Hamburg. Der Mittelfeldspieler des HSV hat einen schweren Stand unter Trainer Baumgart. Wird eine Ausstiegsklausel zum Thema?

Im Wohnzimmer von Immanuel Pherai hängt ein großes gemaltes Bild von Eintracht Braunschweig. Es ist das Trikot mit der Nummer 10 aus der Saison 2022/23. Das Trikot von Pherai, in dem der Mittelfeldspieler des HSV für Braunschweig neun Tore erzielt hat. Direkt darunter steht auf einem Schrank die Man-of-the-match-Trophäe aus dem Erstrundenspiel im DFB-Pokal beim SV Meppen, in der Pherai zwei Tore schoss.

Tiefe Einblicke in sein Privatleben in seinem Haus in Othmarschen hat der HSV-Profi in einem Youtube-Video von „Einfach Fussball“ gegeben. Das Braunschweig-Trikot und der Pokal sind zwei Erinnerungen an gute Zeiten in der noch jungen Karriere des 23 Jahre alten Niederländers.

HSV-Profi Pherai hat es bei Baumgart schwer

Aktuell ist diese Karriere ins Stocken geraten. Pherai spielt beim HSV in seiner zweiten Saison nur eine untergeordnete Rolle. Trainer Steffen Baumgart lässt den Spielmacher seit Wochen nur als Joker ran. „Bei Immanuel ist es so, dass er an seinen Sachen weiterarbeiten muss. Dann wird er auch mit hoher Wahrscheinlichkeit seine Chance bekommen. Er muss weitermachen und gucken, was dieser Trainer fordert“, sagte Baumgart vor einer Woche, ließ aber offen, was er damit meint.

Am Freitag kehrt Pherai mit dem HSV nach Braunschweig zurück. Dort schaffte er vor zwei Jahren in seiner ersten Profisaison den Durchbruch. Gleich in seinem ersten Spiel überragte er gegen den HSV mit seiner Dynamik und seiner Torgefahr. Das fiel auch den HSV-Verantwortlichen um Sportvorstand Jonas Boldt auf, der Pherai am Ende der Spielzeit für 750.000 Euro verpflichtete, obwohl der Offensivspieler auch in die Bundesliga hätte wechseln können.

Pherai beim HSV: „Es wurmt ihn maßlos“

An das Spiel gegen den HSV erinnert sich vor allem noch der ehemalige Braunschweig-Trainer Michael Schiele. „Wir haben ein super Spiel gemacht, und Manu war der herausragende Spieler“, sagt Schiele rund zweieinhalb Jahre später. Der 46-Jährige, der aktuell eine neue Herausforderung sucht, spricht im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“ über seinen ehemaligen Spieler, der maßgeblich dafür verantwortlich war, dass Braunschweig in jener Saison als Aufsteiger den Klassenerhalt schaffen konnte.

„Seine Dribblings waren spektakulär. Das konnte jeder sehen. Wir hatten damals immer die Sorge, dass er uns im Winter noch verlässt“, erinnert sich Schiele, der sich wundert, warum Pherai in Hamburg so große Probleme hat.

Bis heute hält Schiele zu Pherai Kontakt und schrieb ihm auch kürzlich eine Nachricht. Schiele weiß daher, dass Pherai mit seiner aktuellen Rolle beim HSV unzufrieden ist. „Es wurmt ihn maßlos, dass er selten auf dem Platz steht“, sagt sein Ex-Trainer, dem aber auch bewusst ist, dass Pherai in Hamburg eine größere Konkurrenzsituation hat.

Pherai eckt durch Instagram an

Möglicherweise eröffnet sich nun aber durch die schwere Muskelverletzung seines Kumpels Ludovit Reis, der bis zur Winterpause ausfallen wird, eine neue Perspektive. Dass die beiden Niederländer eng befreundet sind, erfahren die Zuschauer des „Einfach Fussball“-Videos. Reis besucht Pherai fast täglich in seinem Zuhause. „Ohne ihn würde ich mich in Hamburg nicht so wohlfühlen“, sagt Pherai. Reis ergänzt: „Ich kenne Manu schon, seit ich klein bin. Wir haben früher immer gegeneinander gespielt.“

Im offensiven Mittelfeld bevorzugt HSV-Trainer Steffen Baumgart aktuell andere Spieler als Immanuel Pherai.
Im offensiven Mittelfeld bevorzugt HSV-Trainer Steffen Baumgart aktuell andere Spieler als Immanuel Pherai. © WITTERS | ValeriaWitters

Pherai präsentiert sich in dem Video als offener, schillernder Paradiesvogel. Ein Typ mit Starpotenzial, der aber auch weiß, wie man sich selbst vermarktet. In Braunschweig musste Pherai von seinen Mitspielern in dieser Hinsicht erzogen werden. Als er einmal eine Stunde vor einem Spiel ein Foto von seinem Trikot aus der Kabine bei Instagram postete, nahm ihn auch Schiele zur Seite. „Es gab schon Momente, über die man sprechen musste“, sagt der Trainer. Auch seine Kollegen wiesen ihn darauf hin, ohne ihn einschränken zu wollen. „Die Mannschaft wusste, dass sie Manu benötigt, um Spiele zu gewinnen.“

HSV: Warum es Pherai unter Baumgart schwer hat

Beim HSV ist das anders. Hier ist Pherai nur einer von vielen. Zudem scheint Baumgart nicht der Trainer zu sein, der dem Spieler die Freiheiten und die Streicheleinheiten gewährt, die Pherai benötigt. Dass außen vor geglaubte Profis bei Baumgart aber immer wieder eine Chance bekommen, zeigte zuletzt das Beispiel Noah Katterbach, der sich innerhalb kürzester Zeit vom Dauerreservisten zum Stammspieler entwickelte.

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Dass Pherai das Potenzial zum Leistungsträger hat, darüber sind sich alle einig. Früher oder später wird der surinamische Nationalspieler bei einem Erstligisten unter Vertrag stehen. Das glaubt auch Ex-Coach Schiele. „Spätestens in zwei Jahren wird er in der Bundesliga spielen.“ Wenn nicht mit dem HSV, dann mit einem anderen Club.

Per Ausstiegsklausel kann Pherai die Hamburger nach dieser Saison verlassen. Die gleiche Option hatte er auch schon vor dieser Spielzeit, doch ein Wechsel kam für ihn im Sommer nicht infrage. Weil er sich durchsetzen will beim HSV. „Ich muss deutlich mehr zeigen als letzte Saison. Ich kann deutlich mehr in die Mannschaft reinbringen“, hatte er im Trainingslager gesagt. Es wird Zeit, auf diese Worte auch Taten folgen zu lassen.

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