Vielseitigkeitsreiter Michael Jung hat innerhalb von drei Stunden zwei Mal Gold gewonnen. Shootingstar Sandra Auffarth gewinnt Bronze.
London. Goldener 30. Geburtstag für Michael Jung und die ersten Olympiasiege für die deutsche Mannschaft in London: Als sich der Weltmeister am Dienstag um 15.23 Uhr Ortszeit mit seinem zweiten Triumph innerhalb von exakt drei Stunden zum König der "Buschreiter“ gekrönt hatte, erlebte der noble Greenwich Park die größte Geburtstagsparty seiner Geschichte. Nach Gold mit der Mannschaft machte Shootingstar Sandra Auffarth mit Bronze im Einzel die deutsche Sause perfekt.
Doch vor allem Jung schrieb Geschichte: Als erster Reiter holte er nach WM- und EM-Titel auch olympisches Gold. "Das ist unglaublich. Ich freue mich sehr, dass es Gold geworden ist und nicht Silber“, sagte Jung, der nach einem dramatischen Finalduell mit der Schwedin Sara Algotsson Ostholt sein Glück kaum fassen konnte: "Ich fühle aber auch mit Sara mit - das war großes Pech, das kann ich einschätzen, dafür bin ich lage genug Sportler.“
Als vorletzter Reiter war Jung in das mit 23.000 Zuschauern ausverkaufte Stadion im Greenwich Park geritten. Er bewies vor den Augen der Prinzen William und Harry Nerven wie Drahtseile, legte einen Nullfehlerritt vor, musste danach aber buchstäblich bis zur letzten Sekunde zittern. Ostholt, die als Führende ins Finale gegangen war, riss am letzten Hindernis und fiel nur durch diesen Fehler noch auf den Silberrang zurück.
+++Live: Nach Vielseitigkeits-Gold noch drei Chancen auf Medaillen+++
Danach atmete auch Deutschlands Chef de Mission Michael Vesper erleichtert durch: "Das ist ein großartiges Ergebnis. Jetzt ist der Knoten endlich durchschlagen. Ich hoffe, das war jetzt die Initialzündung.“
Die vor dem Finaldurchgang achtplatzierte Ingrid Klimke (Münster) hatte auf den letzten Umlauf verzichtet. Der Plan, ihren Startplatz damit Team-Kollege Dirk Schrade (Sprockhövel) zu überlassen, ging allerdings nicht auf. Das Reglement sieht vor, dass nur die drei besten einer Nation im Finale starten dürfen, Schrade war mannschaftsintern nur Vierter. Daher rückte der Niederländer Andrew Heffernan nach. Als 26. hatte er sich für das Finale der besten 25 eigentlich nicht qualifiziert.
Zuvor hatten Jung und Co. für die ersten Luftsprünge im deutschen Lager gesorgt. "Wir waren auch 2008 in Hongkong Olympiasieger - aber hier im Mutterland der Vielseitigkeit ist das natürlich gigantisch“, sagte Bundestrainer Hans Melzer nach dem Mannschafts-Wettbewerb.
Dort lagen Welt- und Europameister Jung, Vize-Europameisterin Auffarth, Klimke, Schrade und Peter Thomsen (Lindewitt) mit insgesamt 133,70 Punkten in der Endabrechnung vor Gastgeber Großbritannien (138,20) und Neuseeland (144,40).
"Die Strategie hieß, eine Null zu reiten, Ruhe bewahren, vorwärts galoppieren - das hat ja auch ganz gut geklappt“, sagte Jung nach seinem ersten Gala-Ritt - der zweite folgte nur wenig später.
Ausgerechnet das Geburtstagskind, das bei der Dressur noch gepatzt hatte, sorgte mit seiner fehlerfreien Runde für die TeamEntscheidung. Nach Jung konnte Mannschafts-Olympiasiegerin Klimke deshalb ohne Druck reiten. Während ihr Pferd Abraxxas am Montag im engen Greenwich Park Vorteile hatte ("Ich bin echt froh, dass Braxxi so klein ist“), war dies im Springen aber ein Nachteil - sie kassierte neun Fehlerpunkte.
Eine hervorragende Leistung zauberte auch Auffarth in den Parcours. Mit Opgun Louvo ritt sie wie entfesselt und übersprang alle Hindernisse. Schrade, der zum Auftakt in der Dressur im Sattel von King Artus seine beste Punktzahl bei einer Vier-Sterne-Prüfung erreicht hatte, blieb ohne Abwurf. Allerdings hatte er den Geländeritt nicht in der geforderten Zeit beendet und dort wertvolle Punkte eingebüßt. Mit insgesamt 50,60 Punkten konnte er sich als viertbester Deutscher nicht mehr für den finalen Durchgang der Einzelentscheidung qualifizieren.
Als erster deutscher Reiter war Thomsen mit Barny durch den Parcours gefegt. Er ließ die Stangen zweimal purzeln und beendete den olympischen Wettkampf mit 71,70 Strafpunkten.
Nach einem Ruhetag am Mittwoch geht es am Donnerstag mit den Dressur-Wettkämpfen weiter. Ohne Wunderhengst Totilas und dessen erkrankten Reiter Matthias Rath haben die deutschen Reiterinnen allerdings nur Außenseiterchancen.