Hamburg. Torjäger hatte sich beim Testspiel gegen Aarhus verletzt, nach einer weiteren Untersuchung folgte am Sonnabend die ernüchternde Diagnose.

Als sich Robert Glatzel mit schmerzverzerrtem Gesicht an den rechten Oberschenkel griff, ließ das nichts Gutes erahnen. Der Torjäger des HSV brach am Donnerstag einen Sprint im Testspiel gegen den dänischen Erstligisten Aarhus GF (1:1) ab, weil er ein Stechen im Adduktorenbereich spürte. Minutenlang ließ er sich von Mannschaftsarzt Götz Welsch sowie den beiden Physiotherapeuten Andreas Thum und Tim Roussis hinter dem Tor behandeln.

Am Freitag wurde Glatzel in die MRT-Röhre geschickt, doch auch diese Untersuchung brachte keinen Aufschluss über die Schwere der Verletzung. Weil die MRT-Bilder kein eindeutiges Ergebnis hervorbrachten, folgte am Sonnabend eine weitere Untersuchung durch Spezialisten – und danach schließlich die traurige Gewissheit: Hamburgs Stürmer Nummer eins wird tatsächlich wohl bis ins neue Jahr hinein ausfallen.

„Unser Torjäger Robert Glatzel hat sich im Testspiel gegen Aarhus einen Sehnenabriss im Hüftbereich zugezogen, muss operiert werden und wird anschließend einige Monate nicht zur Verfügung stehen“, lautete die erste schnelle Mitteilung zu der bitteren Diagnose, die der HSV am Sonnabendabend über seine Social-Media-Kanäle verbreitete. Ziel sei es, Hamburgs mit sieben Liga-Saisontoren erfolgreichstem Stürmer „eine Rückkehr in der Rückrunde zu ermöglichen“.

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HSV-Torjäger Glatzel: 45 Saisontore jetzt unmöglich

Glatzels Ausfall bedeutet einen herben Rückschlag – sowohl für ihn persönlich als auch für den HSV. Wegen einer hartnäckigen Sehnenreizung in der Wade hatte der Stürmer bereits weite Teile der Vorbereitung sowie die ersten beiden Spieltage beim 1. FC Köln (2:1) und gegen Hertha BSC (1:1) verpasst. Trotzdem führt der 30-Jährige schon wieder die Torjägerliste der Zweiten Liga an, weil er in seinen bisherigen sechs Saisonspielen sieben Treffer erzielt hat.

In der vergangenen Saison war Glatzel 22-mal erfolgreich. Eine Bilanz, mit der er sich erstmals in seiner Karriere die Torjägerkanone sicherte – gemeinsam mit Hertha Haris Tabakovic (spielt inzwischen bei Hoffenheim) und Düsseldorfs Christos Tzolis (FC Brügge).

Auch in dieser Spielzeit war Glatzel zuletzt auf dem besten Weg, seinen Titel zu verteidigen. Seit er seine Wadenverletzung auskuriert hatte, traf er im Schnitt alle 61 Minuten. Hochgerechnet auf die restlichen 26 Saisonspiele hätte diese Quote in der Theorie 38 weiteren Saisontoren entsprochen, exklusive Nachspielzeit. Da er bereits siebenmal erfolgreich war, hätte der Topstürmer bei anhaltender Treffsicherheit theoretisch sogar auf eine Ausbeute von 45 Treffern kommen können. Wäre, wäre, Fahrradkette, um es mit Lothar Matthäus zu sagen.

Glatzels unglaubliche HSV-Zahlen

Doch allein die Tendenz bis zum erneuten verletzungsbedingten Ausfall untermauert Glatzels Bedeutung für den HSV, für den er 88 Scorerpunkte in 106 Zweitligaspielen gesammelt hat.

Als der Angreifer in der vergangenen Saison wegen Oberschenkelproblemen zwei Wochen lang ausgefallen war, litt das Offensivspiel der Hamburger spürbar darunter. Sein Vertreter Andras Nemeth, der nun an Preußen Münster verliehen ist, konnte die Nummer eins im Sturm nicht adäquat ersetzen. Das zeigte vor allem das Auswärtsspiel in Fürth (1:1), aber auch der Heimsieg gegen Kaiserslautern (2:1) und der anschließende Punkteverlust in Magdeburg (2:2), als Glatzel nur eingewechselt wurde.

HSV-Stürmer Selke mit Tor-Ansage

Durch den Ausfall des Torjägers wird nun nicht mehr Nemeth in den Fokus rücken, sondern Davie Selke. Der Neuzugang wurde extra für diese Rolle verpflichtet, um im Falle eines Glatzel-Ausfalls reagieren zu können. In den zurückliegenden Wochen harmonierten die beiden ähnlichen Stürmertypen allerdings auch gemeinsam auf dem Platz. Selke traf dreimal in den vergangenen vier Partien – und das zweimal als Einwechselspieler. Wenn Glatzel beim kommenden Heimspiel gegen Magdeburg (20. Oktober) nicht einsatzfähig sein sollte, würde Selke als Zielspieler agieren.

„Ich bin mir sicher, dass ich in dieser Saison zweistellig treffen werde. Das muss schon der Anspruch sein“, verriet Selke im clubeigenen Podcast „Pur der HSV“, nachdem er von Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch nach seiner Zielsetzung gefragt worden war. „Eigentlich mache ich das nicht, aber wenn Horst Hrubesch das fragt, dann muss man antworten“, sagte Selke pflichtbewusst. Unter Trainer Hrubesch holte er 2016 mit Deutschland die Silbermedaille bei Olympia. „Ich nehme mir immer eine Anzahl an Toren vor, spreche sie aber in der Regel nicht öffentlich aus.“ Bis zu diesem Moment.

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Wie Glatzel-Ersatz Selke zum HSV kam

In der eineinhalbstündigen Aufnahme verdeutlicht Selke, welche Bedeutung Trainer Steffen Baumgart und Sportvorstand Stefan Kuntz für seine Wechselentscheidung im Sommer hatten. „Wenn mich vor ein paar Jahren jemand gefragt hätte, ob ich einmal beim HSV spielen werde, dann weiß ich nicht, ob ich das bejaht hätte. Dadurch, dass Steffen Baumgart hier Trainer wurde und der Sportvorstand Stefan Kuntz heißt, war die Wahrscheinlichkeit deutlich höher.“

Davie Selke hat sich mindestens sieben weitere Saisontore für den HSV vorgenommen.
Davie Selke hat sich mindestens sieben weitere Saisontore für den HSV vorgenommen. © Imago | Marcel von Fehrn

Bis zu seiner Entscheidung für den HSV hatte sich Selke auch mit „exotischen Angeboten“ beschäftigt, wie er es formuliert. „Ich wollte schon immer im Ausland spielen, aber es hat sich für mich beim HSV am besten angefühlt. Hier treffe ich auf einen Trainer, der mir schon in Köln viel Vertrauen geschenkt hat und mit dem ich sehr gern zusammenarbeite. Außerdem hatte ich sehr gute Gespräche mit Stefan Kuntz, mit dem ich zusammen U-21-Europameister wurde.“

Mit Baumgart verbinde ihn „eine hohe Transparenz“ sowie Ehrlichkeit. „Ich weiß, dass ich unter diesen Voraussetzungen funktioniere“, sagt Selke, dessen Torgefahr nun noch wichtiger werden könnte.