Hamburg. Die Entscheidung, mit Merlin Polzin in die Rückrunde zu gehen, ist nachvollziehbar. Doch die Spieler haben sich einen Maßstab gesetzt.

Merlin Polzin ist ein Analytiker. Als er am Sonntag pünktlich um 11 Uhr zur großen Hinrundenanalyse im Volkspark vorfuhr, hatte er natürlich auch seinen Laptop dabei. Auf diesem Gerät befinden sich sämtliche Gegneranalysen aller Zweitligisten – und seit Neustem auch sein Plan für eine erfolgreiche Rückrunde mit dem HSV, den Polzin Vorstand Stefan Kuntz und Sportdirektor Claus Costa am Tag nach dem 5:0-Erfolg gegen Fürth skizzierte.

Der bisherige Interimstrainer dürfte die Stimmung rund um den HSV mitbekommen haben, sodass seine dauerhafte Beförderung im Prinzip unausweichlich war – ob mit oder ohne Analyse auf seinem Laptop.

Was Polzin beim HSV erreicht hat

Polzin hat es binnen vier Wochen geschafft, einen nach dem Aus von Ex-Coach Steffen Baumgart am Boden liegenden Verein wieder aufzurichten. Er hat einer zuvor völlig verunsicherten Mannschaft mit einfachen Maßnahmen zu neuem Selbstvertrauen und alter Stärke verholfen. Und er hat eine ob der spielerischen Magerkost zunehmend enttäuschte Fanszene wieder hinter sich und die Profis vereint. Ganz nebenbei hat er in den vier Spielen seiner Interimszeit auch noch den intern für den Aufstieg angepeilten Zwei-Punkte-Schnitt erfüllt. Fußballherz, was willst du mehr?

Kuntz‘ Entscheidung, Polzin dauerhaft zu befördern, erscheint daher nur logisch – unter der Voraussetzung, dass jetzt niemand im Volkspark auch nur ein Prozent nachlässt. Die erste Halbzeit von Ulm (1:1), als der HSV kein einziges Mal aufs Tor schoss, bleibt ein Hinweis darauf, dass auch Merlin Polzin kein Zauberer ist. Zudem könnte sich der Kantersieg gegen Fürth als trügerisch erweisen.

In diesem einen Spiel hatten die Spieler sich offensichtlich vorgenommen, für ihren im Team sehr beliebten Trainer alles zu geben. Das Ergebnis: Schon nach 13 Minuten führte Hamburg mit 3:0. Warum aber kann die Mannschaft nicht konstant solche Leistungen abrufen? Sondern möglicherweise nur dann, wenn es auch darum geht, einen womöglich unbequemen neuen Trainer zu verhindern?

HSV braucht neue Führungsstruktur

Die Spieler haben mit ihrer Einstellung gegen Fürth einen neuen Maßstab gesetzt, an dem sie sich ab sofort messen lassen müssen. Der 5:0-Sieg darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mannschaft spätestens im Sommer eine neue Führungsstruktur benötigt.

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Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein, braucht der HSV Gewinnertypen, die nicht nur in Heimspielen vor einer großen Kulisse mit 57.000 Zuschauern oder in den Topspielen gegen Teams wie Köln, sondern eben auch auswärts bei vermeintlich kleinen Gegnern performen. Zuletzt kamen Zweifel auf, ob der aktuelle Kader dazu in der Lage ist. Doch die Spieler haben in der Rückrunde die Chance, alle Kritiker eines Besseren zu belehren. Mit Leistungen vom Kaliber des Fürth-Spiels.