Hamburg. Punkte, Personal, Philosophie: Die Hamburger machen den Fans nach dem ersten Saisondrittel Sorgen. Nun folgte ein weiterer Rückschlag.

Die neue Woche begann für den HSV am Montag mit neuen Sorgen. Ludovit Reis hatte einen Termin im Athleticum des UKE. Kernspinuntersuchung im Oberschenkel. Der Niederländer hatte sich am Sonntag in der ersten Halbzeit verletzt und musste ausgewechselt werden. Einen Tag später folgte die Diagnose. Reis hat sich eine schwere Muskelverletzung zugezogen und fällt wochenlang aus, voraussichtlich bis zum Ende der Hinrunde.

Nach Robert Glatzel, der noch bis ins Frühjahr fehlt, ist Reis bereits der zweite Schlüsselspieler, der den Hamburgern bis Weihnachten nicht zur Verfügung steht.

HSV-Jahr 2024 für Reis gelaufen

Besonders bitter ist die Nachricht für Reis, der den HSV im Sommer gerne verlassen hätte und dann mit einem Formtief in die Saison startete. Zuletzt war der 24-Jährige wieder etwas besser in Schwung gekommen, ohne dabei aber an die Leistungen zu kommen, die er vor zwei Jahren schon einmal gezeigt hatte. Nun ist ein missglücktes Jahr 2024 für Reis vorzeitig gelaufen.

Steffen Baumgart haderte bereits nach dem 1:1 gegen Nürnberg mit der Personallage. „Den siebten Ausfall merkt man dann schon irgendwann“, sagte der HSV-Trainer, der nach Erklärungen suchte für den zweiten enttäuschenden Ligaauftritt in Folge nach dem 2:4 eine Woche zuvor in Elversberg.

Dabei dürfte der Ausfall von Reis eigentlich keine Erklärung sein, schließlich spielte der Mittelfeldmann vor wenigen Wochen nur die Rolle des Reservisten und war auch bei seinen Einsätzen von Beginn an kein konstanter Leistungsträger. Was also ist los mit dem HSV, der zwar nur einen Punkt hinter Aufstiegsplatz zwei liegt, in dieser Saison aber zu oft unter seinen Möglichkeiten bleibt?

Fans machen sich schon Sorgen

Die Zwischenbilanz nach dem ersten Drittel der Saison fällt in jedem Fall durchwachsen aus. Die Hamburger haben zwar die meisten Tore der Liga geschossen (25), die beste Tordifferenz (+11) und nur drei Zähler Rückstand auf Tabellenführer Hannover 96, doch viele Fans machen sich Sorgen. Anlass waren insbesondere die zwei Halbzeiten in Elversberg und gegen Nürnberg, jeweils nach dem Seitenwechsel. Zweimal reichte den Hamburgern eine Führung nicht. Statt sechs Punkten war es nur einer. Und der war auch noch glücklich, wenn man die Großchancen der Nürnberger als Maßstab nimmt, die Daniel Heuer Fernandes reihenweise parierte. Auch Baumgart musste ehrlich anerkennen: „Mit dem Punkt müssen wir zufrieden sein.“

Dass sich der HSV trotz der Ausfälle von vier Defensivspielern (Sebastian Schonlau, Dennis Hadzikadunic, Silvan Hefti, Jonas Meffert) von den Nürnbergern im eigenen Stadion nach der Pause dominieren ließ, könnte man angesichts der aktuellen Formstärke des FCN noch auf die Personalsituation des HSV schieben.

Allerdings war es auch nicht das erste Mal, dass die Hamburger im zweiten Durchgang enttäuschten. Am ersten Spieltag ging es in Köln noch gut, am zweiten gegen Berlin (1:1) nicht mehr. Am dritten (0:1 in Hannover) ging nach dem Wechsel gar nichts mehr. Lediglich beim 2:2 in Kaiserslautern und beim 3:0 in Düsseldorf spielte der HSV eine bessere zweite Halbzeit als die erste.

Warum verliert der HSV so oft die Spielkontrolle?

Warum die Hamburger trotz ihrer individuellen Qualität in der Offensive, die auch am Sonntag zweifelsohne vorhanden war, zum wiederholten Mal die Spielkontrolle verloren? Darüber rätselten auch die Spieler. „Wir müssen das analysieren“, sagte Torschütze Daniel Elfadli, der zumindest für das Nürnberg-Spiel eine erste Erklärung fand. „Wir haben gemerkt, dass wir wenig Druck machen können auf die Gegenspieler und sind dann immer sehr, sehr tief gefallen. Da hat Nürnberg sehr viel Druck aufgebaut“, sagte Elfadli.

Die tiefe Positionierung ist in diesem Jahr neu beim HSV. In all seinen sechs Zweitligajahren spielten die Hamburger noch nie mit so einem defensiven Ansatz. Bislang gab die Zahl der Kontertore und bis vor zwei Wochen auch die Punkteausbeute dem Trainer recht.

Baumgart hatte schon zu Beginn der Saison darauf verwiesen, dass Mannschaften wie Heidenheim, St. Pauli oder Düsseldorf (fast) zuletzt vor allem mit einer kompakten Defensive aufgestiegen sind. Also mit dem, das es in zweieinhalb Jahren unter Trainer Tim Walter nicht gab.

HSV bei Zahl der Torschüsse nur auf Platz 12

Nun aber wünschen sich manche Fans wieder ein wenig mehr Walter beim HSV. Zumindest was das Erspielen von Torchancen angeht. Bei der Anzahl der Torschüsse (142) liegen die Hamburger in dieser Saison nur auf Platz zwölf. Zumindest die Effizienz im Abschluss stimmt. Auf Platz eins steht der HSV zudem bei der Gefahr nach Ecken sowie bei der Passquote (87,5 Prozent).

Entscheidend aber ist nur, auf welchem Platz der HSV in der Abschlusstabelle steht. Mit 19 Punkten aus elf Spielen liegt Baumgarts Team aktuell unter dem anvisierten Zweipunkteschnitt. Schlechter war der HSV in sechs Jahren Zweite Liga nur in Walters erster Saison 2021/22 (18 Punkte). Am Ende waren die Hamburger in der Relegation gegen Hertha so nah dran am Aufstieg wie in all den anderen Jahren nicht.

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Zum Vergleich: 2019 startete der HSV unter Dieter Hecking mit 24 Punkten aus elf Spielen, hatte am Ende der Saison mit 54 Punkten die schlechteste Bilanz in der Hamburger Zweitligahistorie. Zahlen, die aus Sorgen zumindest auch etwas Hoffnung machen.