Elversberg. Der Sportvorstand des HSV reagiert auf die Niederlage in Elversberg mit scharfer Kritik an der Mannschaft. Kuntz fordert eine Reaktion.
Stefan Kuntz wollte sich nicht lange aufhalten mit der Frage nach dem besonderen Spiel. Nur zehn Minuten von seiner Heimatstadt Neunkirchen entfernt saß der Sportvorstand des HSV am Sonnabend in der Ursapharm-Arena an der Kaiserlinde in Elversberg, in dem auch seine Familie das Spiel auf der Tribüne verfolgte. Nach der 2:4 (1:1)-Niederlage gegen die SV Elversberg beschäftigte Kuntz nur ein Thema: Die fehlenden Grundtugenden seiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit.
„Was mich am meisten geärgert hat heute: Bei Elversberg stand eine Mannschaft auf dem Platz und bei uns nicht“, sagte der 61-Jährige bei Sky. Erschrocken zeigte er sich vor allem vom Zustand seiner Mannschaft nach der Pause. Warum der HSV trotz der frühen Führung durch Davie Selke (6.) und einer kontrollierten ersten halben Stunde das Spiel komplett aus der Hand gab? „Wenn du von den Grundtugenden weggehst, was Elversberg uns über 90 Minuten komplett vorgemacht hat“, sagte Kuntz und erinnerte damit an Worte von Jonas Boldt in dessen erster Saison als Sportvorstand, als der HSV im Herbst 2019 mit 1:2 beim Aufsteiger VfL Osnabrück verlor und die Grundtugenden des Fußballs vermissen ließ.
HSV-Boss Kuntz: Worte erinnern an Boldt und Walter
Sie erinnerten aber auch an die Worte von Tim Walter aus dem Herbst 2023 nach einer neuerlichen 1:2-Niederlage beim Aufsteiger Osnabrück, als der damalige HSV-Coach ebenfalls die Mentalität seiner Mannschaft infrage gestellt hatte.
Wie die beiden Spielzeiten am Ende ausgingen – jeweils mit Platz vier – ist bekannt. Insofern schlug Kuntz am Sonnabend nach dem Spiel bereits Aufstiegsalarm. Dass der HSV mal wieder an einem Standort verlor, an dem eine vermeintliche Außenseitermannschaft in einem kleinen und engen Stadion den vermeintlich großen HSV erfolgreich niederkämpfte, war für den im Sommer verpflichteten Manager Kuntz nun eine neue Erfahrung. Die wiederkehrende Problematik des HSV ist Kuntz aber natürlich bekannt. Genauso wie der Mannschaft.
Kuntz mit schonungsloser Kritik
„Wir wussten genau, dass man hier punkten muss, wenn man aufsteigen will. Das haben wir nicht hingekriegt“, sagte Kuntz und startete sogleich die Analyse. „Warum waren die besten Spieler die, die noch nicht so lange beim HSV spielen? Wo waren die Spieler, die länger hier sind? Warum kriege ich es nicht endlich mal hin, wenn es genauso läuft, wie es keiner haben will, endlich mal meinen Charakter zu drehen und etwas anders zu machen? Das wäre ein Zeichen von Entwicklung. Das haben wir nicht gezeigt“, sagte Kuntz und ging ebenso hart mit der Mannschaft ins Gericht wie zuvor Trainer Steffen Baumgart, der seine Spieler in der Kabine versammelte und an den Charakter des Teams appellierte. „Steffen hat eine gute Ansprache gehalten in der Kabine. Jetzt geht es darum, im nächsten Heimspiel zu zeigen, dass wir daraus lernen.“
Kuntz weiß, dass von ihm in dieser Saison nach den Investitionen im Sommer der Aufstieg erwartet wird. Deswegen will er seiner Mannschaft auch keine Entwicklungszeit einräumen. Im Gegenteil. Viele Spieler, die im dritten oder vierten Jahr dabei sind, müssten jetzt endlich ein anderes Gesicht zeigen, fordert Kuntz.
HSV-Vorstand appelliert an Charakter der Spieler
„Es geht einfach darum, was in deinem Kopf vorgeht, wenn ein Widerstand kommt, wenn ein 1:1 kommt oder ein 1:2? Warum ist dann keine mannschaftliche Geschlossenheit da? Warum ist der Führungsspieler nicht da? Warum wird keiner laut auf dem Platz? Warum ist das, wofür sie bei anderen Dingen einen Anspruch erheben, hier auf dem Platz weg?“, fragte Kuntz und dürfte damit Forderungen von Spielern wie Jean-Luc Dompé meinen, wenn es etwa um Vertragsverhandlungen gehe.
Kuntz aber will zunächst konstante Leistungen sehen, ehe er diese belohnt. Ihm gehe es um die „Basics“ des Fußballs. „Wenn ich die nicht beherrsche, brauche ich mich über etwas anderes nicht unterhalten.“
- Halloween beim HSV: Schrecklicher Auftritt von vielen Profis
- „Geht mir auf die Eier“: Baumgart poltert über Kampka
- „Persönliche Enttäuschung“: Lange Kabinenansprache beim HSV
Klare Worte, denen seine Spieler nun Taten folgen lassen müssen. „Wir sollten nicht alles in Grund und Boden reden“, sagte Kuntz, wollte seine Worte aber als Warnung verstanden wissen. „Wenn das heute ein Schuss vor den Bug ist und wir uns daraus entwickeln, dann war es für irgendetwas wert.“