Wie bei der EM landet die Stabhochspringerin auch in London nur auf Platz vier - Gold für US-Amerikanerin Suhr, Issinbajewa holt nur Bronze.
London. Silke Spiegelburg schlug die Hände vors Gesicht, schluchzte und rief ihrem auf der Tribüne stehenden Trainer Leszek Klima verzweifelt zu: "Vierte - immer! Das kann doch nicht wahr sein!" Als erste deutsche Stabhochspringerin wollte die EM-Vierte eine Olympia-Medaille gewinnen - aber nach einem tollen Start in das Londoner Finale reichten 4,65 Meter nur zu Blech . Nach ihrem letzten Fehlversuch über 4,75 Meter saß sie nach der Landung weinend auf der Matte und konnte ihr Ausscheiden nicht fassen.
Auch Russlands Überfliegerin Jelena Issinbajewa war bedient. Der 30-Jährigen blieb der dritte goldene Olympia-Sprung nacheinander versagt. Die Siegerin von Athen 2004 und Peking 2008 meisterte lediglich 4,70 Meter - das reichte gerade einmal zu Bronze hinter US-Meisterin Jennifer Suhr, die vor der mit 4,75 Metern höhengleichen Kubanerin Yarisley Silva triumphierte. Die 30-jährige Suhr hatte unter ihrem Geburtsnamen Jennifer Stuczynski Silber in Peking geholt.
Nicht nur Spiegelburg verließ frustriert die Arena: Die EM- und WM-Zweite Martina Strutz (Neubrandenburg) belegte mit 4,55 Metern den fünften Platz. Auf den geteilten sechsten Rang kam die dritte deutsche Springerin Lisa Ryzih (Ludwigshafen/4,45).
Spiegelburg hatte so gehofft, dass "was Schönes" bei Olympia herauskommt. Der deutsche Rekord vom 20. Juli beim Diamond-League-Sieg in Monte Carlo hatte der EM-Zweiten von 2010 Selbstvertrauen für ihre dritte Teilnahme an den Sommerspielen gegeben. Denn mit den 4,82 Metern war die EM-Vierte als Nummer 1 der Weltjahresbestenliste in den Medaillenkampf gegangen.
"Silke ist in der Form ihres Lebens, und da sollte normalerweise auch das Beste herauskommen: Das wäre eine Medaille", meinte ihr Trainer Leszek Klima vor dem Finale. Sein Schützling meisterte die 4,55 und 4,65 Meter ohne Mühe, hüllte sich in den langen Pausen immer wieder in eine beigefarbene Decke. Doch bei 4,70 Metern fehlte die Power, dreimal scheiterte sie.
Zum vierten Mal kämpften die mutigen und turnerisch meist hochbegabten Stabartistinnen bei Sommerspielen um Medaillen. Erste Olympiasiegerin war 2000 in Sydney mit Stacy Dragila ebenfalls eine Amerikanerin. Danach triumphierte zweimal das Glamourgirl der Leichtathletik: "Die unvergleichliche Jelena Issinbajewa" - so stellte der Stadionsprecher sie in London vor - und die 28-fache Weltrekordlerin winkte lächelnd ins Publikum.
Doch Issinbajewa hatte zuletzt bei Olympia 2008 einen Freilufttitel gewonnen. Bei der WM 2009 in Berlin scheiterte sie mit einem "Salto nullo". 2010 nahm sie eine Auszeit, nachdem ihr Körper "total leer war - emotional und physisch". Nach ihrer Rückkehr landete sie bei der WM 2011 in Südkorea nur auf einem für sie völlig enttäuschenden Rang sechs.
Und am Montagabend hatte die Mitfavoritin, die ihre einzigartige Karriere nach der Heim-Weltmeisterschaft 2013 in Moskau beenden will, bei ihrer Einstiegshöhe von 4,55 Metern gleich mal einen Fehlversuch. Mit Kusshändchen und ohne Tränen verabschiedete sie sich nach ihrem missglückten Versuch über 4,80 Meter. In London hätte sie als erste Leichtathletin überhaupt zum dritten Mal hintereinander Olympiasiegerin werden können.
Die ehemalige deutsche Rekordhalterin Strutz hatte nach jahrelanger Durststrecke zuletzt zweimal hintereinander gezeigt, dass sie da ist, wenn es darauf ankommt: Bei der EM im Juni in Helsinki holte die 30-Jährige bei strömendem Regen wie schon bei der WM 2011 in Daegu/Südkorea Silber - und hoffte erneut auf einen "Kracher". Hinter einer Sonnenbrille versteckte Strutz ihre Aufregung, konnte aber nicht verbergen, dass sie Schwierigkeiten hatte: 4,55 Meter überwand sie noch, aber bei 4,65 und zwei Versuchen bei 4,70 ging nichts mehr. Enttäuscht vergrub Strutz ihr Gesicht in den Händen. Ihr großer Traum war geplatzt.
Mit Material von dpa