Hamburg. Zwei HSV-Spieler ragen mit ihrem Einfluss auf die Offensive heraus. Mit Dompé will der Club verlängern, aber nur dann ...
Für Miro Muheim wird der Freitag ein besonderer Tag werden. Der Linksverteidiger des HSV steht vor einem Karriere-Highlight, wenn er am Abend zum Warmmachen ins Stadion Letzigrund, der Heimat des FC Zürich, einlaufen wird. Es ist der Club, bei dem Muheim das Fußballspielen lernte, ehe er in die Jugend des FC Chelsea wechselte. 18-mal kam er für die Nachwuchsteams der Schweiz zum Einsatz, nun steht der 26-Jährige erstmals im Aufgebot der A-Auswahl, die in der Nations League auf Serbien trifft.
Trainer Murat Yakin weiß um die Bedeutung für Muheim, sein Länderspieldebüt in der Arena seines Jugendvereins geben zu können. Ein Einsatz ist daher durchaus realistisch. Zumal sich der Linksfuß, der in der Vergangenheit schon häufiger auf Abruf für die Nationalmannschaft bereitstand, in dieser Saison in den Vordergrund gespielt hat.
HSV von Dompé und Muheim abhängig
Beim HSV nimmt Muheim eine Schlüsselrolle im System von Trainer Steffen Baumgart ein. Als linker Part einer defensiven Dreierkette kurbelt Muheim die Offensive an. Mit seinen tiefen Läufen bringt er die Gegner immer wieder aus der Ordnung und sorgt für Torgefahr. Pro Spiel liefert er im Schnitt 2,2 Schussvorlagen – es ist der fünftbeste Wert der Liga. Und das für einen Abwehrspieler.
Seine Flanken sind ligaweit gefürchtet. Zwei führten bereits aus dem Spiel heraus zu Toren. Darüber hinaus bereitete er fünf Treffer nach Eckbällen vor, so viele wie kein anderer Zweitligaspieler.
Gemeinsam mit Flügelstürmer Jean-Luc Dompé bildet Muheim ein kongeniales Duo, von dem der HSV allerdings auch abhängig ist. Die beiden sind hauptverantwortlich dafür, dass mit 47 Prozent fast jeder zweite Angriff über die linke Seite läuft. Anteilig sind das die meisten der Liga. Mit ihren Offensivqualitäten sind beide Profis prädestiniert für Baumgarts auf Flanken ausgelegte Spielidee. Bricht der HSV über den Flügel durch, dann wird es gefährlich. Acht Tore wurden bereits nach Flanken erzielt, es ist der zweitbeste Wert im Fußball-Unterhaus.
Darauf kommt es im HSV-Poker um Dompé an
Wie Muheim hat auch Dompé zwei Treffer per Flanke vorbereitet. Der Franzose legt sich seinen Gegenspieler gern zurecht, indem er an der Außenlinie auf den Ball wartet und dann mit schnellen Schritten und vielen Übersteigern auf die Abwehr dribbelt. Mit durchschnittlich 10,7 Offensivaktionen pro 90 Minuten hat er die mit Abstand meisten aller Zweitligaakteure. Es sind Zahlen, mit denen der 29-Jährige Eigenwerbung im Poker um eine Verlängerung seines auslaufenden Vertrags betreibt.
Dass Dompé in dieser Saison einen erhöhten Einfluss auf das Spiel hat, ist natürlich auch Vorstand Stefan Kuntz und Sportdirektor Claus Costa nicht entgangen. Und trotzdem kursieren im Volkspark auch einige Fragezeichen hinter der Personalie. Seine zweifellos vorhandene Qualität ruft Dompé vor allem in den Heimspielen und gegen Topgegner ab. Auswärts in kleinen Stadien, so wie in Elversberg (2:4) und Braunschweig (1:3), taucht er dagegen zu häufig ab. Diese Beobachtung zieht sich wie ein roter Faden durch seine Zeit beim HSV. Ein Motivationsproblem? Es ist eine Frage, die sich auch der Club stellt.
Dompé-Poker löst Fragen beim HSV aus
Zudem fiel Dompé in der Vergangenheit schon häufiger wegen kleinerer Verletzungen aus. Mithilfe eines Privattrainers versucht er dieses Problem inzwischen in den Griff zu bekommen. Doch es gibt noch eine Beobachtung, die im Volkspark für Zweifel sorgt. In seinen fast zweieinhalb Jahren in Hamburg kam Dompé lediglich 13-mal über 90 Minuten zum Einsatz. Sowohl Ex-Trainer Tim Walter als auch Baumgart wechselten den dribbelfreudigen Profi häufig aus, weil er auch während eines Spiels Leistungsschwankungen unterliegt.
Gleichzeitig hat Dompé eine starke Quote nach Einwechslungen. Um seinen nächsten großen Vertrag im Volkspark zu unterschreiben, muss er allerdings nachweisen, auch über die volle Spieldistanz zu performen. So wie es bei Muheim längst der Fall ist.
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Und trotzdem nimmt auch Dompé in dieser Saison eine Schlüsselrolle ein. Mit fünf Scorerpunkten in seinen bisherigen zehn Einsätzen ist er so effektiv wie noch nie zu diesem Zeitpunkt der Saison. Weil er sportlich bereit für den nächsten Schritt ist? Oder weil er Argumente für seinen Vertragspoker benötigt?
HSV: Wie geht der Poker mit Dompé aus?
Auf diese Fragen müssen Kuntz und Costa eine Antwort finden. In einem ersten Treffen mit Dompé und seinen Beratern wurde sich über den weiteren Ablauf der Verhandlungen geeinigt. Bislang wurde noch nicht über die künftige Vertragslaufzeit sowie das Gehalt gesprochen.
Klar ist: Wenn Dompé auf dem mutmaßlichen Höhepunkt seiner Karriere auf eine satte Gehaltserhöhung setzen und ein nettes Handgeld für seine Unterschrift fordern sollte, dann werden sich die Wege trennen. Andersherum bleibt eine Verlängerung möglich.
Dompé wird diese Spielzeit weiterhin nutzen, um seine Verhandlungsposition zu verbessern. Ein Ziel, das er nur im Zusammenspiel mit seinen Mitspielern erreichen kann. Vor allem mit Miro Muheim.