Achtmal in Folge hatten sie olympisches Gold geholt, jetzt mussten sich die deutschen Dressurreiterinnen mit der Silbermedaille begnügen.

London. Die goldene Serie ist gerissen, doch die deutschen Dressurreiterinnen feierten ihre Silbermedaille wie einen Olympiasieg. Die Trainer lagen sich freudetrunken in den Armen, der Jubel in der gesamten Mannschaft war riesengroß. An der bärenstarken britischen Equipe führte allerdings trotz teilweise hervorragender Leistungen an diesem Tag einfach kein Weg vorbei.

„Ich bin super happy. Es war kaum zu erwarten, was die Mädels hier abgeliefert haben. Mehr war nicht drin, das Ergebnis ist in Ordnung, die Briten sind fantastisch geritten“, sagte Bundestrainer Jonny Hilberath, als seinem Team Edelmetall nicht mehr zu nehmen war. Bronze ging an die Niederlande.

Vor 23.000 begeisterten Zuschauern im Greenwich Park ritten die deutsche Meisterin Langehanenberg (Havixbeck), Kristina Sprehe (Dinklage) und Dorothee Schneider (Framersheim) auch im Grand Prix Special wie entfesselt, das Ende einer deutschen Erfolgsserie konnten sie aber nicht verhindern.

Seit Platz zwei 1972 in München hat die deutsche Equipe bei Olympia mit Ausnahme der Boykott-Spiele 1980 in Moskau immer Gold geliefert. In London lag das Debütanten-Team mit 78,216 Prozentpunkten nach Grand Prix und Special aber hinter den Gastgebern (79,979), die zum ersten Mal in der olympischen Dressur über eine Medaille freuen durften. Bronze ging an die niederländische Equipe (77,124) um die dreimalige Olympiasiegerin Anky van Grunsven.

Vor ihrem Ritt wirkte Langehanenberg angespannt, auch die Prüfung ließ den Glanz und die Lockerheit vergangener Auftritte vermissen. „Kein Vorwurf, sie hat alles riskiert und rausgeholt“, sagte Hilberath. Die kleinen Schwächen bei den Piaffen hatten keine Auswirkung mehr auf den Ausgang, auch die 78,937 Punkte reichten am Ende zur Silbermedaille.

An zweiter Stelle hatte im Nieselregen von London zuvor auch Sprehe mit Desperados gepatzt. Das Duo, seit Wochen in bestechender Form, leistete sich in seiner Prüfung einige Wackler - den auffälligsten, als der Hengst während der Passage einen großen Satz nach vorn machte. Entsprechend geknickt kommentierte die 25-Jährige den mit 76,254 Punkten bewerteten Auftritt. „Über den Fehler habe ich mich sehr geärgert. Desperados war heute etwas nervöser“, meinte Sprehe.

Schon beim Einreiten ins Stadion hatte zuvor Schneider gestrahlt, und nach einem ausbalancierten und erneut überzeugenden Ritt war der Bundestrainer zu Scherzen aufgelegt gewesen. „Felsmassiv, plumps“, beschrieb Jonny Hilberath die von ihm gefallene Last, „auch ich hätte das nicht besser machen können.“

Mit sehr sanften Befehlen aus dem Handgelenk dirigierte die 43-Jährige ihre Stute zielsicher durch das Viereck, auch die Piaffen gelangen noch einen Tick besser als im Grand Prix, in dem das Pferd nicht immer auf der Stelle trabte. „Ich bin super zufrieden, Diva war heute konzentrierter“, sagte Schneider danach. Allerdings habe sie sich etwas mehr als die 77,571 Punkte erhofft.

Als Erste von 32 Teilnehmern hatte pünktlich um 10.00 Uhr Ortszeit Anabel Balkenhol (Rosendahl) die zweite Dressur-Runde eröffnet. Mit ihrem Wallach Dablino zeigte die deutsche Einzelstarterin eine durchwachsene Leistung und erhielt für ihren Auftritt zurecht nur 73,032 Punkte.

Im Gegensatz zum Silber-Trio verpasste Balkenhol die finale Kür am Donnerstag. Dort werden die besten 15 Einzelreiter im Kampf um den Olympiasieg wieder bei null anfangen. Zu den Top-Favoriten gehören Dujardin und Adelinde Cornelissen (Niederlande), auch Langehanenberg sollte Chancen auf Edelmetall haben. (sid/abendblatt.de)