Hamburg. Der Hamburger Chefcoach braucht nach den jüngsten Punktverlusten Ergebnisse. Was Baumgart jetzt anders macht als noch in Köln.
Wer die Suchbegriffe Steffen Baumgart und Druck bei Google eingibt, stößt auf viele Artikel aus den vergangenen Jahren. Vor allem aus dem Spätherbst 2023, als der Trainer mit dem 1. FC Köln gegen den Abstieg kämpfte. Oder auch aus dem Frühjahr 2024, als es mit dem HSV um den Aufstieg ging. Der 52-Jährige weiß, was Druck bedeutet. Er ist seit 30 Jahren im Profifußballgeschäft tätig, 16 davon als Trainer. Das Topspiel am Sonntag bei Tabellenführer Fortuna Düsseldorf (13.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) steht für den HSV-Coach mal wieder unter einer Überschrift: Verlieren verboten.
Schon fünf Punkte liegt der HSV als selbst ernannter Aufstiegsanwärter hinter den Düsseldorfern. Bei einer Niederlage wären es acht. Baumgart weiß, dass sich die Diskussionen rund um den HSV dann vor allem auf seine Person konzentrieren würden. Damit kann er umgehen. „Wenn ich mir jede Woche Gedanken mache, dass ich mir nach einer Niederlage einen Helm aufsetzen muss, wird es schwer für mich. Ich muss Spaß haben an dem Job. Und den Spaß kann ich nicht von der Tabellensituation abhängig machen“, sagte Baumgart am Freitag auf der Pressekonferenz.
Wie Baumgart in Drucksituationen arbeitet
Der HSV-Trainer tauscht sich in diesen Phasen zumeist mit seinem persönlichen Umfeld inhaltlich aus. Was kann er verändern? Welche Impulse braucht seine Mannschaft? Mit Stefan Kuntz hat er zudem einen Manager an seiner Seite, mit dem er sich täglich austauscht. Der Sportvorstand verfolgte am Freitag im Hintergrund auch die Pressekonferenz von Baumgart.
In den ersten Wochen der neuen Saison ging es für den Trainer vor allem darum, die Spieler physisch in einen optimalen Zustand zu bringen, damit er seinen Wunschfußball spielen kann. Weil viele Neuzugänge wie Marco Richter, Davie Selke oder Lucas Perrin aber ohne Spielrhythmus nach Hamburg kamen und andere Leistungsträger wie Jean-Luc Dompé oder Bakery Jatta mit körperlichen Problemen zu tun hatten, setzte Baumgart bislang auf einen pragmatischeren Fußball.
Baumgart will wieder auf Tempofußball setzen
Nach Abendblatt-Informationen will er das aber zeitnah wieder ändern und wieder mehr auf den offensiven Powerfußball setzen, den man von ihm aus seiner Zeit in Paderborn kennt. Dafür braucht er aber Spieler wie Jatta und Dompé in körperlicher Bestform. Dompé nähert sich dieser durch seine tägliche Trainingsbeteiligung und ist in Düsseldorf wieder ein Startelfkandidat. Jatta steht aufgrund des Ausfalls von Fabio Baldé (Erkältung) wohl erstmals nach seinem Bänderriss im Sprunggelenk wieder im Kader.
Dass Baumgart seit seiner Amtsübernahme beim HSV im Februar einen defensiveren Ansatz wählte, hat auch mit seiner Erfahrung aus Köln zu tun, wo er mit diesem Stil gleich Erfolg hatte. In Hamburg war das anders. Sein Start missglückte. Vor allem sein drittes Spiel bei Fortuna Düsseldorf war eine Ernüchterung. 0:2 verlor der HSV im März nach einer enttäuschenden Leistung. Es kam zur Aussprache mit den Ultras. Baumgart merkte, dass er viel Zeit aufwenden muss, um das Team auf seinen Kurs zu bringen. Anders als in Köln reduzierte er die Medienarbeit auf ein Minimum, blockte zudem fast alle Hamburger Reporter auf seinem Handy, um seine Energie komplett in die Arbeit mit der Mannschaft zu stecken.
Baumgart erkennt Entwicklung in seiner Mannschaft
Baumgart hat ein halbes Jahr später eine Entwicklung erkannt. „Wir sind von der Intensität her viel weiter als zu diesem Zeitpunkt. Wir haben viele Dinge verbessert“, sagte Baumgart, fügte aber auch hinzu: „Am Ende musst du Punkte holen.“
Tabellenführer Düsseldorf hat es dem HSV vorgemacht, wie man mit einer defensiveren Grundordnung maximal effizient sein kann. Für Baumgart ist die Fortuna um Trainer Daniel Thioune, den er noch aus Drittligazeiten kennt, ein „kleines Vorbild“. Mit Thioune habe er im Sommer telefoniert, nachdem Düsseldorf in der Relegation gegen Bochum ein Trauma erlebte (Niederlage nach 3:0-Sieg im Hinspiel).
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Nun sei Düsseldorf verdient Tabellenführer. „Für uns ist das ein ganz klares Zeichen, was passieren kann, wenn du kontinuierlich weiterarbeitest“, sagte Baumgart. Und darauf hofft er auch, sollte es am Sonntag in Düsseldorf schiefgehen.