.
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Angesichts der vielen Wechsel wurde das Spiel nun etwas zerfahrener, abgesehen von einer Dreifachchance (Scott Banks, Carlo Boukhalfa, Sinani/69.) und einem Distanzschuss von Oladapo Afolyan (87.) kam St. Pauli dem gegnerischen Tor nicht mehr gefährlich nahe. Blessin schien trotzdem zufrieden, wie sein Team kämpfte und immer wieder Bälle eroberte. Und die Fans? Die machten sich einen netten Abend – und der Plastik-Hai feierte natürlich mit.
FC St. Pauli, 1. Halbzeit: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Stevens, Wagner, Irvine, Metcalfe, Treu – Eggestein, Guilavogui.
FC St. Pauli, 2. Halbzeit: Vasilj (60. Voll)– Dzwigala, Nemeth, Mets – Banks, Boukhalfa, Irvine (77. Schmitz), Sinani, Treu (60. Ritzka) – Afolayan, Saad.